Hilchenbach. . Der 23-jährige Syrer Ahmed Alhussein kommt 2015 nach Deutschland. In Dahlbruch übt er fleißig Deutsch und peilt eine Ausbildung zum Erzieher an.
Der frühe Vogel fängt den Wurm, aus den Augen aus dem Sinn oder eine Hand wäscht die andere, sind Sätze, die Ahmed Alhussein wie selbstverständlich benutzt. Der 23-Jährige wollte eigentlich in Syrien Geschichte und Philosophie studieren. Aufgrund des Krieges war das aber nicht möglich. „So bin ich, wie viele junge Leute, erst einmal in den Libanon gegangen, um zu arbeiten und Geld zu verdienen.“
Ahmed Alhussein arbeitet im Libanon als Bauarbeiter und hat nach drei Monaten einen schweren Unfall. „Ein Betonteil hat mein Bein so zerquetscht, dass im Krankenhaus mein Fuß amputiert werden musste.“ Der junge Mann ist in einer verzweifelten Situation, verliert trotzdem nicht den Mut. „Ich war 18 Jahre alt und das war quasi Glück im Unglück, weil die Firma die Behandlung bezahlen musste.“ Nach langen Behandlungen kehrt Ahmed Alhussein mit einer Beinprothese nach Syrien zurück: „Ohne Perspektive auf ein Leben dort im Krieg und mit Behinderung.“
Großes Engagement
Er wagt die Flucht nach Deutschland: Über die Türkei geht es mit einem Schlauchboot weiter auf eine griechische Insel. An den Namen kann er sich nicht mehr erinnern. Im November 2015 reist er mit einer Fähre nach Athen. Von dort aus geht es mit dem Bus weiter: über Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich kommt er nach Deutschland. Auf dem Weg kippt sein Bus um. Doch Ahmed Alhussein bleibt unverletzt. Vor Weihnachten erreicht er die Notunterkunft in der Hauptschule Dahlbruch.
Er nimmt schnell an den ehrenamtlichen Deutschkursen rund um das Haus ErnA teil. Es folgen Kurse bei der Deutschen Angestellten-Akademie und der Volkshochschule. Und auch in seiner Freizeit übt er fleißig – mithilfe des Internets und von Ehrenamtlichen. Sein Engagement zahlt sich aus: Erfolgreich besteht er die B 2 Abschlussprüfung in Deutsch. Die ist Voraussetzung für eine Ausbildung.
Ausbildung zum Erzieher
Auch hier geht der junge Mann enorm zielstrebig vor, lotet seine Möglichkeiten aus und entscheidet sich für die Arbeit mit Kindern. Er absolviert Praktika in Kindertagesstätten in Kredenbach und Ferndorf. Währenddessen reift die Entscheidung für eine Ausbildung zum Erzieher. Sein Abiturzeugnis ist mittlerweile anerkannt und die Beratung im Berufskolleg Allgemeingewerbe, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik (AHS) hat ihm Mut gemacht, sich im Februar 2019 um einen Ausbildungsplatz zu bewerben.
Integration in Hilchenbach ist eine Daueraufgabe
Das I
ntegrationskonzept der Stadt Hilchenbach ist für einen längeren Zeitraum ausgelegt. Wohnraum, Sprache und eine Arbeitsstelle sind dabei Schwerpunkte auf dem Weg zur eigenständigen Existenz für geflüchtete Menschen.
Ansprechpartnerinnen für die fachliche Umsetzung der verschiedenen Themenbereiche des Konzepts, für Einzelhilfen und die professionelle Unterstützung von Ehrenamtlichen sind Andrea Hartmann und Verena Simonazzi vom Hilchenbacher Rathaus.
Als Glücksfall entpuppt sich seine erfolgreiche Suche nach einer eigenen Wohnung. Denn sein neuer Vermieter kennt das Leben mit einer Beinprothese aus eigener Erfahrung. Er nimmt Ahmed Alhussein in seine Einliegerwohnung in Dahlbruch auf und unter seine Fittiche – besonders wenn es um Fragen an die Krankenkasse, ans Sanitätshaus und um Orthopädietechnik für die richtige Beinprothese geht. Beide teilen zudem eine Leidenschaft: Fußball. Ahmed Alhussein ist Fan von Schalke 04 und Real Madrid. Er und sein Vermieter schauen sich manchmal sogar gemeinsam Spiele an. Und nicht nur das: Ahmed Alhussein spielt sogar zeitweise selbst in einer Siegener Mannschaft.
Das Heimweh ist groß
Nach drei Jahren in Deutschland ist, trotz Internet, Skype und regelmäßigen Handy-Gesprächen mit der Familie und Freunden das Heimweh groß. Besonders seine Mutter fehlt dem jungen Syrer – so wie vielen anderen jungen Männern, die nach ihrer Flucht in Hilchenbach leben. Dieses Heimweh hat unter anderem Ahmeds Alhusseins besten Freund, Ibrahem Alkadar, dazu gebracht, alles daran zu setzen, zu seiner Familie zu ziehen – nach Hamburg. Ahmed Alhussein besuchte ihn dort zum ersten Mal im Dezember: „Das war die schönste Zeit in meinem Leben in Deutschland.“ In Dahlbruch lernt er weiter Deutsch, um auch schwierige Wörter und Redewendungen zu verstehen.
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