Siegen-Wittgenstein. Nur zwei Azubis in Siegen-Wittgenstein wollen E-Commerce-Kaufleute werden. Dabei spielt der Online-Umsatz im Handel eine immer größere Rolle .

Der Ausbildungsberuf E-Commerce-Kaufmann/-frau kommt im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) nicht so recht ins Rollen. Diese Botschaft übermittelte jetzt der scheidende Oberstudiendirektor Karl-Heinz Bremer, Leiter des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung in Siegen, dem IHK-Einzelhandelsausschuss.

„Der Stand heute entspricht dem vor einem Jahr zu diesem Zeitpunkt: Es liegen zwei Ausbildungsverträge vor.“ Wurden 2018 letztendlich noch sechs Verträge in dem seinerzeit noch ganz neuen Ausbildungsberuf geschlossen, so könnten es 2019 laut Karl-Heinz Bremer „bei optimistischer Betrachtung noch sieben werden“. Beide Zahlen reichten jedoch – bei weitem – nicht aus, um in Siegen eine eigene Berufsschulklasse einzurichten. „Die Mindestgröße für eine Klasse liegt bei 22 Schülern“, zeigte der Schulleiter auf. So lange diese Mindestgröße nicht erreicht sei, bleibe der Schulstandort für die E-Commerce-Kaufleute in Hagen. Das wiederum sei für junge Leute und Betriebe aus der Region nicht sonderlich attraktiv.

Lehrgang im Berufsbildungszentrum

Daher habe seine Schule „in enger Kooperation mit der IHK Siegen“ mit dem „E-Commerce-Manager“ ein eigenständiges Lehrgangskonzept entwickelt, das nicht nur auf angehende Kaufleute im Einzelhandel abhebt, sondern zugleich auch alle Auszubildenden unter den Bank-, Versicherungs-, Automobil- und Industriekaufleuten sowie den Kaufleuten für Büromanagement anspricht. In einem zweiten Modul können die Auszubildenden anschließend ihre Kompetenzen im Berufsbildungszentrum (bbz) der IHK vertiefen und nach Erbringung eines Leistungsnachweises ein IHK-Zertifikat erlangen.

Welch große Bedeutung der E-Commerce im Einzelhandel bereits gewonnen hat, zeigte Martin Achatzi dem Ausschuss auf. Der Foto-Händler aus Bad Laasphe ist nach eigener Aussage „Europas Canon Shop Nr.1 “ – und das auf einer Ladenfläche von nur noch 70 von einst 100 Quadratmetern. Der Grund: „Nur noch 10 % der Produkte werden stationär umgesetzt, 90 % online“, erläuterte Martin Achatzi. Online bedeute bei ihm aber nicht ausschließlich Handel über seine Website mit angeschlossenem Onlineshop. „Das sind vielleicht 3 bis 4 % des Umsatzes.“ „Lohnt sich der Webshop dann überhaupt?“, erkundigte sich Heinjochen Fuchs. „Klares Ja!“, antwortete Martin Achatzi. „Das ist unser Schaufenster, das muss gut aussehen, das muss gepflegt sein.“

Kundenakquise über Facebook

Martin Achatzi, der inzwischen die Firma an seinen Sohn Peter übergeben hat, wartet nicht, bis die Kunden zu ihnen kommen. Sie verfolgen das Motto: „Wo unsere Kunden sind, haben wir auch zu sein.“ Und das seien nun einmal die sozialen Medien, allen voran Facebook, Instagram und durchaus auch YouTube. „Wir haben ohne auch nur einen Cent Budget über Facebook mehrere tausend Kunden erreicht“, berichtete Martin Achatzi dem Ausschuss. Dort gebe es zahlreiche Foto- und Fangruppen der Marke Canon, die sich wie in Foren austauschten und ihre Probleme diskutierten – auch, da sie mitunter keine Fachhändler mehr hätten. Das Erfolgsrezept lautet: „Schnelle Antworten.“

Auf diese Weise verkaufen die Achatzis allein zwischen drei und 15 Geräte zusätzlich pro Tag. „Vor allem müssen Sie bei Google und Google+ sichtbar sein“, empfahl Martin Achatzi den gut 30 anwesenden Händlern des Ausschusses. „Das kostet Sie nichts. Und Sie können zudem über Google-Analytics Ihren Erfolg überprüfen – ebenfalls kostenfrei.“ Über diesen Weg sei Foto Achatzi mittlerweile zur eigenen Marke gereift. Erfolgreich.

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