Eiserfeld. . Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft gibt nicht nur Schwimmunterricht: Ihre Taucher werden gerufen, wenn die Feuerwehr nicht weiterkommt.
Das Hallenbad in Eiserfeld ist gut besucht. Aber nicht alle Badegäste sind zum Vergnügen hier: Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Person von Volker Schmeck und Marco Stolz gibt Schwimmunterricht: Anfänger und Fortgeschrittene tummeln sich im Becken. Volker Schmeck ist Taucheinsatzführer der gemeinnützigen Wasserrettungs- und Nothilfeorganisation DLRG. Marco Stolz ist Ausbildungsleiter bei der DLRG und für die Technik des Tauchertrupps verantwortlich, zu dem sie beide gehören. Zusammen mit weiteren Ortsgruppen aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein stellt die DLRG Eiserfeld einen Trupp für den Katastrophenfall. Zu den Aufgaben der Mitglieder zählt eben nicht nur das Tauchen, sondern auch das Ausbilden von neuen Mitgliedern und Nichtschwimmern.
Die Aufgaben
„Die Hauptaufgabe der DLRG ist die Schwimmausbildung von klein auf“, sagt Winfried Herbig, Bezirksleiter der DLRG in Siegen-Wittgenstein. Jede der acht Ortsgruppen im Kreisgebiet gehe dieser Aufgabe nach. Problematisch dabei sei die sinkende Anzahl an Bädern: Darunter leide besonders der Ausbildungsplan der Schulen in Sachen Schwimmen, so Herbig. Zwar sei die Zahl an Neuanmeldungen für den Schwimmunterricht bei der DLRG gleich geblieben, jedoch „hat das Können nachgelassen und wir müssen viel nacharbeiten“, sagt der Bezirksleiter.
Und auch Erwachsenen bringt die DLRG Schwimmen bei: „In Freudenberg gab es einen Herrn, der mit 74 Jahren noch Schwimmunterricht bei uns hatte“, erinnert sich der Bezirksleiter.
Doch die DLRG übernimmt nicht nur Ausbildungsaufgaben: Auch das Sanitätswesen und der Wachdienst in Freibädern, an Gewässern oder sogar am Meer werden von der ehrenamtlichen Organisation übernommen. „In der Sommersaison fahren wir mit unseren Mitgliedern an die Ostsee nach Sellin“, sagt Winfried Herbig. Dort übernehmen die Siegen-Wittgensteiner für drei Wochen die Küstenwache. Bereit steht die DLRG auch im Katastrophenfall und zur Unterstützung der Feuerwehr, wenn die bei Einsätzen in und an Gewässern nicht mehr weiterkommt.
Der Tauchertrupp
Volker Schmeck ist seit 36 Jahren bei der DLRG. 1984 machte er seinen Tauchschein. „Im Prinzip habe ich mich dann immer weitergebildet.“ Lehrgänge und Seminare, wie Nacht- und Strömungstauchen oder Kompassübungen seien sogenannte Brevets des Tauchscheins. „Erst wenn man die gemacht hat, kann man sozusagen die nächste Stufe erreichen“, sagt Schmeck, der nun Taucheinsatzführer bei der DLRG Siegen-Wittgenstein ist.
Die gemeinnützige Wasserrettungsorganisation
Die DLRG wurde am 19. Oktober 1913 nach einem Unglück in Binz auf Rügen, bei dem ein Steg einstürzte und 16 Menschen ertranken, in Leipzig gegründet.
Die rund 550.000 Mitglieder in über 2000 regionalen Ortsgruppen machen die DLRG zur größten freiwilligen Wasserrettungsorganisation der Welt.
Insgesamt gehören dem Tauchertrupp im Kreis ungefähr 35 Personen an. Jeweils drei davon erscheinen zu einem Einsatz vor Ort: „Das sind der Taucher, ein Reservetaucher und ein Signalmann, auch Leinenführer genannt“, erklärt Volker Schmeck. Letzterer sei dafür da, den Taucher mit einer Leine, die am Körper befestigt wird, durch das oft trübe Wasser zu führen. Das wird regelmäßig geübt, denn „wenn es zu einem Einsatz kommt, muss wirklich jeder Handgriff sitzen.“ Rettungstaucher zu sein bedeute, auch im Team arbeiten zu können: „Unser oberstes Gebot lautet: ,Tauche nie allein’“.
Der Einsatz
Wenn die Unterstützung des Tauchertrupps benötigt wird, alarmiert ihn die Feuerwehr über Melder, die am Gürtel getragen werden können – quasi Dienst auf Abruf. „Der Taucheinsatzführer alarmiert dann die weitere Mitglieder und wir treffen uns an unserem Fahrzeug“, erklärt der technische Leiter Marco Stolz. Den Wagen bestücken die Einsatzkräfte dann mit der Ausrüstung, die für diesen Fall benötigt wird.
So schnell wie die Feuerwehr sei der Trupp nicht, sagt Marco Stolz: „Nach einem Alarm sind wir erst nach einer oder sogar eineinhalb Stunden am Einsatzort.“ Volker Schmeck stimmt zu: „Wir werden Rettungstaucher genannt, aber wir kommen eher zum Bergen.“ Zwar komme es manchmal vor, dass Personen noch nach 30 Minuten im und unter Wasser wiederbelebt werden könnten, dies sei jedoch leider sehr selten der Fall, sagt Stolz.
Ist der Tauchertrupp am Einsatzort angekommen, entscheidet der Taucheinsatzführer über das weitere Vorgehen: „Während sich die Taucher fertig machen, erkundet jemand das umliegende Ufer auf Gefahren“, erklärt Schmeck, denn der eigene Schutz habe immer Vorrang. „Der Taucher geht dann ins Wasser und ist angeleint. Das Seil nutzen wir zur Sicherung und um Suchzeichen zu empfangen und wiederzugeben, damit die Leute an Land wissen, dass alles okay ist“, sagt Schmeck. Der Leinenführer leite den Taucher auch zur möglichen Fundstelle, fügt Marco Stolz hinzu.
Die Herausforderungen
Oft dauert es eine Weile, bis die gesuchte Person gefunden wird. „Wenn man sie dann entdeckt, schnappt man sie sich und zieht sie so schnell wie möglich an die Wasseroberfläche und an Land“, sagt Volker Schmeck. Doch häufig ist es dann schon zu spät: „Wenn wir einen Körper im Wasser treiben sehen, vermeiden wir es, der Person in die Augen zu sehen – denn das brennt sich ins Gedächtnis.“ Schmecks Kollege gibt zu: „Ich versuche, mich vor dem Bergen zu drücken. Als Helfer bin ich immer dabei, aber ich weiß nicht, ob ich das verarbeiten könnte, eine Leiche aus dem Wasser zu holen.“
Er ist damit nicht der einzige: Viele der Taucher werden von Unbehagen geplagt, stellen sich Fragen vor und nach den Einsätzen, sagt Schmeck. Sie alle können das Angebot der DLRG nutzen und sich nach schwierigen Situationen von Psychologen oder Seelsorgern beraten lassen, sagt Marco Stolz. Die Einsätze seien teilweise sehr schlimm, gibt Schmeck offen zu, „aber wir haben uns diesen Job ausgesucht und wenn wir gerufen werden, gehen wir auch ins Wasser und tauchen.“
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