Siegen. Der Vorwurf: Vergewaltigung und versuchte Vergewaltigung einer 14-Jährigen. Der Angeklagte spricht aber von einvernehmlichen Sex.

Seit er in Deutschland sei, habe er gelernt, dass so etwas normal sei, lässt einer der Angeklagten über die Dolmetscherin erklären, warum er ein Zimmer mit einem unbekleideten minderjährigen Mädchen betreten hat. „Da haben Sie etwas gründlich missverstanden. Sie bedienen gerade Klischees“, reagiert die Vorsitzende Richterin der Jugendkammer Sabine Metz-Horst erregt.

Es ist ein entscheidender Moment in der Hauptverhandlung gegen den 25-jährigen Syrer und seinen 17-jährigen Landsmann, die wegen Vergewaltigung respektive des Versuchs auf der Anklagebank sitzen. Der jüngere Mann macht wenig später Übersetzungsfehler der Dolmetscherin geltend. Danach wird das Verfahren unterbrochen und soll am Dienstag in einer Woche mit einem Ersatz für die kritisierte Übersetzerin fortgesetzt werden. „Das geht doch nicht“, schluchzt die Mutter des mutmaßlichen Opfers verzweifelt. Das Mädchen kann am Montag nicht mehr vernommen werden. Eine schwere Belastung für die Zeugin, die nach verlesenen ärztlichen Attesten bis heute in Behandlung ist.

Gegen den Willen zum Sex gezwungen

Anlass des Prozesses ist ein Vorfall vom 25. August 2017. Die damals 14-jährige soll vom jüngeren Angeklagten T. gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden sein. Trotz eindeutiger Bekundungen, nach einvernehmlichen Küssen an diesem Punkt Halt zu machen, soll T. ihre Hände festgehalten und das Mädchen entkleidet haben, um dann gewaltsam in sie einzudringen. Danach war der ältere Mitangeklagte A. ‚an der Reihe’, zog sich die Hose aus, wurde aber nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von einem dritten Mann an weiterem Tun gehindert und vor einer vollendeten Tat buchstäblich aus dem Raum geworfen.

Dieser Zeuge hat vor der Polizei entsprechend ausgesagt, ist aber nicht zur Verhandlung gekommen. Er habe gestern Audionachrichten von seinem Freund bekommen, „das er Besseres zu tun hat und lieber nach Essen gefahren ist“, sagt der 17-Jährige. Staatsanwältin Katharina Burchert beantragt, den Mann nächste Woche vorführen zu lassen.

Angeklagter will davon nichts wissen

Von dem Vorfall will T. ansonsten nichts mitbekommen haben. Er berichtet, das ihm über das Internet bekannte Mädchen am Vortag getroffen zu haben. Sie hätte ihn gefragt, ob sie nicht „etwas machen“, wollten, er sie daraufhin für den nächsten Nachmittag zum Shisha-Rauchen eingeladen. „Sie wollte erst nicht mit mir schlafen, ich habe sie aber überredet“, versichert T., danach sei es eine gute halbe Stunde lang zu einvernehmlichem Sex gekommen.

„Ich bin danach duschen gegangen“, führt er aus und will hinterher überrascht bemerkt haben, „dass sie weinte“. Später am Abend „hat sie noch mal angerufen und gefragt, ob sie noch einmal kommen kann“. Aus seiner Sicht ist nichts Verwerfliches geschehen: „Ich habe mich ganz normal verhalten. Jeder Mann hätte das gleiche getan. Und ich war noch jung, gerade mal 15“, findet er. Die Richterinnen und die Mutter schütteln die Köpfe.

Vorgänge durchs Schlüsselloch beobachtet

Während T. ziemlich gut Deutsch spricht und versteht, geht es bei A. nicht ohne Übersetzung. „Wir wollten sie nicht vergewaltigen“, versichert er mehrfach und bestreitet auch, von T. aufgefordert worden zu sein, „jetzt bist Du dran“. Was A. nicht abstreiten kann, er hat vor der Schlafzimmertür gehockt und die Vorgänge durchs Schlüsselloch beobachtet.

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