Hilchenbach. Silke Grafe hat sich mit ihrem Handarbeiten-Geschäft einen Traum erfüllt, Nun muss sie aufgeben.
Wenn Silke Grafe morgens um 9 Uhr die Eingangstür zu ihrem Laden „Dat Kreativ’che“ aufschließt, tut sie das mittlerweile jedes Mal mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Denn zum Jahresende wird die 52-Jährige ihr Fachgeschäft für Handarbeit in der Hilchenbacher Straße 2a aufgeben. Seit mehr als acht Wochen verkauft sie Wolle, Stoffe, Kurzwaren, Häkel- und Stricknadeln mit großem Preisnachlass. Mit 20 Prozent Rabatt hat sie angefangen, mittlerweile gibt sie sogar auf das gesamte Sortiment 30 Prozent Rabatt wegen der Geschäftsaufgabe.
Silke Grafe macht ihren Job gerne. Sie spricht gerne mit Menschen, hat eine freundliche und offene Art und kennt sich gut aus in Sachen Handarbeit. Die Nähkurse, die sie als Einzelunterricht gab, wurden gut angenommen. Silke Grafe hat aber auch Erfahrungen gemacht, die sie verärgern: Wenn Leute sich von ihr beraten lassen und dann im Internet kaufen. „Weil es ja dort angeblich so viel günstiger ist“, sagt Silke Grafe. oder in Siegen, trotz Benzinkosten und Parkgebühr: „Wo ist da die Ersparnis?“ Es gibt keine. „Und wenn ich dann höre, wie traurig doch viele angeblich sind, weil wieder ein Geschäft in Hilchenbach schließt, frage ich mich, ob denen eigentlich die Zusammenhänge bewusst sind.“
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Wenn in den Städten nur noch Filialen großer Geschäftsketten zu finden sind, wird die individuelle Beratung zur Mangelware,warnt Silke Grafe. Beratung finden Kunden in inhabergeführten Fachgeschäften. Doch halt zu einem angemessenen Preis. Silke Grafe erzählt von einer Kundin, die mit einer Tüte voller Wolle ins Geschäft kam und Beratung fürs Stricken erbat – die Wolle hatte sie woanders gekauft.
Seit Wochen kommen immer wieder mal Kunden zu ihr, die sie schon lange nicht mehr gesehen hat. Die aber mal bei ihr eingekauft haben. „Das sehe ich ja an der Kundenkarte. Die legen sie mir nämlich noch auf die Ladentheke und fragen,ob es auf die aktuellen Rabatte nicht noch einen Preisnachlass gibt. Das finde ich schon frech“, sagt die 52-Jährige.
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Dabei hat sie in den letzten Jahren ihre Kunden immer mit einbezogen, wenn es um neue Ware geht. Saisonbedingte Trendwaren ergänzten das Basisangebot. „Ich habe Kunden ja sogar vor den Messen gefragt, was sie genau haben wollen und speziell diese Produkte auch gekauft. Mit der Folge, dass diese Sachen meist zu Ladenhütern wurden“, so die Geschäftsfrau. Selbst danach habe sie auch immer mal gesagt bekommen, sie habe ja keine große Auswahl. „Die Ansprüche werden bei den Menschen immer gr<Dber die wenigsten möchten einen angemessenen Preis dafür zahlen. Und genau das ist es, was uns Einzelhändler massiv stört.“
Zum Abschied Blumen
Silke Grafe hat aber auch viele schöne Erfahrungen mit Kunden gemacht, seit sie das Geschäft 2013 eröffnet hat. Da ist die Dame, die seit Bekanntwerden der Schließung mehrmals wöchentlich vorbeikommt und jedes Mal Wolle kauft. Da sind die Kundinnen, die absichtlich auf die Rabatte verzichten, weil sie Silke Grafe unterstützen möchten. Jemand brachte eine Topfpflanze vorbei, als Dank für die schöne Zeit. Die soll am 31. Dezember vorbei sein.„Das tut sehr weh, denn Handarbeit ist meine große Leidenschaft. Damit platzt ein Traum.“
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