Siegen. . Zwei Siegerländer sollen mit 160 km/h über die HTS gebraust sein. Doch die Temposchätzung der Polizei reicht dem Gericht nicht als Beweis aus.

Auf der HTS in Richtung Siegen sind maximal 80 km/h erlaubt. Mindestens doppelt so schnell sollen zwei junge Männer (19, 20) gewesen sein, als sie sich in einer Juninacht des vergangenen Jahres ein illegales Straßenrennen geliefert haben sollen. Deswegen mussten sich die beiden Siegerländer am Montag vor dem Amtsgericht Siegen verantworten.

„Das war eine außergewöhnliche Situation. Ich bin schon lange im Einsatz, aber das war ziemlich heftig“, sagte ein Polizeibeamter (45) im Zeugenstand. In Zivil waren sein Kollege und er in jener Juninacht unterwegs. Sie hatten gerade einen Einsatz beendet, als ihnen auf der Freudenberger Straße zwei Autos desselben alten Modells auffielen. „Einer der beiden Fahrerzeugführer ist dem anderen sehr dicht aufgefahren. Wir haben gemerkt, dass die zusammen gehören. Wir wollten sie weiter beobachten“, berichtete der Polizist. Sein Verdacht schien sich zu bestätigen: An einer Ampel sollen die jungen Männer „Vollgas“ gegeben haben, ehe sie mit quietschenden Reifen auf die HTS-Rampe gebraust seien. Der jüngere Angeklagte hatte eine Mitfahrerin (16). Die Polizei nahm die Verfolgung auf, hielt jedoch Abstand.

Nebeneinander in hohem Tempo

Auf der HTS sollen die beiden Angeklagten auf 160 km/h beschleunigt haben. Das haben die Polizisten festgestellt, als sie auf ihren Tacho geblickt haben, sagten sie. „Hinterher hat sich der Abstand vergrößert, also fuhren sie noch schneller als 160“, so einer der Polizisten. Dabei seien die befreundeten Männer nebeneinander hergefahren. Laut Anklage haben sie immer wieder kurz gebremst und dann beschleunigt. Auf der Strecke sei zum Zeitpunkt sonst niemand gewesen. Nachdem sie die Abfahrt Richtung B 62 Siegen-Weidenau/Netphen nahmen, zogen die Zivilbeamten die Männer schließlich aus dem Verkehr.

Die Beschuldigten sagten zwar aus, aber sie sagten nicht viel. Beide gaben an, zu schnell gefahren zu sein, allerdings maximal 110 km/h. Und ein Rennen habe man sich keineswegs geliefert. „Wollten Sie posen?“, fragte Richterin Dr. Al-Deb’i-Mießner den 19-jährigen Angeklagten. „Nein, dafür gab’s keinen Grund. Wir haben die gleichen Autos. Wir haben nur etwas beschleunigt“, sagte dieser. Auch seine Freundin wollte kein Rennen gesehen haben. „Ich habe während der Fahrt eigentlich nur auf mein Smartphone geguckt“, erklärte sie im Zeugenstand.

Für die Staatsanwaltschaft war die Angelegenheit klar: „Die Angeklagten lieferten sich ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen. Es ging ihnen darum, die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Sie wollten sich zeigen, wer der Schnellere ist“, sagte die Staatsanwältin. 400 Euro Geldbuße und vier Monate Fahrverbot, forderte sie. Die Verteidiger der jungen Männer plädierten hingegen auf Freispruch. Die Aussagen der Polizeibeamten zur Geschwindigkeit der Angeklagten seien reine Spekulation gewesen – eine genaue Messung habe es nicht gegeben. Und von einer Absprache zu einem Rennen könne nicht die Rede sein.

Nur ein „Schaulaufen“

Diese Einschätzung teilte auch Richterin Dr. Al-Deb´i-Mießner – und sprach die Angeklagten frei. „Es war kein Rennen, sondern nur ein Schaulaufen.“ Dafür sprach die Amtsrichterin lediglich eine Ermahnung aus. „Überlegen Sie sich gut, wie Sie im Straßenverkehr fahren. Sonst gefährden Sie nicht nur sich selbst, sondern auch andere.“