Siegen. Die Eintracht-Rampe in Siegen wird verstärkt und bekommt ein stählernes Korsett. Ungenaue Pläne verzögern den Baufortschritt.

Ab Herbst 2020 muss die HTS-Brücke auf der Siegener Eintracht hoffentlich für 20 Jahre nicht mehr gesperrt werden. Seit mehr als einem Jahr laufen die die Bauarbeiten zur Verstärkung des Brückenbauwerks; nach unvorhergesehenen Verzögerungen soll sie in einigen Wochen wieder freigegeben werden. Zunächst. Denn wenn das Bauwerk verstärkt ist, steht die Erneuerung der Fahrbahn an.

Die Verstärkung

Die etwa 600 Meter lange Brücke wird derzeit in ein stählernes Skelett gelegt: Sogenannte externe Spannglieder werden von außen angebracht und mit den tragenden Bauteilen verbunden, um die Statik des Bauwerks zu versteifen. Seit der Errichtung ist die Verkehrslast immer weiter gestiegen, was das Bauwerk mit der Zeit belastet. „Bei der Nachberechnung wurden Defizite festgestellt“, sagt Bauüberwacher Sebastian Hahn vom Landesbetrieb Straßen NRW. Diese Spannglieder verlängern die Lebensdauer der Brücke deutlich. Durch das Nachbessern hält die Brücke länger, bis irgendwann neu gebaut werden muss. Ohne zusätzliche Verstärkung hätte die Eintracht-Rampe für den Schwerverkehr gesperrt oder die erlaubte Höchstgeschwindigkeit gesenkt werden müssen.

Die Verbundanker führen von oben durch die Brücke.
Die Verbundanker führen von oben durch die Brücke. © Hendrik Schulz

Bei der Verstärkung gibt es zwei verschiedene Typen: Die Aufgabe von Spannstahl Typ 1 ist es, die Betonteile der Brücke zusammenzudrücken – wie ein Gewichthebergurt. Dazu wird der Spannstahl, nachdem entsprechende Löcher gebohrt wurden, von der Fahrbahn nach unten durchgefädelt und dort mit schweren Querträgern verbunden. Wie eine Schlauchzwinge liegt der Stahl um den Beton herum und wird dann angezogen. Alle paar Zentimeter sind an manchen Stellen solche Spannglieder nötig geworden, vor allem dort, wo die größten Kräfte auf das Bauwerk wirken: An den Stützpfeilern.

Eigentlich hätte die Eintracht-Rampe schon wieder freigegeben sein sollen, bei der Detektierung stellte sich aber heraus, dass bereits vorhandene Spannglieder nicht dort saßen, wo sie in den Plänen verzeichnet waren. Die dürfen aber nicht beschädigt werden. Also mussten die für den Einbau der neuen Spannglieder nötigen Kernbohrungen umgeplant werden. „Es ist eine zusätzliche Verstärkung, den alten Gliedern darf nichts passieren“, sagt Hahn.

Millionenschwere Sanierung

Neben dem Spannstahl – insgesamt rund 65 Tonnen – wird an vielen Stellen die korrodierte Stahlbewehrung im Beton erneuert. Rund 35 Tonnen Betonstahl werden eingebaut. Die Sanierungskosten betragen schätzungsweise insgesamt rund 5 Millionen Euro.

Auch beim zweiten Typ Spannstahl kam es zu Verzögerungen: Dabei werden gewaltige Stahlseile längs durch das gesamte, hunderte Meter lange Bauwerk gezogen, gespannt und ausgemörtelt, erklärt Straßen NRW-Pressesprecher Karl-Josef Fischer. Zwischen den Stellen, an denen die Brücke auf den Stützpfeilern aufliegt – was durchaus einige Meter sind – hängt sie durch. Die Längsspannung wird so angebracht, dass dieser Effekt minimiert wird; das quer bereits versteifte Bauwerk wird durch die gewaltigen Zugkräfte auch in Längsrichtung stabilisiert, ähnlich wie beim Tauziehen. Zwischen den einzelnen Hohlkästen mussten Bohrungen für die Stahlseile gesetzt werden – und auch hier waren die älteren Spannglieder nicht da, wo sie sein sollten.

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Die Arbeiten

Maschinen sind unter und vor allem in den Hohlkästen der Brücke nur sehr begrenzt einsetzbar. Die Arbeit findet weitgehend im Verborgenen statt und ist äußerst schweißtreibend: Die Querträger für die Spannglieder etwa, zwischen 250 und 500 Kilo schwer, müssen mit Muskelkraft an Ort und Stelle gehievt werden. Die Hohlkästen sind zwischen 1,50 und 1,60 Meter hoch – hier müssen neue Bewehrungen eingegossen, Kernbohrungen durchgeführt, Stahlteile eingesetzt, per Höchstdruckwasserstrahl Nuten eingefräst werden. Weil die Brücke eine leichte Kurve beschreibt, müssen stählerne Umlenkelemente für das Seil montiert werden. „Alles Handarbeit“, sagt Bauüberwacher Hahn.

Im Inneren der Brückenhohlkästen ist die Arbeit sehr beschwerlich: Bei nur 1,60 Metern Höhe müssen schwere Teile von Hand bewegt werden.
Im Inneren der Brückenhohlkästen ist die Arbeit sehr beschwerlich: Bei nur 1,60 Metern Höhe müssen schwere Teile von Hand bewegt werden. © Hendrik Schulz

Der Zeitplan

Ursprünglich war die Fertigstellung für Mai geplant, jetzt wird es wohl Oktober. „Im November gibt es nochmal eine erneute Sperrung“, sagt Karl-Josef Fischer: Die Brücke führt über Bahngleise, auch dort müssen die Arbeiten durchgeführt werden, um im Gleisbereich bauen zu können, benötigt es mit der Bahn abgestimmte Sperrpausen, was mitunter ziemlich lange dauern kann.

Ist die Verstärkungsmaßnahme 2019 abgeschlossen, ist die Fahrbahn an der Reihe, Straßen NRW bereitet gerade die Ausschreibung vor. Nach dem Winter wird die Asphaltschicht, gewissermaßen das „Dach“ der Brücke, neu gemacht – wie bei einem Haus muss verhindert werden, dass Feuchtigkeit eindringt. „Wasser im Bauwerk können wir nicht gebrauchen“, sagt Fischer. Bis auf den nackten Beton wird der Fahrbahnaufbau entfernt und neu aufgebaut. Dabei werden dann auch die Fahrbahnübergänge und Kanaleinlässe erneuert. Das bedeutet: wieder ein Jahr Vollsperrung. Und dann, nach etwa zwei Jahren Bautätigkeit, die meist im Verborgenen stattgefunden hat, ist die HTS-Brücke für die nächsten Jahrzehnte fertig.

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