Siegen. Die Fälle von Misshandlungen von Kindern in Siegen steigt seit Jahren an. Die Ärztliche Beratungsstelle soll ab 2020 stärker unterstützt werden.

Immer häufiger werden Fälle von Misshandlungen, Vernachlässigungen und sexuellem Missbrauch von Kindern in Siegen und Umgebung gemeldet. „Waren es im Jahre 2017 noch 145 Fälle, mussten bis Oktober dieses Jahres bereits 180 verzeichnet werden“, stellt Landrat Andreas Müller fest und schlägt deshalb dem Kreistag vor, der Ärztlichen Beratungsstelle gegen Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellen Missbrauch an der DRK-Kinderklinik in Siegen eine stärkere Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Konkret sollen dafür im Haushalt 2020 zusätzlich rund 36.500 Euro für die Arbeit der Beratungsstelle bereitgestellt werden.

„Es gibt kaum etwas schrecklicheres, als von Misshandlungen oder dem sexuellen Missbrauch von Kindern zu erfahren“, so Müller. „Diesen Kindern wird schon in jüngsten Jahren Unaussprechliches angetan. Viele leiden darunter ein ganzes Leben lang. Deshalb ist es mir ein ganz persönliches Anliegen, diesen Kindern, die Opfer von Missbrauch und Misshandlungen geworden sind, so gut wie irgend möglich beizustehen und ihnen zu helfen, soweit das möglich ist“, betont der Landrat in seiner Vorlage.

Aktuell nur eine Fachkraft

Bislang ist Antje Maaß-Quast, systemische Kinder- und Jugendlichen­therapeutin, die einzige Fachkraft der Beratungsstelle. Auf Grund der bereits auf hohem Niveau bestehenden und vermutlich weitere steigenden Fallzahlen soll durch die finanzielle Unterstützung eine halbe Stelle zusätzlich realisiert werden.

Die Gründe, dass immer mehr Fälle gemeldet werden, sieht Maaß-Quast unter anderem in der intensiven Öffentlichkeitsarbeit, den Fortbildungen sowie der guten Vernetzung mit anderen Institutionen: „Wir sensibilisieren die Menschen, genau hinzuschauen.“ Zwei Mal im Jahr organisiert sie deshalb gemeinsam mit Dr. Stefan Beyerlein, Chefarzt Kinderchirurgie der DRK-Kinderklinik, eine Fortbildung „für alle Menschen, die mit Kindern arbeiten“, beispielsweise Lehrer und Erzieher. „Guckt früh genug hin und guckt nicht weg – das ist die Botschaft, die wir vermitteln wollen“, sagt Maaß-Quast.

Eckpunkte der Beratung

Jeder kann anrufen.

Was besprochen wird, bleibt vertraulich und unterliegt der Schweigepflicht.

Die Gesprächs- und Therapieangebote sind dem Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ verpflichtet.

Die Angebote sind kostenfrei.

Termine werden zeitnah vergeben. Tel: 02 71/23 45-240

Hilfe statt Strafe

Bei ihrer Arbeit in der Beratungsstelle bietet sie unter anderem Einzel- und Familienberatung und traumaspezifische Fachberatung an. Es sei wichtig, zeitnahe Termine zu vergeben. „Ich kann nicht sagen, kommen Sie in einem halben Jahr wieder. Ein Termin wird binnen zwei Wochen realisiert“, so Maaß-Quast, die betont, dass die Beratungsstelle nach dem Motto „Hilfe statt Strafe“ vorgeht, also betroffene Eltern nicht sanktionieren will, sondern gemeinsam herausfinden möchte, welche Unterstützung notwendig ist, um das Familiensystem zu verbessern.

Der Jugendhilfeausschuss des Kreises folgte dem Vorschlag des Landrats und stimmte den zusätzlichen Mitteln zu.

Der Kreistag wird am Freitag, 13. Dezember, im Rahmen der Haushaltsberatungen abschließend entscheiden.

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