Wilgersdorf. Grünen Landes-Co-Vorsitzende Felix Banaszak besucht den Hof, um sich über ein ungewöhnliches Wohnprojekt für ältere Menschen zu informieren.

Und wieder ein Grüner im Kuhstall! Im August suchten die Mitglieder des Kreuztaler Stadtverbands das Gespräch mit den heimischen Landwirten auf dem Berghof in Stendenbach, wollten damit das Verhältnis ihrer Partei zu dieser Gruppe auf eine neue Basis stellen. In dieser Woche ist der Landes-Co-Vorsitzende Felix Banaszak zu Gast auf dem Birkenhof. Vornehmlich geht es ihm um den dortigen „Alter(s)garten“, ein ungewöhnliches Wohnprojekt für ältere Menschen. Aber Landwirt Eckard Jungclaussen führt seine Gäste erst in den Stall, um dort einen Überblick zur Geschichte des Birkenhofs und der Landwirtschaftlichen Gemeinschaft Siegerland zu geben. Auch später wird es noch hier und da um die Probleme der Landwirte mit der Politik und speziell den Ideen der Grünen gehen. Das Wohnprojekt steht aber im Fokus.

Wohneinheiten für Ältere

2012 ist auf dem Birkenhof ein barrierefreies Wohnhaus mit acht Wohnungen für etwa zwölf Personen und einem Gemeinschaftsraum entstanden. Gebaut wurde ein Niedrigenergiehaus mit vier kleineren (45 m²) und vier größeren Wohnungen (85 m²). Jede Wohnung verfügt über Terrasse oder Balkon und einen Kellerraum, es gibt separate Eingänge und einen Aufzug über drei Etagen. Angedacht war es, Menschen beim Eintritt in den Ruhestand ein Leben auf dem Lande zu ermöglichen, bei gleichzeitiger Nutzung ihrer Erfahrungen und Arbeitskraft im Rahmen der Hofgemeinschaft. Niemand müsse helfen, aber jeder dürfe, erklärt Eckard Jungclaussen. Unter anderem werde die Buchhaltung des Hofs auf diese Weise erledigt oder Transportaufgaben.

Das Engagement hat sich allerdings seit dem Start vor sieben Jahren verringert, so der Landwirt. Das steigende Alter der Senioren mache sich bemerkbar. Wichtig bleibe das Miteinander. Niemand sei im Alter allein, jeder kümmere sich um den anderen. Zusätzlich habe sich eine schöne Gemeinschaft der Bewohner mit den drei Familien des Hofs und den jungen Mitarbeitern entwickelt.

Außer den acht Wohnungen gibt es zwei Gästeappartements. Die können für Verwandtenbesuche genutzt werden, stehen aber auch zur Vermietung an Monteure und Urlauber zur Verfügung. Sehr erfolgreich, wie Jungclaussen betont, der gleichzeitig mit einem klaren „Nein“ auf die Frage nach einer Erweiterung antwortet. Das sei damals eine eindeutige Botschaft der Politik gewesen und auch gar nicht im Sinne des Hofs. Da solle schon die Landwirtschaft im Mittelpunkt stehen, kein neuer Schwerpunkt mit Seniorenwohnungen wachsen.

Demografische Entwicklung im Blick

Das alles ist interessant für Felix Banaszak, der sich für den Herbst eine umfangreiche Tour vorgenommen hat. Er möchte vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung „die unterschiedlichen Lebenslagen älterer Menschen in NRW besser kennenlernen und herausfinden, wie Politik die Bedingungen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter verbessern kann“. Wichtig dabei für ihn, „nicht mit theoretischen Ideen am Schreibtisch anzufangen und dann ins Land zu gehen, sondern umgekehrt zu arbeiten“, sagt der 40-jährige Duisburger.

Zu wenig Ackerland für Landwirte

Banaszak überbringt Grüße von Johannes Remmel, der ihm das Projekt Birkenhof ans Herz gelegt habe. Wo es hakt, sind die Forderungen des Landwirtes Jungclaussen. Er sei immer noch „mit den Grünen ziemlich über Kreuz“ wegen des Grünlandumbruchverbots und bittet Banaszak, die Botschaft Johannes Remmel auszurichten. Bei insgesamt 100 Hektar bewirtschafte die Landwirtschaftliche Gemeinschaft Siegerland aktuell 30 mit Ackerland. Zehn oder wenigstens fünf mehr seien aus seiner Sicht nötig, um Hofladen und Bäckerei noch effizienter betreiben zu können, dies aber durch die ausgerechnet von einem Siegerländer mit zu verantwortende Gesetzeslage nicht machbar.

Der Landwirt beklagt in diesem Zusammenhang auch den kürzlich praktisch aufgegebenen Hof in Wilnsdorf, der in eine Reitanlage umgewandelt worden sei und dessen Ackerrechte ins Münsterland verkauft worden seien. Auch beklagt Jungclaussen die vielen gesetzlichen Barrieren, die für ein kleines Unternehmen wie den Birkenhof existierten, der vielseitig arbeite und sich nicht spezialisieren wolle. Felix Banaszak erklärt, noch vieles lernen zu müssen, versichert aber, sich auch in diesen Bereichen einzuarbeiten, mit Blick auf die „wachsende Verantwortung“ seiner Partei, und bricht zum nächsten Ziel auf.

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