Siegen. . Verwaltungsgericht entscheidet, ob Konzessionen für das Linienbündel Mitte zu Recht an die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) vergeben wurden.

Die Auseinandersetzung um das Buslinienbündel Mitte ist entschieden. Nach der mündlichen Verhandlung am Montag hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg ihr Urteil beschlossen. Öffentlich gemacht wird es allerdings erst in einigen Tagen, wenn es den Prozessbeteiligten zugestellt ist. Die Konsequenzen für den Kreis Siegen-Wittgenstein können gravierend sein.

Darum geht es

Im Juni 2017 hat die Bezirksregierung Arnsberg die Konzessionen für 144 Buslinien in Siegen-Wittgenstein und Olpe neu vergeben. Erstmals bekamen die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) den Zuschlag für alle fünf Linienbündel, also auch für das südliche Siegerland, Wittgenstein und Olpe-Nordost, wo bis 2018 der Busverkehr Ruhr-Sieg (BRS) mitbeteiligt war.

Bis 2005 kommunales Unternehmen

Ein lukratives Geschäft ist der Bus-Nahverkehr in Siegen-Wittgenstein nie gewesen. 2005 verkaufte der Kreis — nach einem 2003 gescheiterten Bürgerentscheid — seine Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) an die Stadtwerke Bonn. Die reichten das Unternehmen 2009 an die niederländisch-französische Veolia Transdev weiter.

Seit 2012 ist der Siegener Klaus-Dieter Wern mit seiner gleichnamigen Unternehmensgruppe Eigentümer der VWS.

Neu auf den Plan getreten war der Busverkehr Siegen-Wittgenstein-Olpe (BSO), von dem Burscheider Unternehmen Kraftverkehr Wiedenhoff eigens gegründet, der sich nur um die Mitte-Linien in Siegen, Kreuztal, Hilchenbach, Netphen und Freudenberg beworben hatte. Der BSO klagt gegen die Vergabe an die VWS.

Das sind die Positionen

Verwaltungsgerichts-Vizepräsidentin Annedor Ströcker ließ den Zweckverband Personennahverkehr (ZWS), für den Geschäftsführer Günter Padt nach Arnsberg gekommen war, darlegen, nach welchen Kriterien die Angebote bewertet wurden: Die VWS schnitten um 30 Prozent besser ab als der BSO — das gab den Ausschlag für die Konzessionsvergabe.

Der BSO, vertreten durch Geschäftsführer Ralf Weltersbach, vertrat die Auffassung, dass die VWS eine Konzession für ein Angebot erhalten hätten, das sie selbst so nicht beantragt hätten. Das BSO-Angebot sei besser — zum Beispiel beim Umweltstandard der eingesetzten Busse.

Die VWS, für die Stephan Degen, Leiter der Verkehrswirtschaft, an der Verhandlung teilnahm, wussten Bezirksregierung und ZWS auf ihrer Seite: Mit Nebenbestimmungen, die — bei einer anderen Vergabeentscheidung – auch dem BSO zugute gekommen wären, werden nun die Vorgaben des Nahverkehrsplans eingehalten. Das Angebot der VWS gehe über die Fahrplananforderungen des Nahverkehrsplans hinaus.

So kann das Urteil aussehen

Variante 1: Die Klage von BSO wird abgewiesen. Das wünschen sich die Siegener Beteiligten — denn dann gäbe es tatsächlich die Konzessionen für die nächsten zehn Jahre. Derzeit werden die Linien im Kernraum Siegen nur mit einstweiligen Erlaubnissen betrieben, die längstens für ein halbes Jahr erteilt werden. Die aktuelle Erlaubnis ist bis 15. April befristet. Langfristig planen können die VWS damit nicht. „Das macht’s teuer“, sagt ZWS-Geschäftsführer Günter Padt.

Variante 2: Das Gericht stellt fest, dass die den VWS erteilten Konzessionen rechtswidrig sind, weil Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes nicht eingehalten wurden — unabhängig davon, ob es dem Mitbewerber aus dem Bergischen Recht gibt oder nicht. Das wäre, nicht nur für die VWS, der schlimmste Fall.

Das wären die Konsequenzen

Wenn die Konzessionen für das Linienbündel Mitte keinen Bestand haben, fällt das Verfahren auf den Stand von 2016 zurück. „Es liegt dann kein eigenwirtschaftlicher Antrag mehr vor“, erklärt Günter Padt. Soll heißen: Es gibt niemanden mehr, dem die Bezirksregierung die Konzessionen geben dürfte, damit der auf eigene Rechnung Busse durch die Städte schickt.

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Das Szenario, das dann akut wird, wurde dem Kreistag schon 2015 vorgelegt: Das Linienbündel wird EU-weit ausgeschrieben, der günstigste Bieter bekommt den Zuschlag. Über Wasser gehalten wird der Nahverkehr in der Zwischenzeit, wie jetzt schon der Nachtbus, mit Notvergaben. Am Ende werden weder VWS noch andere regionale Mitbewerber im Spiel bleiben, fürchtet Padt: „Da treten dann ganz andere Player auf.“ Die dann nicht mehr „eigenwirtschaftlich“ fahren. Günter Padt wagt eine Rechnung: „Das würde beide Kreise einen neunstelligen Betrag kosten.“ 140 Millionen Euro in zehn Jahren, 14 in einem Jahr, wohl um die 10 für Siegen-Wittgenstein.