Burbach/Siegen. Ehemaliger Wachmann der Burbacher Asylunterkunft wurde wegen mangelnder Beweise freigesprochen. Sozialbetreuerin habe von Taten nichts gewusst.
. Im Verfahren rund um die Burbacher Asylunterkunft hat es am Mittwoch, 13. März 2019, den ersten Freispruch gegeben. Der 29-jährige ehemalige Wachmann H. war in zwei Fällen der Körperverletzung angeklagt, einmal in Tateinheit mit Freiheitsberaubung. Der Belastungszeuge ist untergetaucht, andere Beweise oder Aussagen gibt es nicht. Auf diese Akten- und Beweislage lasse sich keine Verurteilung stützen, „das geht einfach nicht“, begründet die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach das Urteil, das den einmütigen Anträgen von Anklage und Verteidigung folgt. Der junge Mann schlägt die Hände vor den Mund, atmet erleichtert tief durch.
H. hatte am 13. Februar 2019 ausgesagt und alle Vorwürfe zurückgewiesen. Der damalige Student war als Teilzeitkraft ohne jede berufliche Vorerfahrung als Wachmann eingestellt worden und arbeitete ab dem 1. August 2014 acht Wochen für eines der Subunternehmen. Dass ihn ein Bewohner beschuldigt hatte, an zwei Tagen im August und September 2014 „Mitglied der Schlägertruppe“ gewesen zu sein, die den Mann verletzt haben sollte, müsse ein Irrtum sein, hatte H. in seiner Einlassung versichert. Er sei gar nicht im Dienst gewesen. Das entspricht allen Dienstplänen und Abrechnungsunterlagen.
Allerdings war H. vom Zeugen in einer Wahllichtbildmappe erkannt worden. H.s Erklärung: Er sehe einem Kollegen sehr ähnlich, dessen Verfahren bereits abgetrennt ist und der einen ‚gewissen Ruf’ als Gewalttäter gehabt habe. Dieser hatte sich zwischenzeitlich gegenüber der Staatsanwaltschaft auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Das mutmaßliche Opfer sei nicht auffindbar, habe das Land vermutlich verlassen, lässt Oberstaatsanwalt Christian Kuhli auf Nachfrage der Vorsitzenden wissen und beantragt den Freispruch. „Das zeigt doch, dass der Rechtsstaat funktioniert“, kommentiert er den Vorgang später. Die Aussagen des Zeugen hätten einen Verdacht und eine Anklage begründet, „das Ergebnis findet sich aber erst in der Hauptverhandlung“.
Nachdem außerhalb dieser einer der beiden Befangenheitsanträge der Vorwoche abgelehnt und der zweite für unzuverlässig befunden wurde, kann die Kammer das Verfahren am Morgen ganz normal fortsetzen.
Beschlüsse nur von Zentrale
Vor dem schnellen Urteil am Mittag gegen H. wird zunächst noch die Einlassung der Sozialbetreuerin S. entgegengenommen. Der 42-Jährigen werden insgesamt 43 Fälle der Freiheitsberaubung und Nötigung vorgeworfen, was sie durch einen ihrer Anwälte aber entschieden verneinen lässt. Vor allem sei sie niemals, wie behauptet, die Stellvertreterin des Einrichtungsleiters gewesen, habe keinerlei Entscheidungsbefugnisse gehabt. In Abwesenheit des Leiters seien die Beschlüsse immer direkt in der Essener Zentrale gefallen.
An verfängliche Äußerungen aus zwei Sitzungsprotokollen, die ihr unter anderem zuschreiben, Strafen und sogar negative Folgen für das Asylverfahren bei Rauchverstößen begrüßt zu haben, will sie keine Erinnerungen haben. Das sei aus ihrer Sicht aber unangemessen und geradezu unmenschlich gewesen, das hätte sie nie unterstützt.
Nächste Woche pausiert das Verfahren
Nach der Pause sind zwei Tage für eine Zeugenaussage des Einrichtungsleiters vorgesehen.
Der Antrag, das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten zu trennen, der eine dringende Reha-Maßnahme durch seine wöchentliche Teilnahme gefährdet sieht, wird von der Kammer abgelehnt. Es wäre eine doppelte Beweisaufnahme.
Von den Straftaten im Problemzimmer habe die Mandantin nichts gewusst, trägt der Anwalt vor. S. sei davon ausgegangen, dass dort Menschen bei Krankheiten in Quarantäne gehalten wurden, auch sei es ihr als Ausnüchterungsraum ein Begriff gewesen.
Es habe viele Probleme in der Einrichtung gegeben. Als Beispiel beschreibt der Verteidiger ein Erlebnis, das sich während einer Windpockenquarantäne zugetragen habe. Eine koptische Christin habe wegen einer Bemerkung zu einer Muslima getötet werden sollen. S. habe die ganze Familie dann trotz der Sperrung mithilfe einiger Wachleute aus der Einrichtung geschmuggelt und sogar eine Nacht bei sich aufgenommen. Die ersten Medienberichte über die Übergriffe hätten sie sehr schockiert. Noch mehr aber die Vorwürfe gegen sie selbst.
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