Siegen. Scharfe Kritik der Studierendenschaft: In auch von der Uni Siegen genutztem Saal wird Homosexualität unter anderem als „Christenpest“ bezeichnet.

Nach der Veröffentlichung eines Artikels über eine Veranstaltung im Hammerhütter Saal des Evangelischen Gemeinschaftsverbands Siegerland (EGV), bei der homophobe Ansichten geäußert wurden, fordert die verfasste Studierendenschaft der Universität Siegen die Hochschule auf, das auch als Hörsaal genutzte Gebäude (Campus EGV) nicht länger anzumieten.

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Die Siegener Zeitung hatte am Mittwoch, 20. November, unter der Überschrift „Kraftvolles Zeugnis für die Bibel“ einen Text veröffentlicht, in dem Homosexualität als „Christenpest“ tituliert wurde, zu der man verführt werden könne und die heilbar sei. Neben weiteren theologisch zweifelhaften Passagen – so ging es in Vorträgen der Tagung unter anderem darum, die Jungfrauengeburt wörtlich zu nehmen oder die Bibel als manifestiertes Wort Gottes zu verstehen – entzündet sich die Kritik unter anderem an einem Vortrag des Psychologen Markus Hoffmann.

Resolution von Studierendenparlament AStA, queer@uni und Schlau Siegen

„Er blieb besonders dafür im Gedächtnis, über die ‘Christenpest Homosexualität’ zu schwadronieren, die sich unter anderem daraus ergebe, dass in der Jugend männliche Bezugspersonen fehlten, was letztlich darin münde, sich zur Homosexualität ‘verführen’ zu lassen“, heißt es in einer Resolution, die vom Studierendenparlament, dem AStA, dem Referat „queer@uni“ sowie dem Verein „SCHLAU Siegen“ unterzeichnet ist.

Homosexualität lasse sich unter anderem in seiner „Bruderschaft des Weges“ „therapieren“, in der durch Bevormundung Jugendliche dazu getrieben würden, ihre Sexualität als fehlerhaft und ihre gleichgeschlechtlichen Erfahrungen als Missbrauch misszuverstehen. Er verstehe allerdings nicht, weshalb seine Behandlungsmethoden durch die Gesetzesinitiative von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezüglich Konversionstherapien bald verboten werden könnten.

„Diese Einstellungen haben an der Universität keinen Raum“

Diese „Therapien“, die als seelsorgerische Hilfe verkauft würden, seien nicht zu verharmlosen und keine Hilfe zur Selbsthilfe, schreiben die Autoren der Resolution. Vielmehr würden immer wieder Menschen in psychische Probleme bis hin zum Suizid getrieben und das Bild vermitteln, dass Homosexualität eine Krankheit und damit zu therapieren sei. „Diese Einstellungen haben an der Universität keinen Raum und sind nicht tolerierbar“, heißt es.

Es sei für betroffene Studierende kaum zumutbar, in den Räumen solcher Organisationen zu studieren, die Studierendenschaft verweist auf den Slogan der Uni „Zukunft menschlich gestalten“. Diese Zielsetzung sei mit den Anschauungen dieser Organisationen nicht vereinbar. „Wir fordern die Universität auf, von einer weiteren Nutzung des Campus EGV Abstand zu nehmen, verfügbare Alternativen zu prüfen und sich vom Evangelischen Gemeindeverband Siegerland-Wittgenstein in aller Form zu distanzieren.“

Uni: Weltoffenheit und Toleranz sind Grundwerte

Die Hochschule verweist darauf, dass sie als Mieterin die Räume des EGV nutze, das „bedeutete jedoch zu keinem Zeitpunkt, dass sie auch die Inhalte des EGV oder anderer NutzerInnen dieser Räumlichkeiten teilt. Weltoffenheit und Toleranz zählen zu den Grundwerten der Universität. Homophobie ist mit diesen nicht vereinbar, die Universität steht traditionell für Vielfalt und nimmt diese Position in der Gesellschaft ein. Homophobe Äußerungen verurteilt die Universität ausdrücklich.“ Die Uni werde das Mietverhältnis beenden, wenn kein Bedarf an den Flächen mehr bestehe. Der Saal werde bis zur Fertigstellung des Hörsaal- und Seminarzentrums am Unteren Schloss benötigt.

Die Studierenden kritisieren auch die Zeitung, „derart unkritisch und geradezu unterstützend Menschen, die in mehr als einer fragwürdigen Veranstaltung bereits als ‘Hassprediger’ aufgefallen sind, ausführlich und unwidersprochen Raum in einem solchen Artikel zu geben. Wer Homoheiler hofiert, wird seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht.“ Einen anderen Vortrag hatte Ulrich Parzany gehalten, der Homosexuelle als „Hauptfeinde der Christen“ erklärt hatte.

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