Siegen. Für das Siegener Bruchwerk Theater an der Siegbergstraße entwickelt Mitgründer David Penndorf Plakate mit einer ganz eigenen Bildsprache.
Ein Blick reicht. Die Sache ist klar, noch bevor der Text bewusst ins Auge fällt: Das Plakat weist auf eine Produktion im Bruchwerk Theater an der Siegbergstraße hin. Mitbegründer David Penndorf, der die Plakate macht, hat dafür eine so prägnante Bildsprache entwickelt, dass die Poster Teil der Markenidentität sind. Eine sehr eigene Bildästethik: grell, doch düster, intensiv, traumartig – mit einem Touch von Alice im Wunderland auf Speed.
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Die Anfänge
2008 gründete David Penndorf die Gruppe Tollmut Theater, damals noch in Passau. Er kümmerte sich von Beginn an um die Plakate, „aber damals war es nicht viel mehr, als dass eben Plakate entstehen mussten“. Nach drei Jahren wechselte er nach Siegen, nahm das Tollmut-Projekt mit, das mit der Eröffnung des Bruchwerk Theaters in ebendieses eingegliedert wurde. Über all die Zeit kümmerte er sich um die Poster; anfangs waren sie noch recht herkömmlich, relativ typisch für die Projekte junger, nicht kommerzieller Theatergruppen. Doch zunehmend kristallisierte sich der spezifische Penndorf-Stil heraus. „Wenn man das zehn Jahre lang macht, verfeinert man seine Fähigkeiten“, sagt der 31-Jährige. Dass er ein ganz eigenes Artwork entwickelte, wurde ihm selbst erst nach fünf oder sechs Postern klar. „Die eigene Handschrift stellt man erst im Nachhinein fest. Die versucht man dann auszubauen.“
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Der Aufbau
Früh fand David Penndorf zu einem festen formalen Aufbau. Ein schmaler Rahmen fasst das Hauptbild ein, innerhalb dessen steht oben der Name des Stücks, darunter der Autor oder die Autorin, die übrigen Infos in einem klar uni-farben abgesetzten Bereich unten. Die Konsequenz dieser Struktur wurde im Laufe der Zeit immer klarer und ist mittlerweile ein striktes Grundelement jeder neuen Arbeit. In den Hintergründen verlaufen und verwischen ineinandergespritzte Farben, fließen unter dem Rahmen in die Randbereiche, betonen die strenge Form dadurch, dass sie sie aufbrechen und unterwandern. „Mir geht es oft darum, den Rahmen zu sprengen“, erläutert David Penndorf. Gespritzt und zerfließend, „hat Farbe etwas Organisches, etwas Lebendiges.“
Die Motive
Der Stil nimmt teils leicht comichafte – Erwachsenencomics, wohlbemerkt –, oft sehr surreale Anleihen. Noch vor drei oder vier Jahren habe er stets mehrere Entwürfe gemacht, sagt der studierte Medienwissenschaftler. „Jetzt entwickel ist einen Leitgedanken, den ich verfeiner – von der Grundidee zum Bild. Es soll eine gewisse Bedeutungstiefe bieten.“ Der Betrachter solle Assoziationen zum Stück haben – nicht aber die banalen, die als allererste naheliegen. „Für mich ist es darum auch wichtig, ein Bild zu finden, das nicht dem Titel entspricht.“ An „Die Möwe“, frei nach Tschechow (Premiere war Mitte Januar), macht er seine Herangehensweise deutlich. Zu sehen ist eben kein Vogel, sondern zwei nach oben gereckte Hände, deren Finger mit Federn besetzt sind. „Das Grundthema des Stücks ist für mich die Sehnsucht nach mehr: mehr Anerkennung, mehr Liebe, mehr Erfolg“, sagt David Penndorf. Die auffächerten Händen scheinen sich nach etwas nicht Erreichbarem zu strecken, gleichzeitig seien die an die Finger gebundenen Federn „aber auch eine Ikarus-Metapher“. Um das Plakat in allen Feinheiten zu verstehen, müsse man das Stück gesehen haben, sagt David Penndorf. Auch unabhängig davon eröffne es aber Interpretationsspielraum. Gerade darin liegt die besondere Qualität: Die Motive sind durchdacht und durchkomponiert, aber nicht verkopft – darum wirken sie auch aus sich selbst heraus.
Die Technik
„Zeichnen war schon immer eins meiner Hobbys. Und das umso mehr, seit ich mein größtes Hobby – Theater machen – zu meinem Beruf gemacht habe“, so David Penndorf. Zeichenkurse besuche er erst jetzt, bisher habe er sich alles selbst angeeignet, hat „viele Online-Tutorials gesehen und mich auch mit Photoshop auseinandergesetzt“. Ein interessanter Punkt: Es gibt nicht „das eine“ Original. Der Theatergründer zeichnet Elemente mit der Hand auf Papier oder Leinwand, bevorzugt in Aquarell, scannt diese ein und setzt am Computer das fertige Bild zusammen, „es sind eher Collagen“. Für ein Plakat braucht er etwa drei Tage. „Ich werde auch nicht schneller“, sagt er trotz seiner sich immer noch weiterentwickelnden Fähigkeiten. „Ich werde pingeliger.“
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