Die Ruanda AG des Netphener Gymnasiums thematisiert das Engagement gegen die Vermüllung der Landschaft und der Meere mit Plastikabfällen.

„Warum haben wir am Gymnasium eigentlich keine Pfandflaschen?“ „Vielleicht sind die Plastikflaschen so klein, damit nicht so viel Müll entsteht. Wenn’s hier an der Schule angeboten wird, kann’s ja nicht so schlecht sein.“


Netphen. Sie sind wieder auf der Bühne. Aus den Fünftklässlern der Ruanda AG sind Sechstklässler geworden. Nach dem Ausflug nach Berlin, wo sie zum Ende des vorigen Schuljahrs einen Sonderpreis im Schulwettbewerb „Eine Welt für alle“ gewonnen haben, arbeitet Theaterpädagogin Giulia Gendolla einmal in der Woche mit ihnen an ihren Stück „Plastics to go“. Denn das ist, noch bis Ende dieses Schuljahrs, ihr Thema: das Engagement gegen die Vermüllung der Landschaft und der Meere mit Plastikabfällen, bei dem sie von ihren Partnern bei der Root Foundation in der ruandischen Hauptstadt Kigali lernen. Die Straßenkinder, die dort zur Schule gehen, kennen Plastik ausschließlich als Gebrauchsgegenstand. Aber nicht als Abfall.

Workshop mit Profis

Sebastian Kolb ist auch wieder da. Der aus Siegen stammende Schauspieler hat Zeit für einen weiteren Workshop. Anders als vor einem Jahr spielen die 18 jungen Darstellerinnen und Darsteller diesmal auf Deutsch und nicht auf Englisch: Aufführen wollen sie ihr Stück um den Kampf gegen die plastikverpackungsbesessenen Supermarktmanager vor den künftigen Fünftklässlern, den ebenfalls entstehenden Film wollen sie unter anderen bei einer Schülerakademie präsentieren. Sebastian Kolb fehlt noch ein wenig die Begeisterung der Mädchen über die voll gefüllten Einkaufstaschen: „Ihr kommt doch super gut gelaunt vom Shoppen – das muss schneller gehen.“

Eine Szene ist neu. Die Geschichte mit dem Coffee To Go ist rausgeflogen. „Wir haben stattdessen ein örtliches Problem reingenommen“, sagt Lehrerin Ursula Wussow, die das Ruanda-Projekt 2015, damals noch an der Realschule Am Kreuzberg, erfunden hat. Die Szene spielt in der Schul-Caféteria. In Wirklichkeit werden dort seit Schuljahresbeginn Apfel-, Orangen- und Multivitaminsaft in Pfandbechern mit Deckel ausgeschenkt – eine praktische Umsetzung der Theorie, zu der auch die vom Bürgermeister spendierten gelben Mülleimer für jeden Raum gehören. Ulrike Kuhn und ihre Mitstreiterinnen sind Mütter, die die Caféteria betreiben und das Pfandsystem eingeführt haben. „Früher haben wir hier auch Plastikflaschen verkauft“, berichtet Keysha. „In der Mensa gibt es die immer noch“, ergänzt Ricarda. Zum Verdruss der Ruanda AG setzen die Mitschüler auf Plastik: Das scheint einfacher zu sein. „Die Mensa müsste dasselbe System haben wie die Caféteria“, fordert Laura. Da werden sie wohl die Unterstützung der Erwachsenen brauchen. Die tun sich allerdings, so die Beobachtung der Kinder, selbst noch schwer mit dem richtigen Müllsortieren.

Schülerakademie in den Klimawelten

Bastian spielt den Laden-Manager, tippt ins Laptop, jongliert mit der Brille. „Richtig, so machen Manager das“, lobt Sebastian Kolb. „Ciao. Abtreten. Sehr gut.“ Im Foyer des Gymnasiums wird ein Riesenkarton mit „Guter Schokolade“ – die heißt so – angeliefert. Für je fünf verkaufte Tafeln stiftet das Projekt „Plant for the Planet“ einen Baum. Mit 60 Obstbäumen wollen die Netphener bei der Pflanzaktion am 18. Mai in Erndtebrück dabei sein – und hoffen, dass Ähnliches in Ruanda gelingt. „Da macht es nämlich wirklich Sinn“, sagt Ursula Wussow, die ihre Truppe auch noch auf die Schülerakademie der Natur- und Umweltschutzakademie NRW am 12. Juni in den Hilchenbacher Klimawelten vorbereitet. „Da kann man ‚Schule der Zukunft’ werden.“ Und wenn die Sache mit dem Plastik durch ist, geht es mit dem Rauchen weiter. Der Stoff für den Austausch auf Augenhöhe mit den jungen Leuten in Ruanda geht noch lange nicht aus.

„Muss das mit dem Orangensaft sein? Der ist doch in diesen Plastikflaschen.“ „Hat eine von euch jetzt ihre eigene Flasche zum Auffüllen dabei? … Na - also. Ich stelle mich jetzt an, sonst ist die Pause gleich zu Ende.“

Preisgelder werden investiert

Mit der Fotografin Marie Köhler und den Multimedia-Projekt „Mach dir ein Bild auf Augenhöhe“ hat die Partnerschaft mit der Root Foundation in Kigali/Ruanda 2015 begonnen. Entstanden sind ein Film, eine Radiosendung und eine Ausstellung. Plastik ist das Thema des aktuellen Projekts, das das Gymnasium Netphen von der inzwischen nicht mehr bestehenden Realschule übernommen hat. Die Ruanda AG ist vielfach preisgekrönt.

Im März wird in Netphen die Musical-Aufführung stattfinden, die sie beim Wettbewerb des Bundespräsidenten gewonnen hat.

Das Preisgeld, das ihnen der Naturschutzbund für die erfolgreiche Teilnahme an „Trashbusters H 20“ überweist, wird in den Theaterworkshop investiert.

„Auf Augenhöhe“ bedeutet Gegenseitigkeit: Auch in Kigali hat die Kindernothilfe die Siegerurkunde von „Eine Welt für alle“ überreicht. Auch dort wurde Theater gespielt und nach Netphen übertragen, auf Kinyarwanda mit deutschen Untertiteln. Und das Geld aus dem Innogy-Klimaschutzpreis wird eingesetzt, um drei weiteren Kindern in Ruanda den Schulbesuch in Kigali zu ermöglichen.