Siegen/Kreuztal. Erst als 22-Jährige sich bewusstlos stellte, ließ der Täter von ihr ab, sagt sie im Landgericht Siegen. „Wie Sack Müll Böschung runtergeworfen“.

Der Mann habe sie auf den Boden geworfen, geschlagen und gegen den Kopf getreten, berichtet die Zeugin (22) am Donnerstagmorgen, 27. Februar, vor der 1. Großen Strafkammer des Siegener Landgerichts. Dann habe er sie mehrfach zum oralen Geschlechtsverkehr gezwungen, berichtet sie stockend.

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Laut Anklage und ihrer Schilderung wurde die junge Frau am Abend des 25. Oktober 2019 auf einem Fahrradweg in Kreuztal von dem Mann überfallen und übel zugerichtet. Er habe erst von ihr abgelassen, als sie sich bewusstlos stellte, ihren Körper „einfach absacken“ ließ. Nun sitzt er wegen des sexuellen Angriffs in Untersuchungshaft und muss sich vor Gericht verantworten.

Angeklagter: Kannte Opfer aus Kreuztaler Tanzclub Palm Beach

Der Mann ist Rumäne, war von der Geschädigten auch als solcher beschrieben worden und soll sie in dieser Sprache aufgefordert haben, ihn oral zu befriedigen. Die Zeugin hat sich die entsprechenden Worte im Krankenhaus von einer rumänischen Ärztin bestätigen lassen.

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Sein Mandant werde zunächst nicht aussagen, so Verteidiger Jörn Menzel. Im Ermittlungsverfahren hat er allerdings behauptet, das mutmaßliche Opfer aus dem Tanzclub „Palm Beach“ zu kennen. Sie habe ihm SMS geschrieben, zitiert Richterin Elfriede Dreisbach aus den Akten. „Nein“, sagt die Zeugin entschieden. Sie sei dort mehrere Jahre nicht mehr gewesen.

Auf dem Weg zum Bus von Kreuztal nach Siegen angesprochen

Sie hatte eine Freundin in Kreuztal besucht, wollte danach mit dem Bus nach Siegen zurückfahren. Den Radweg kannte sie von früher, sei bewusst aufgebrochen, „als es noch hell war. Da sind keine Lampen und im Dunkeln gehe ich da nicht her“, sagt sie. An der „blauen Brücke“ habe der Angeklagte auf sie gewartet, sie gebrochen mit „Entschuldigung“ angesprochen: „Er hat noch so lieb geguckt.“ Im nächsten Moment habe er sich entblößt, was sie gut beschreiben und den Mann damit später identifizieren konnte.

Dann packte er sie an den Haaren, das minutenlange Martyrium begann. Das Handy, mit dem sie kurz zuvor noch ihre Mutter angerufen hatte, „hat er mir direkt aus der Hand genommen und eingesteckt“. Nach dem ersten Hilferuf habe der Mann ihr den Mund zugehalten: „Ich hatte Angst, wusste ja nicht, was er noch in der Tasche hat“, erklärt die Zeugin, warum sie nicht weiter geschrien habe. Ein Messer oder eine andere Waffe sei ihr aber letztlich nicht aufgefallen. „Er hat immer wieder gegen den Kopf getreten, vor allem meine Schläfe“, berichtet die junge Frau und ist sich im Nachhinein sicher, „dass er mich bewusstlos haben wollte“.

Polizei findet mutmaßlichen Täter in einer Kreuztaler Wohnung

Als sie das dann vortäuschte, habe er auch von ihr abgelassen. „Er hat mich wie einen Sack Müll die Böschung runtergeworfen“, danach sei er weggelaufen. Ein Radfahrer fand die Überfallene, brachte sie in ein nahes Sportlerheim und rief die Polizei. S. erlitt Schürfwunden und Hämatome, sucht bis heute die Hilfe einer Psychologin. Nach einer Woche seien die Träume gekommen, sie habe die Geschehnisse immer wieder gesehen, Angst vor dem Einschlafen bekommen. „Schlaflose Nächte, bis heute“, sagt sie.

Laut eines Polizeibeamten sei der Angeklagte auf der Wache sehr mitteilsam gewesen. Nach Phantombildfahndung und diversen Hinweisen wurde B. am 31. Oktober in der Wohnung seiner Cousine in Kreuztal angetroffen, wo er ohne Anmeldung lebte, kam freiwillig und problemlos mit zur Wache. Er hätte die junge Frau einige Tage zuvor im „Palm Beach“ getroffen, mit ihr geschrieben und vor dem 25. Oktober bereits zweimal sexuellen Kontakt mit ihr an gleicher Stelle gehabt. Kondome lägen noch dort. Zudem sei der Ort durch Kameras am nahen Sportplatz ständig überwacht.

Kameras am Kreuztaler Sportplatz decken den Tatort nicht ab

An jenem Tag sei es aber zum Streit gekommen, er habe sie geschlagen, dafür habe sie sich wohl rächen wollen. Das blaue Auge sei schon vorher dagewesen. Der Mann habe auch einen Zeugen für das Kennenlernen im Club benannt, der aber nicht aufzufinden war.

Bei der Verhaftung hatte der Angeklagten kein funktionstüchtiges Handy, dafür ein Tablet, das er kurz davor gegen ein Handy eingetauscht hatte. Das könnte durchaus identisch mit dem Gerät sein, das er dem Opfer gestohlen haben soll. Eine Suche nach Kondomen sei erfolglos geblieben, betont der Polizist, die Kameras des Sportplatzes deckten den Radweg nicht ab.

Merkwürdig fanden die Beamten auch, dass der Angeklagte den Namen der Zeugin nicht kannte, wo es doch angeblich eine Beziehung gab.

Die letzten Zeugen sollen am 9. März gehört werden. Vielleicht kann dann auch schon plädiert werden.

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