Kreuztal. . Linda Donalies ist neue Leiterin der Stadtbibliothek Kreuztal. Ihr Ziel: Noch mehr Bürgerinnen und Bürger für das Angebot gewinnen.

Nach 22 Jahren hat die Stadtbibliothek Kreuztal eine neue Leitung: Die 32-jährige Linda Donalies hat zu Beginn des Jahres die Nachfolge von Kirstin Krässel angetreten. Wie die ersten Monate gelaufen sind, was sich in der Bibliothek schon geändert hat und wie Linda Donalies frischen Wind in die Stadtbibliothek bringen will, erzählt sie im Gespräch mit Jennifer Wirth.

Sie sind in Ferndorf aufgewachsen und dann ausgeflogen, bevor Sie 2017 wieder in Kreuztal gelandet sind. Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?

Linda Donalies: Ich bin für mein Studium nach Stuttgart gegangen und habe Bibliotheks- und Informationsmanagement studiert. Dann bin ich nach Reutlingen zur ekz.bibliotheksservice GmbH, das ist die Einkaufszentrale für Bibliotheken. Da war ich sechs Jahre und bin dann zurückgekommen.

Warum?

Ich wollte wieder in die Heimat und zu meiner Familie.

Einkaufszentrale klingt spannend. Was genau macht man dort?

Die EKZ ist von den Bundesländern gegründet worden, damit es einen Ort gibt, der Bibliotheken spezialisiert beliefern kann. Sie machen alles – von Fortbildungen bis zu TÜV-geprüften Möbeln für Bibliotheken. Die stehen übrigens auch hier: Die Bibliothek Kreuztal wurde von der EKZ eingerichtet. Ich war dort im Vertrieb tätig und bin in Bibliotheken in ganz Deutschland gewesen.

Da haben Sie einiges gesehen.

Ja, deshalb ist es auch spannend, vom großen Überblick jetzt in die direkte Arbeit einzusteigen.

Gibt es etwas, das Sie gerne in Kreuztal implementieren würden?

Ich denke, man kann immer etwas besser machen. Aber in Kreuztal sind die hellen Räumlichkeiten wunderschön. Und es ist toll, dass es keinen Bürgermeister gibt, der hinter mir steht und bei jeder Buchauswahl den Finger hebt. Und auch was die finanzielle Ausstattung angeht, ist Kreuztal so, dass man den Bestand aktuell halten kann und auch neue Medienformate anschaffen kann, wie Tonies oder Graphic Novels – das würde ich gerne weiter ausbauen.

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Graphic Novels? Was ist das?

Das sind Comics für Erwachsene, die Themen reichen von persönlichen Lebensgeschichten, über Fantasy bis hin zum Klimawandel. Da werden viele geschichtliche Aspekte aufgearbeitet, wie das Tagebuch der Anne Frank oder Einsätze in Afghanistan. Dadurch bekommen Schüler vielleicht auch einen anderen Zugang dazu. Ich denke, dass ist eine gute Möglichkeit für Leute, die sich nicht direkt ein Buch nehmen wollen, einen leichteren Zugang zum Lesen zu finden. Es gibt ja auch Bücher, die etwas kürzer sind und in einfacher Sprache: Die haben wir direkt daneben gestellt.

Die Platzierung ist also wichtig.

Ja. Wir haben die Comic und Graphic Novels runtergeholt und neue Ausstellungsflächen geschaffen. Das Schönste ist eigentlich, wenn Leute vorne stehen und sagen: „Das wollte ich eigentlich gar nicht mitnehmen“ – und es dann doch tun. Wir haben bei den Krimis auch angefangen, Themen zusammenzustellen, als Anregung für die Leser.

Gibt es dabei Tricks?

Ich möchte mehr frontal präsentieren. Ein Buchrücken ist weniger ansprechend als ein schönes Cover.

Welches Ziel haben Sie und worauf freuen Sie sich besonders?

Ich möchte Menschen für Literatur begeistern. Es soll ein Ort sein, wo Menschen sich wohlfühlen. Ich freue mich darauf, dass es voller wird. Zehn Prozent der Kreuztaler sind aktive Nutzer. Ich hätte gerne 15 Prozent – das sind 1000 mehr.

Und wie soll das klappen?

Ich denke, direkte Ansprache ist dabei sehr wichtig. Das bedeutet auch zu gucken, was gibt es hier für Gruppen und wen kann man einladen. Man muss auch ein Gespür für Themen entwickeln. Auch strategische Zusammenarbeit mit Institutionen ist wichtig. Wir haben bereits Kontakt zu allen Kindergärten aufgenommen, haben sie besucht und gesagt, was wir anbieten. Das wollen wir auch mit den Grundschulen und den weiterführenden Schulen machen. Danach sollen weitere Gruppen folgen.

Was gibt es sonst so Neues?

Wir haben eine Sonntagsaktion eingeführt. Jeden ersten Sonntag im Monat machen wir eine Familienaktion. Nächstes Mal wollen wir Experimente machen. Auch neue Veranstaltungen sind geplant.

Was läuft denn gut und was überhaupt nicht?

Die Mittagspause wurde nicht gut angenommen. Das lassen wir jetzt. Und auch Lesungen sind teilweise schwierig. Andere Veranstaltungen laufen gut: Den Escaperoom wollen wir jetzt regelmäßig veranstalten. Ich möchte eine Werbestrategie überlegen. Ich würde auch gerne mehr zu bestimmten Tagen machen und politische Themen aufgreifen.

Ist es schwierig Menschen für ein echtes Buch zu begeistern?

Nein, das glaube ich nicht. Die Zahlen sind zwar bei physischen Ausleihen minimal rückläufig, und bei der Onleihe steigen sie. Ich glaube aber, dass es daran liegt, dass die Akzeptanz für das Online-Lesen steigt. Es ist für bestimmte Sachen ganz praktisch – zum Beispiel für Vielleser und im Urlaub. Man muss es ausprobieren.

Ihre Vorgängerin Kirstin Krässel hat den Job 22 Jahre lange gemacht. Wie fühlt es sich an, in ihre Fußstapfen zu treten?

Das sind große Fußstapfen, auf jeden Fall. Da hat man Respekt vor. Aber es erwartet auch niemand von mir, dass ich es von Anfang an so mache wie sie. Davon habe ich mich freigemacht. Es ist ein komplett neues Arbeitsfeld für mich und ich habe einen anderen Blickwinkel. Ich habe ein tolles Team und tolle Vorgesetzte.

Jeder hat ja auch seinen eigenen Stil. Was verbinden Sie mit der Kreuztaler Bibliothek?

Ich bin Nutzerin von Anfang an. Eine Kollegin kennt mich noch mit Papa an der Hand. Ich habe schon in der Gelben Villa immer geliehen. Es ist meine Heimatbibliothek. Es ist ein Ort, den ich mit ganz vielen positiven Leseerlebnissen verbinde. Jetzt komme ich mit meinen Kindern her.

Was machen Sie eigentlich den ganzen Tag auf der Arbeit?

Ich bin für den Bestandsaufbau, die Mitarbeiterbetreuung und Veranstaltungen zuständig. Ich versuche, dass wir jede Woche neue Sachen bekommen. Wir müssen auch ab und zu ausmisten.

Fällt das schwer?

Manchmal schon. Es gibt Bücher, die ich aus meiner Hochlesezeit kenne und mir denke, wieso laufen die jetzt nicht?! Aber sie sind zehn oder 15 Jahre alt und es gibt auch Autoren und Thematiken, die nicht angenommen werden.

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