Kreis Olpe. Die Meisterpflicht für ein Dutzend Berufe wird wieder eingeführt. Die heimischen Meisterbetriebe jubeln durchweg.
Diese Woche wollen die Politiker im Deutschen Bundestag Nägel mit Köpfen machen: Die Wiedereinführung der Meisterpflicht steht auf der Tagesordnung, das Gesetz wird in der 2. und 3. Lesung beraten, danach muss es nur noch den Bundesrat passieren. Eine Formalie. Ein Dutzend Berufe werden „rückvermeistert“: Unter anderem Fliesen- und Estrichleger, Parkettleger und Raumausstatter.
Kreishandwerksmeister Frank Clemens, als Dachdeckermeister zwar nur indirekt betroffen, kann von einer positiven Stimmung in der heimischen Handwerkerbranche berichten: „Das ist bei uns natürlich Gesprächsthema, und wir freuen uns darüber. Als die Meisterpflicht in vielen Berufen abgeschafft worden ist, ist ein Chaos entstanden. Jeder, der eine Fliese gerade halten konnte, konnte sich selbstständig machen.“ Mit teils fatalen Auswirkungen, so Clemens: „Viele der frisch gegründeten Firmen schlitterten schnell wieder insolvent, die fünfjährige Gewährleistung für die Kunden war gegenstandslos. Es wurden auch viel weniger Leute ausgebildet.“
Viel Arbeit für Sachverständige
Dem pflichtet Jürgen Haßler, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd bei:
„Für die Wiedeinführung haben wir lange gekämpft. Als 2004 im Zuge der Agenda 2020 53 von 94 Meisterberufen freigegeben wurden, hatte das mit der hohen Arbeitslosigkeit zu tun, die man, so hoffte die Schröder-Regierung, damit senken wollte.“
Der Wegfall der Meisterpflicht habe lediglich zum Aufschwung bei den Sachverständigen geführt, die wegen qualitativ schlechterer Ausführung von unzufriedenen Kunden gerufen worden seien: „Die Qualität ließ teilweise zu wünschen übrig.“ Viele plötzlich aus dem Boden gestampfte „Solo-Selbstständige“ seien auf den Markt geströmt, aber auch schnell wieder in Insolvenzen verschwunden: „Es gab eine regelrechte Explosion von Betriebsgründungen. Das hat sich teilweise verfünffacht.“ Haßler weiter: „Das gab Probleme mit der Gewährleistung. Etwa die Hälfte der meisterlosen Betriebe waren schneller als fünf Jahre nach der Gründung wieder verschwunden, bei den Meister geführten Unternehmen sind rund 70 Prozent der Betriebe dann noch im Geschäft und müssen für die fünfjährige Gewährleistung geradestehen.“ Gravierend sei der Einbruch bei den Ausbildungszahlen gewesen: „Die Ausbildungszahlen sind in den meisterlosen Branchen um bis zu 40 Prozent zurückgegangen.“
Erich König: „Richtiger Schritt“
Erich König (Fußboden König, Olpe) hat sein Unternehmen 1972 gegründet und die Geschäftsführung mittlerweile u. a. an Stefan Holdinghausen abgegeben.
König zur Meisterpflicht: „Ein richtiger Schritt, die Aufgabe der Meisterpflicht 2004 hat uns Substanz gekostet, seitdem waren Leute unterwegs, denen zum Teil deutliche Fachkenntnisse fehlten.“ Stefan Holdinghausen pflichtet bei: „Wir sind begeistert. Endlich kommt die Meisterpflicht für unsere Berufe zurück.“ Hintergrund: Bei Fußboden König werden ebenso Estrich- wie Parkettleger ausgebildet, aber auch Bodenleger. Holdinghausen: „Kaufmännisch war das eine Katastrophe für den gesamten Markt. Die meisterlosen Betriebe haben zum Teil mit Dumpingpreisen gearbeitet. Im Estrichbereich gab es Einbußen von rund zehn Prozent.“ Auch Ungelernte hätten sich nach 2004 selbstständig gemacht, eine Kontrolle habe nie stattgefunden. Fußboden König beschäftige derzeit 56 Mitarbeiter, darunter zwei Meister, zwei Ingenieure und vier Techniker. Und fünf Auszubildende.
Mittel gegen Schwarzarbeit
Alfred Kaufmann, erfahrener Fliesenleger-Meister aus Wenden, begrüßt die Einführung der Meisterpflicht ebenfalls: „Das ist perfekt. Dann hört die meiste Schwarzarbeit auf und es stimmt auch wieder die Gewährleistung.“ Derzeit könnten noch alle möglichen Leute ein Fliesengeschäft anmelden. Das sei dann vorbei: „Ab 1. Januar kann dann nur noch ein Geschäft anmelden, wer einen Meisterbrief hat.“ Auch die Preise würden wieder stimmen: „Bisher mache ich ein Angebot und komme nicht zum Zuge. Ich muss mich an die Tarifverträge halten.“ Und ganz wichtig sei, dass mit Einführung der Meisterpflicht wieder vernünftig ausgebildet werde. Denn nur wer einen Meisterbrief habe, dürfe ausbilden.
Fotografen weiterhin ohne Meisterpflicht
Nicht wieder eingeführt wird hingegen die Meisterpflicht bei Fotografen.
„Es ist ärgerlich. Das hätte ich gerne gehabt“, sagt Julia Stamm-Ochel, Fotografenmeisterin aus Olpe. Es gehe darum, dass man gute handwerkliche Arbeit hat. Früher hätten junge Leute gekellnert, heute würden sie sich eine Kamera kaufen und sich als Fotografen ausgeben. „Da herrscht eine gewisse Unsicherheit. Man weiß nicht, auf wen man sich verlassen kann“, so Julia Stamm-Ochel. Sie habe schon Erfahrungen mit Designstudenten gemacht: „Die kommen zu mir, können aber keine Fotos machen. Sie können nicht mit Licht arbeiten. Das Bild muss vernünftig aufgenommen werden. Fotografieren ist das Wichtigste, erst dann kommt Photoshop.“