Siegen. Arbeit mit flüssigem Eisen: Timo Kollar und Luca Ockenfels sind bei Siegener Traditionsunternehmen Gontermann & Peipers Gießereimechaniker-Azubis

Timo Kollar und Luca Ockenfels müssen schmunzeln, wenn sie sehen, welche Verwunderung ihr Arbeitsplatz auslöst: die Produktionshallen der Gontermann-Peipers GmbH (G & P) in Siegen. „Genau so habe ich auch geguckt, als ich das erste Mal hier reingegangen bin. Ziemlich krass, oder?“, sagt Timo Kollar.

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In der Tat trifft es „krass“ ganz gut. Die Halle übertrifft in der Länge problemlos ein Fußballfeld, in der Höhe erinnert sie an eine Kathedrale. Der Geruch von Metall und verbranntem Sand liegt in der Luft. Hier absolvieren der 22-jährige Kollar und der 20-jährige Ockenfels im dritten Lehrjahr ihre Ausbildung zum Gießereimechaniker mit der Fachrichtung Handformguss.

Gontermann und Peipers gießt flüssiges Eisen mit der Masse von 600 Polos

Das 1825 gegründete und mittlerweile in der siebten Generation geführte Familienunternehmen stellt in ihren beiden Werken in Hain und Marienborn unter anderem Walzwerkswalzen und Gussprodukte her. „Wir produzieren Gussteile bis 265 Tonnen Fertiggewicht. Dazu braucht man teilweise 600 Tonnen Flüssigbereitstellung“, sagt Andreas Köhler, Abteilungsleiter Formguss. Zahlen, deren Einordnung für den Laien herausfordernd sind. „Wenn man mal schaut: Ein Polo wiegt in etwa eine Tonne. Die Masse von 600 flüssigen Polos, die auf einen Schlag vergossen werden – das sind Dimensionen, die ihresgleichen suchen“ – und dem Unternehmen ein außergewöhnliches Renommee verschaffen.

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„Ich bin hier in der Nähe aufgewachsen und schon als Kind hat man die Großeltern am Tisch reden hören, das G & P eine gute Firma sei“, sagt Timo Kollar über seine ersten Berührungspunkte. Bei Luca Ockenfels war es der Schwager, der hier gearbeitet und ihm die Ausbildung „schmackhaft“ gemacht hat. „Wir empfehlen jedem Interessierten, zunächst ein zwei- bis vierwöchiges Praktikum bei uns zu machen, um zu sehen: ist das überhaupt etwas für mich?“, sagt Uwe Barner, Teamleiter Formguss, Ausbilder und erster Ansprechpartner für die Azubis. Das bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Rahmenbedingungen der Ausbildung.

Bei Gontermann und Peipers wird mit bis zu 1500 Grad heißem Eisen gearbeitet

Denn dass der Arbeitsplatz kein gewöhnlicher ist, machen schon die anfangs beschriebenen Größenverhältnisse deutlich. Hinzu kommt die Arbeit mit flüssigem, bis zu 1500 Grad Celsius heißen Eisen. „Wir stellen Gussprodukte her, indem wir flüssiges Eisen in Formen gießen. Dafür stellen wir mithilfe von Formsand das Negativ des Endprodukts her“, sagt Luca Ockenfels und fügt hinzu: „Den Abguss übernehmen wir dabei auch.“

Die Zukunft des Berufs

„Die Ausbildung und der Beruf des Gießereimechanikers werden auch in den nächsten Jahren eine Zukunft haben. Deutschland ist ein Gießereistandort“, sagt Andreas Köhler, Technische Leitung Formguss. „Natürlich werden andere Länder stärker, im asiatischen Raum beispielsweise. Aber gerade Großgussprodukte, Sondermaschinen und Einzelteile werden – anders wie bei Serienteilen – auch weiterhin hier produziert.“

Informationen zur Ausbildung: berufenet.arbeitsagentur.de

Nicht von Beginn der Ausbildung an, die Azubis werden langsam herangeführt. Die richtige Herangehensweise fängt dabei im Kopf an. „Wichtig ist, dass die Jungs keine Angst vorm Eisen haben, wohl aber Respekt. Den dürfen sie niemals verlieren“, sagt Ausbilder Uwe Barner. „Gießen fühlt sich gut an, die Arbeit macht Spaß“, sagt Timo Kollar. Auch, weil sie ihn auf mehreren Ebenen fordern würde. „Gießereimechaniker ist ein Job, bei dem man was in den Armen und auch im Köpfchen braucht. Ich bin viel zufriedener, wenn ich am Ende des Tages weiß, was ich gemacht habe.“

Komplexe Arbeitsabläufe bei Gontermann und Peipers: Herausforderung und Ansporn

Ein Blick auf den Bauplan eines Gusskerns erinnert an eine Schaltskizze. Etliche feine Linien stellen den millimetergenauen Verlauf des Kerns dar. „Es braucht Jahre, bis man die Erfahrung hat, solche Pläne vollumfänglich lesen und auch erstellen zu können“, sagt Ockenfels. Eine Herausforderung wie Ansporn für die beiden Azubis zugleich. Hilfe bekommen sie dabei von den dienstälteren Kollegen. Grundsätzlich sei die Kollegialität bei G & P ein wichtiger Faktor für die beiden, gerne zur Arbeit zu gehen.

„Wir schätzen den Umgang hier sehr. Gerade am Anfang wurden wir von unseren Vorgesetzten immer wieder gefragt, ob wir uns denn gut eingelebt haben. Wenn etwas nicht stimmt, können wir es direkt ansprechen. Menschlich passt es sehr gut“, sagt Kollar. Das Gesamtpaket stimme für die beiden, weshalb auch der Wunsch dementsprechend klar von beiden formuliert wird: Nach der Ausbildung möchten sie auf jeden Fall bleiben. Die Chancen dafür stehen jedenfalls nicht schlecht, meint Uwe Barner.

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