Netphen. . Die Netphener Politik ärgert sich über Regelungen von Details. SPD sieht bürgerschaftliches Engagement für den eigenen Ort „kriminalisiert“.
1985 bekam Netphen als erste Kommune im Kreisgebiet einen Landschaftsplan, der Natur- und Landschaftsbestandteile außerhalb der Ortschaften schützt und Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen vorschlägt – übrigens auf eigenen, schon 1977 gestellten Antrag. Die erste Überholung des umstrittenen Plans blieb im Jahr 2004 stecken, zu groß war der Widerspruch aus der betroffenen Kommune. 2017 unternahm der Kreistag einen neuen Anlauf – gezwungenermaßen, weil die EU der Bundesrepublik die Pistole auf die Brust setzt, ihre Flora-Fauna-Habitat-Gebiete endlich unter Naturschutz zu stellen. Nun geht die zweite Version des neu erarbeiteten Werks in die finale Beratungsrunde.
Zu nah am Gewerbegebiet?
Angefreundet haben Netphen und der Landschaftsplan sich immer noch nicht. „Man kann nur den Kopf schütteln“, sagte Rüdiger Bradtka (CDU) im Stadtentwicklungsausschuss, der über die abschließende, 20 Seiten lange Stellungnahme der Stadt beriet.
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Die begrüßt zwar, dass die Fläche der Naturschutzgebiete um insgesamt 40 Hektar zurückgenommen wird, bringt aber erneut nicht berücksichtigte Einwendungen vor: Aus Sicht der Stadt rücken die Naturschutzgebiete zu nahe an die gewerbliche Bebauung heran, das Landschaftsschutzgebiet umfasst weiterhin die Klärwerke und die mögliche Irmgarteichener Ortsumgehung. Baudezernent Erwin Rahrbach berichtete von einem gerade anstehenden Antrag eines Unternehmens, das sich ins Naturschutzgebiet hinein erweitern will: „Ich bin mal gespannt.“
Kritik an „Überbürokratisíerung“
Im Stadtentwicklungsausschuss ging es ums Detail. Dass sich der Landschaftsplan überhaupt mit der Zulässigkeit von Rettungsflügen befasst, erboste Rüdiger Bradtka (CDU): „Auf welchem Stern leben die denn?“ Dass die Standorte von Verkehrsschildern mit der Naturschutzbehörde des Kreises abzustimmen seien, weist die Stadt in ihrer Stellungnahme zurück. Das sei allein Sache der städtischen Straßenverkehrsbehörde: „Gefahrenabwehr geht vor Naturschutz.“
Auf den Wiesen blüht der Löwenzahn
Als offensichtlicher Reinfall erweist sich die Blühwiesen-Offensive der Stadt. „Ich sehe nichts als Disteln, Gräser, Löwenzahn und Klee“, schimpfte Helga Rock (Grüne). Der Hersteller des Samens für die mehrjährigen Pflanzen habe auf das zweite oder dritte Jahr verwiesen, hieß es von der Verwaltung.
„Man sollte einfach den Rasen wachsen lassen“, riet Manfred Heinz (SPD). Die Verwaltung nehme den Ratsbeschluss nicht ernst, sagte dagegen Helga Rock: „Besonders stört mich das Lachen des Bürgermeisters.“
Paul Legge (CDU) forderte, gegen die „Willkür“ des Landschaftsplans zu klagen. Baudezernent Erwin Rahrbach riet, „das vielleicht auf später zu verschieben“ und konkrete Entscheidungen abzuwarten, die mit dem Landschaftsplan begründet werden. Dann werde das Verwaltungsgericht über den Einzelfall urteilen und womöglich dem Oberverwaltungsgericht das gesamte Planwerk vorzulegen.
„Überbürokratisierung“ kritisierte Manfred Heinz (SPD) und verwies auf die vielen ehrenamtlichen Einsätze der Dorfgemeinschaften in Natur und Landschaft rund um ihren Ort herum: „Bürgerschaftliches Engagement würde auf Null gesetzt, wenn wir uns ständig kriminalisiert fühlen müssten.“ Manfred Heinz äußerte sich allerdings auch zuversichtlich, dass die Behörden „niemals in der Lage sein werden, das durchzusetzen“.
Grüne lehnen Stellungnahme ab
Rüdiger Bradtka (CDU) erinnerte an die Hütte für einen Spielplatz, die am Ende aus Haftungsgründen doch nicht aufgestellt werden durfte. „Wir machen Dinge, die wir nicht machen dürfen, und die Menschen sind glücklich, dass wir sie machen“, sagte Bradtka und dachte an die Fridays For Future: „Wir machen dann die Dienstagsproteste.“ Denn dienstags gehen die „Rentnerbands“ auf den Dörfern an die Arbeit.
„Der Landschaftsplan schnürt uns enorm ein“, pflichtete Helmut Buttler (UWG) bei. Nur den Grünen war die Stellungnahme der Stadt zu kritisch, sie lehnten sie mit zwei Gegenstimmen ab. „Naturschutz muss Vorrang haben“, sagte Helga Rock (Grüne). Der Landschaftsplan stelle ein „Minimum“ dar: „Weniger ist kaum noch möglich.“