Siegen. . Elternverein macht Betreuungsangebote an der Hammerhütter Schule. Das Konto ist leer. Der Verein: Die Stadt zahlt zu wenig — und zu spät.

Matthias Seibel kommt von der Sparkasse. „Das Konto ist jetzt auf Null.“ Und nicht mehr in den roten Zahlen. Dank einer Überweisung von der Stadtkasse konnte der Elternverein der Hammerhütter Grundschule den acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Betreuungsangebote „Acht bis eins“ und „13 Plus“ ausstehende Löhne überweisen. Und sogar schon das halbe Märzgehalt. Die Pleite hat der Vereinsvorsitzende wieder einmal abgewendet. Erleichtert ist er nicht. „Wir haben Probleme ohne Ende.“

Das Problem

Es geht um Geld, und es ist kompliziert. So kompliziert, wie das Betreuungssystem an Grundschulen finanziert wird — und im Fall der Schule auf dem Fischbacherberg noch ein bisschen komplizierter: Elternbeiträge fließen an die Stadt, die das Geld sowie einen Landeszuschuss an den Träger der Betreuung weiterleitet, der damit den Betrieb finanziert.

Abgerechnet wird nach Schuljahresende, vorher gibt es Abschlagszahlungen. Zu spät, zu wenig, sagt Matthias Seibel, der auf zurückliegende Zeiten verweist, als der Elternverein noch selbst für seine Finanzierung durch Elternbeiträge sorgen konnte: „Wenn wir die Summen hätten, hätten wir überhaupt kein Problem mehr.“ Seibel rechnet nach und ringt um jeden Teilbetrag: „Keiner der Träger kann das nachvollziehen.“ Aus Rücklagen vorfinanzieren kann der Verein nichts: Er ist Opfer einer Veruntreuung geworden. Von den 143.000 Euro stehen noch zehn Prozent als Erinnerungsposten in den Büchern, der Rest ist abgeschrieben.


Das sagt die Stadt: Die Stadt rechnet richtig — nur das, was unter dem Strich dem Verein zugewiesen wird, ist zu wenig für dessen Kosten. Dass das Budget so unmittelbar mit den Einnahmen verknüpft ist, hält auch Sozialdezernent André Schmidt für reformbedürftig. Der Verein verweist auf viele Kinder mit besonderem Förderbedarf, der hohen Personaleinsatz erfordert. „Wir haben die Kosten schon bis aufs Limit gesenkt“, sagt Matthias Seibel, „weniger geht nicht."

Die Lösung

Offener Ganztag statt 13 Plus: Die verbindlichere Form der Betreuung wird vom Land besser finanziert. „Wir hätten das liebend gern gemacht“, sagt Matthias Seibel – und dann in Trägerschaft der Stadt, mit deren Jugendtreff die Hammerhütter Schule bereits kooperiert. Der Schulausschuss hat dem Vorhaben im Oktober einen Strich durch die Rechnung gemacht: Offener Ganztag müsse ausgeschrieben werden. „Die Ausschreibung hätte der Elternverein nicht gewonnen“, sagt Matthias Seibel, „die Eltern haben aber ganz gezielt unser Betreuungsangebot gewählt.“ Die drei „Jugendtreff“-Schulen, neben der Hammerhütter die Glück-Auf- und die Friedrich-Flender-Schule, haben daraufhin ihre Umwandlungswünsche in Richtung OGS zurückgestellt, bestätigt Schuldezernent André Schmidt.

Beitragserlass  verursacht Defizit

100.000 Euro haben den Trägern von „Acht bis Eins“ und „13 Plus“ nach dem Ende des Schuljahres 2017/18 gefehlt. Erstmals griff auch hier der in der OGS übliche Beitragserlass für Eltern mit weniger als 30.000 Euro Jahreseinkommen und für Geschwisterkinder. Im Juli 2018 beschloss der Rat den vollständigen Ausgleich dieses Defizits.

Es gibt Alternativen: Auf dem Lindenberg, an der Montessori-Grundschule, bindet der OGS-Träger den Jugendtreff im gleichen Haus mit ein. In Weidenau teilen sich zwei Akteure die Arbeit. Der Verein für soziale Arbeit, stadtweit einziger OGS-Träger neben den Elternvereinen, macht „Von acht bis eins“ an der Friedrich-Flender-Schule, der Jugendtreff übernimmt „13 Plus“.

Das sagt die Stadt: „Die Betreuung an Schulen hat ein Ausmaß angenommen, dass ehrenamtliche Strukturen damit überfordert sind“, sagt André Schmidt. Was nicht ausschließt, dass sie den Job trotzdem gut ausfüllen – an der Nordschule managt ein Elternverein sogar die ganze OGS. „Die Vereine sind die einzigen“, so Schmidt, „die noch eine gewisse Vielfalt aufrecht erhalten.“ Solange sie es (sich) leisten können.