Siegen. . „Neue Saiten“ heißt das Programm, mit dem Herman van Veen und seine Musiker in Siegen auftreten. Mit 74 denkt er noch lange nicht ans Aufhören.
Was soll man an Hermannus Jantinus van Veen am meisten bewundern. Seine instrumentale Vielsaitigkeit? Er spielt an diesem Abend in der Siegerlandhalle neben Gitarre, Geige, Klavier auch noch Bluesharp, Schlagzeug, Cajón und ein nicht definierbares Blasinstrument, eine klangliche Kombination aus Posaune und Trompete. Seine Stimme? Ein warmer Bariton, oft melancholisch gefärbt und mit überraschenden Ausflügen in die Welt des Rock’n’Roll, der Folk Musik und sogar der Oper. Oder dass er sowohl mit seinen Moderationen als auch mit Tanzeinlagen immer wieder in die Rolle eines Clowns schlüpft? Einer deutlich jüngeren Dame im Publikum bleibt nach dem gut zweieinhalbstündigen Konzert nur der Seufzer: „Wenn ich doch mit fast 75 noch so beweglich wäre wie der.“
„Neue Saiten“ nennt Herman van Veen sein aktuelles Programm. Eine Mischung aus bekannten, aber auch vertrauten Titeln, die viele der eingefleischten Fans schon beim ersten Takt erkennen und beklatschen. Wie „Unten am Deich“, die Liebeserklärung an seine Heimat (er wurde in Utrecht geboren und lebt auch heute noch dort) und seine Eltern: „Ich fühl die Wärme deiner Hand in unserem kleinen Königreich. Wär mein Vater hier dabei. Er würd uns seinen Segen geben.“
Unvergleichlich komisch
Unvergleichlich wird Herman van Veen, der seit 54 Jahren auf der Bühne steht und in dieser Zeit 180 Alben und 25 DVDs produziert sowie 60 Bücher geschrieben hat, jedoch für seine Ausflüge in die Komik. Etwa die Persiflage eines in die Jahre gekommenen Konzertpianisten. Immer tiefer sinkt van Veens Gesicht auf die Tastatur. Fast scheint er in sie hineinbeißen zu wollen. Am Ende hat er ob all seiner Verbiegungen einen Bandscheibenvorfall. Ob er dabei einen bestimmten Pianisten im Hinterkopf hat? Der exzentrische Glenn Gould könnte gemeint sein. Allem die Krone auf setzt Herman van Veen, als er eine halbtote Sopranistin auf der Opernbühne darstellt und dann das unvermeidliche Duett mit dem Tenor persifliert. „Er hat sie erstochen“, geht in eine Endlosschleife und er konstatiert: „Wie schön könnte Oper sein, wenn es keine Sänger gäbe.“
Herman van Veen umgibt sich mit Musikern, die mit ihm auf Augenhöhe agieren: In Siegen sind es die Gitarristin Edith Leerkes, die Violinistin Jannemien Cnossen und Wieke Garcia, die sowohl als Harfenistin wie auch an verschiedenen Percussions-Instrumenten glänzt. Und alle sind auch gesanglich ein Ohrenschmaus, ob im Duett, Terzett oder als Partnerinnen des Meisters, der ihnen aber auch viele Möglichkeiten gibt, solistisch zu glänzen. Und Kees Dikstra als Bassist stellt das genaue Gegenteil van Veens dar: Völlig cool legt er den Klang- und Rhythmusteppich, den das einzigartige Ensemble benötigt. „Freiheit ist ein schöner Ort“, singt er am Ende des langen Programms und lässt noch einmal hören, welch wahrer Menschenfreund er ist. „Aufhören wäre tödlich für mich“, hat er vor einiger Zeit gesagt. Die Siegener können also hoffen, Herman van Veen irgendwann wiederzusehen.
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