Siegen. . Andreas Müller ist von Projekt „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“ begeistert . Es verbessert die ländliche Gesundheitsversorgung.

„Hier in Siegen wird heute die digitale Medizin von morgen entwickelt – und das sehr erfolgreich und ganz nah an der Praxis und den Patienten.“ Das ist das Fazit von Landrat Andreas Müller nach einem Besuch im Forschungskolleg „Zukunft menschlich gestalten“ der Universität Siegen (FoKoS). Im Gepäck hatte der Landrat einen Stern. Den überreichte er dem FoKoS nun ganz offiziell, weil das Forschungskolleg mit dem Projekt „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“ die erste Qualifizierungshürde für die Regionale 2025 erfolgreich genommen hat.

„Mit diesem Stern machen wir deutlich, dass hier am FoKoS wichtige Pionierarbeit geleistet wird: Mit digitalen Werkzeugen wird Medizintechnik entwickelt, die sich zum Teil schon kurz vor der Praxisreife befindet und insbesondere den Menschen in ländlichen Regionen wie bei uns in Südwestfalen ganz entscheidend nutzen wird“, sagt der Landrat, „Wenn der Arzt zum Beispiel Heilungsprozesse oder Therapieverläufe online verfolgen kann, dann verbessert das nicht nur die Qualität der Behandlung, sondern erspart zeitaufwendige Besuche in der Praxis.“

Projekte haben Modellcharakter

Hinter dem Regionale-Projektantrag „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“ stehen mehrere Einzelprojekte, die die Professoren Björn Niehaves und Rainer Brück mit weiteren Projektbeteiligten dem Landrat vorstellten.
ConsumAid ist eine Virtual Reality-Ernährungstherapie. Stark übergewichtige Patienten sollen in einer virtuellen Umgebung gesunde Lebensmittel zu sich heranziehen und hoch kalorienreiche von sich wegschieben – sie somit vermeiden. Der Ansatz habe nachweislich schon mit analogen Karten auf einem Tisch oder einem Joystick am PC neurologische Effekte erzielt. In einem virtuellen Raum seien diese vermutlich noch viel stärker, weil die Erlebnistiefe steigt, erwarten die Wissenschaftler.
Bei Tomo2Go werden elektrische Widerstände mit einer Manschette gemessen und ähnlich wie eine Computertomographie ausgewertet. Dabei entsteht in Echtzeit eine Karte der Muskelspannung des entsprechenden Körperteils. So ist zum Beispiel bei einem Bein erkennbar, ob bei einer Prothese die Bewegung in Ordnung ist. Was früher nur aufwendig im künstlichen Umfeld eines Labors ermittelt werden konnte, wird künftig digital in echten ortsunabhängigen Alltagssituationen möglich sein. Neben dem Einsatz in der Reha, kann das Echtzeit-Bildgebungsverfahren auch im Sport- und Fitnessbereich und in der Prophylaxe hilfreich sein.
Bei Conflux geht es um die Behandlung von Reflux-Patienten. Das Reflux-Zentrum Siegerland ist Kooperationspartner des Projekts. Die Patienten stehen mit verschiedenen Ärzten und Einrichtungen in Verbindung. Damit diese über alle relevanten Patienteninformationen verfügen, möchte Conflux ein integriertes Datensystem mit einheitlichen Schnittstellen schaffen. Hierbei handelt es sich um ein Regionale-Projekt, das aus der Arbeit einer studentischen Projektgruppe entstanden ist, betonte Prof. Brück.
Remind möchte Demenzpatienten in ihrem häuslichen Umfeld unterstützen – und zwar mithilfe eines Sprachassistenzsystems. „Es handelt sich um ein ehrgeiziges Projekt mit regionalen und überregionalen Partnern, etwa der Diakonie Südwestfalen und dem Exzellenzcluster Kognitiver Interaktionstechnologie der Universität Bielefeld“, erklärte Prof. Brück. Es geht darum, mithilfe von Assistenzsystemen die Kommunikation der Demenzpatienten auszuwerten, um auf diese Art zum Beispiel automatisch Hilfe anzufordern, wenn es Auffälligkeiten in der Kommunikation gebe.

Dive ist schließlich ein Kooperationsprojekt mit der Immundefektambulanz des Marienkrankenhauses – der zweitgrößten Einrichtung dieser Art in Europa. Entsprechend kommen die Patienten aus ganz Deutschland. Die örtlichen Hausärzte sind für die Versorgung dieser Patienten nicht die primären Spezialisten. Deshalb muss vieles zentral aus Siegen gesteuert werden. Hier kann Telemedizin einen erheblichen Beitrag leisten, indem die Patienten den Ärzten im Marienkrankenhaus Fotos und Videos zur Diagnose in einer digitalen Patientenakte zur Verfügung stellen. Auch die zwingend vorgeschriebene Dokumentation der Medikation kann per App in die digitale Patientenakte einfließen, was zu einer erheblichen Entlastung führt.

„Für mich hat der Besuch gezeigt, wie weit das FoKoS schon bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Instrumente für die Gesundheitsversorgung ist. Siegen-Wittgenstein und Südwestfalen nehmen hier ganz offensichtlich eine Vorreiterrolle ein“, so Landrat Andreas Müller.