Siegen. . Sechs Sängerinnen und Sänger aus Finnland bescheren dem Siegener Publikum eine musikalische Sternstunde.

Siegerländer A-cappella-Herz, was willst du mehr? Im Januar die schwedischen Pop-Akrobaten von „Real Group“ im Apollo, im Februar das amerikanische Ensemble „Chanticleer“, das Orchester aus Stimmen in der Haardter Kirche und nun die finnischen Klangzauberer von „Rajaton“ im Rahmen der Reihe „Apollo Vokal“.

Einfach und genial

Die drei Damen und dreí Herren aus Helsinki machen ihrem Namen alle Ehre. Denn „Rajaton“ heißt ins Deutsche übersetzt „Grenzenlos — und treffender lässt sich ihr Konzert im fast vollen Apollo-Theater nicht beschreiben. Ihr Konzept ist ebenso einfach wie genial: Über einem dicken, flauschigen Bass-Teppich entschweben die sie mal im Ensemble, mal solistisch in alle Sphären des Wohlfühlklangs. Wobei sie ganz grenzenlos immer wieder Harmonien einstreuen, über die selbst Musikkenner im Theatersaal nur staunen können.

Sie beginnen mit finnischen Volksliedern, die die Schönheit ihrer Heimat beschreiben: Wind, Sonne, Tiere – und natürlich das ganze menschliche Gefühlsspektrum von Liebe, Sehnsucht und Melancholie. Bei aller Virtuosität immer durchsichtig und sogar nachsingbar. Vieles aus eigener Feder, manches aber auch von befreundeten Komponisten für Rajaton geschrieben oder arrangiert. So wie die beiden Beatles-Titel „Eleanor Rigby“ und „We can work it out“, bei denen sie den eingängigen Melodien eine satte Portion eigener virtuoser Verzierungen hinzufügen.

Show ist nicht ihre Kernkompetenz. Rajaton bietet keine spektakuläre Choreografie. Und das ist auch gut so: Denn das Publikum wird so nicht wie bei manchem Ensemble durch überflüssigen „We can dance“-Schnickschnack abgelenkt und kann sich so auf die Gesangskunst der Akteure konzentrieren. Auch akustische Effekte wie die allzu oft strapazierte Loop-Technik haben sie nicht nötig. Dann und wann etwas Hall genügt. Mehr würde auch den Klangzauber sensibler Arrangements zerstören, etwa die klangstarke Sting-Ballade „I was brought to my senses“.

Einmal wird es auch schnell. Sehr schnell. Bei einer finnischen Polka, bei der der Rhythmus ein aberwitziges Tempo aufnimmt. Rajaton lässt sich nicht stoppen: Die Queen-Hits „Don’t stop me now“ und „Under pressure“ geben dem Konzert eine rockige Schärfe, die sicherlich auch Freddie Mercury gefallen hätte. Ein Sonderlob geht dabei ans Publikum. Die Zuhörer verkneifen es sich, in den komplizierten Schnips- und Klatschrhythmus auf der Bühne einzusteigen, um danach dann umso emotionaler zu explodieren.

Kinderlied als Zugabe

Bei einem klugen Programmaufbau können Zugaben ganz am Ende eines Konzerts noch einmal ganz Neues bieten. So wie Rajaton mit ihrer mit viel musikalischem Slapstick angereicherten Version eines finnischen Kinderlieds, dem musikalischen Dialog zwischen einem Eichhörnchen und einem Kaninchen.

Da swingt es mächtig, gibt es perfekten Scat-Gesang und Improvisationen. Eine Session, die jedem Jazzclub zur Ehre gereicht hätte. Um dann als Schlusspunkt mit „Butterfly“ jenes von Rajaton-Fans heiß ersehnte Lied zu setzen, das sie vor Jahren auch in Deutschland bekannt gemacht hatte. Weitere Zugaben-Wünsche haben die Besucher im Saal nicht. Sie wissen, dass sie auch so eine Sternstunde der A-cappella-Kunst erlebt haben.

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