Siegen/Burbach. Bei den anderen Anwälten kommt der „Deal“ eines ehemaligen Wachmanns mit dem Gericht nicht gut an: Anscheinend würden „Superzeugen“ aufgebaut.
Im Burbach-Verfahren ist ein kleiner Fortschritt zu verzeichnen. Die Verständigung mit einem weiteren Angeklagten, dem wenige Fälle der Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen werden, ist nach einigen Verzögerungen durch diverse Befangenheitsanträge endlich zustande gekommen.
Ganz ohne Zwischenfälle läuft aber auch dieser Verhandlungstag nicht ab. Nachdem das Gericht und der Verteidiger erklärt hatten, der 26-jährige Ex-Wachmann K. wolle nur zu eigenen Tatbeiträgen Stellung nehmen, beantragen die Anwälte eines Mitangeklagten dessen Beurlaubung für den Rest des Verhandlungstages. Oberstaatsanwalt Christian Kuhli stimmt zu, die Kammer nach längerer Beratung aber nicht. Was die beiden Anwälte verärgert. Sie fordern eine zehnminütige Beratungspause und drohen mit einem erneuten unaufschiebbaren Antrag, der dann aber doch nicht kommt: „Frau Vorsitzende, Sie können weitermachen!“
Anschließend legt K., dem für die Aussage eine Strafe von acht Monaten bis maximal einem Jahr zur Bewährung angeboten worden sind, ein offensichtlich vorformuliertes Geständnis ab. Er trägt vor, in mehreren Fällen beim Verbringen von Bewohnern ins berüchtigte Problemzimmer geholfen zu haben. Einmal habe er auch Pfefferspray eingesetzt, als ein Asylbewerber sich gewehrt und er sich bedroht gefühlt habe.
Kritik an „Schmalspurgeständnissen“
Der junge Mann berichtet, vier Monate in Burbach gearbeitet zu haben, ohne jegliche Vorerfahrung im Sicherheitsgewerbe. Alles tue ihm sehr leid. Wirklich eingesperrt gewesen seien die Bewohner im Problemzimmer aus seiner Sicht aber nicht. „In der Anfangszeit war die Tür sogar ausgehängt und bei uns im Wachzimmer“, versichert der Mann. Später sei es vorgekommen, dass die Klinke innen abmontiert war. Auf ein Klopfen hin hätte aber jeder zum Rauchen oder aus anderen Gründen heraus gekonnt. Er berichtet von einem Fall, bei dem ein Bewohner Morddrohungen in seiner Sprache ausgestoßen habe, außerdem „die Geste des Kehledurchschneidens machte“.
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Verteidiger Oliver Guski erklärt, aus seiner Sicht würden Angeklagte „durch Tarife und Deals gelockt, Schmalspurgeständnisse abzugeben“, bei denen das Gericht kaum nachfrage, um später „als Superzeugen“ gegen die Mitangeklagten eingesetzt zu werden.
Böse Töne: „Welch ein Gesülze“
Anschließend gibt es noch eine Erklärung des Verteidigers der nominellen stellvertretenden Heimleiterin. Sie erinnere nach wie vor vieles nicht, müsse aber nach den vorgelegten Unterlagen annehmen, deutlich früher über die Problematik des Einsperrens in die Problemzimmer Kenntnis gehabt zu haben, als sie selbst dachte. Dass sie dies widerspruchslos mitgemacht und nicht früher Einspruch erhoben habe, müsse sie sich zurechnen lassen. Das alles sei ihrer Persönlichkeit eigentlich fremd, sie bedauere es sehr. „Welch ein Gesülze“, ist aus dem Kreis der übrigen Angeklagten zu hören. Das Verfahren wird am Freitag in einer Woche fortgesetzt.
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