Siegen-Wittgenstein. . Klimaschutz-Themen in der Kommunalpolitik: Die jungen Freitags-Demonstranten wären über die Ergebnisse enttäuscht. Zwei Beispiele aus Siegen.
Auch in Siegen haben am Freitag wieder junge Menschen für ihre Zukunft demonstriert. Fragen des Klimaschutzes stehen auf den Tagesordnungen der kommunalen Gremien – die Antworten dürften auch die jugendlichen Demonstrierenden kaum zufriedenstellen. Zwei Beispiele aus der letzten Sitzung des Kreistags:
E-Mobiltät
E-Autos können mit Strom aus der Batterie betrieben werden. Oder mit Brennstoffzellen, die Wasserstoff in Strom umwandeln. Die FDP-Kreistagsfraktion hat jetzt noch einmal nachgefragt, wie dieser Energieträger in der Klimaschutz- und Mobilitätspolitik des Kreises berücksichtigt wird. Konkret hatte die FDP nach Wasserstoffbussen gefragt. Die Antwort ist – aus Sicht der Befürworter der Brennstoffzellentechnik – ernüchternd.
Das Thema hat keinen Vorrang. In ihrer Antwort stellt die Kreisverwaltung fest, dass „der ÖPNV in erster Linie Teil der Lösung von Herausforderungen des Klimaschutzes ist und nicht Teil des Problems“. Handlungsbedarf bestehe beim motorisierten Individualverkehr, der mit 77 Prozent der Treibhausgas-Emissionen einen überdurchschnittlichen Anteil habe. Ziel müsse die Verlagerung zum Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr sein. „Die Frage, ob die Fahrzeuge im ÖPNV mit effizienten Dieselmotoren, batteriebetriebenen Elektromotoren oder auf der Basis von Brennstoffzellentechnik angetrieben werden, ist gegenüber dem Klimaeffekt der eigentlichen Verkehrsverlagerung von deutlich nachrangiger Relevanz.“
(Batterie-)Strom ist grün – zumindest der, mit dem der Kreis seine Dienstfahrzeuge bewegt. Der von den kreiseigenen Photovoltaikanlagen erzeugte Strom würde ausreichen, um 165 elektrisch angetriebene Dienstwagen (Jahresleistung: 20.000 Kilometer) zu versorgen. Wasserstoff hingegen könne auch grau sein – wenn er aus Methan und damit aus fossilen Energieträgern gewonnen werde.
Nicht erreicht wird das von Bund und EU vorgegebene Ziel, die Kohlendioxid-Erzeugung bis 2050 von 12 auf zwei Tonnen pro Einwohner zu verringern – zumindest nicht mit den Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität im Mobilitätskonzept des Kreises. Die Verwaltung verweist auf das vom Solar-Institut Jülich errechnete Szenario. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten 27 Prozent des Verkehrs zu Fuß, 35 Prozent mit dem Fahrrad, 26 Prozent mit dem öffentlichen Nahverkehr und nur noch 12 Prozent im motorisierten Individualverkehr zurückgelegt werden.
Der Kreis kann den Einsatz von Wasserstoffbussen nicht erzwingen – es sei denn, der Nahverkehr wird wieder einem kommunalen Unternehmen übertragen oder gemeinwirtschaftlich organisiert, das heißt: Die Kosten werden nicht allein durch Fahrpreiseinnahmen gedeckt, sondern durch Zuschüsse aus den kommunalen Haushalten. Die Verwaltung weist darauf hin, dass in Köln, Stuttgart und Wuppertal zwar positive Erfahrungen mit Wasserstoffbussen gemacht wurden, Hamburg aber aus dieser Technik wieder ausgestiegen sei. „Darüber hinaus ist die Verfügbarkeit einer angemessenen Tankstelleninfrastruktur für ein Busunternehmen von entscheidender Bedeutung.“ In einer Mitteilung im Februar hatte die Verwaltung die Kosten für eine Tankanlage auf dem Betriebsgelände der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) mit 1,5 Millionen Euro angegeben.
Radwege
„Zeitnah“ werde die Kreisverwaltung den Auftrag für ein Radverkehrskonzept vergeben. Das hat Umweltdezernent Arno Wied im Kreistag auf eine Anfrage der Grünen geantwortet. Der Verkehrsausschuss hatte zuletzt den wiederholten Antrag aus Grund vertagt, die K 31 zwischen Grund und Vormwald (Zollposten) mit einem Radweg zu versehen – unter anderem auch mit Hinweis auf das ausstehende Konzept. Tatsächlich wurden zwischen 2014 und 2018 33,45 Kilometer Kreisstraßen saniert und ausgebaut, ohne dass dabei ein einziger Radweg neu entstanden wäre.
Strategiekreis für alternative Energien
Der Kreistag hat einen „Strategiekreis“ gebildet, der sich mit alternativer Energiegewinnung befasst. Ihm gehören Vertreter der Fraktionen, der Verwaltung und Ausschussvorsitzende an. Beschlossen hatte der Kreistag bereits Untersuchungen, auf welchen kreiseigenen Flächen Photovoltaikanlagen betrieben werden können.
„Eine einfache Umsetzung einer Radwegeanlage wäre in nahezu allen Fällen ohne Weiteres nicht möglich.“ Benötigt werde immerhin ein vier Meter breiter Streifen neben der Fahrbahn. Der sei meist nicht im Eigentum des Kreises, ein Wegebau sei auch topografisch nicht einfach: Damit „würden sich alle Straßensanierungen mindestens um mehrere Jahre verzögern beziehungsweise müssten wegen nicht erfolgreichem Grunderwerb entfallen“. Radwege aus dem künftigen Radverkehrskonzept sollen – unabhängig von der Straßensanierung – als eigenständige Maßnahmen in die Bauprogramme aufgenommen werden.
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