Burbach/Siegen. . Wachmann gibt einige Vorwürfe zu und vermeidet Beschuldigung von Kollegen. Zweiter Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer abgelehnt.

Tag Acht im Burbach-Hauptverfahren – und es gibt Fortschritte. Nach einer weiteren Unterbrechung durch die Erkrankung eines Angeklagten, ist dessen Verfahren nun abgetrennt worden. Der Mann sei für längere Zeit nicht verhandlungsfähig, sagt die Vorsitzende Elfriede Dreisbach. Wenig überraschend hat es nach der Ablehnung des gegen sie gestellten Befangenheitsantrages zwischenzeitlich einen entsprechenden weiteren Vorstoß einiger Verteidiger gegen die gesamte Kammer gegeben. Dieser Antrag wurde von der 2. Strafkammer des Landgerichtes allerdings abgelehnt.

Der Sicherheitsmann P. (37) kommt nun zu Wort, dem bei einem Geständnis im Sinne der Anlage eine Strafe zwischen einem Jahr und acht Monaten und maximal zwei Jahren in Aussicht gestellt wurde. Ihm werden 22 Fälle der gemeinschaftlichen Freiheitsberaubung vorgeworfen. Dabei soll er tateinheitlich zweimal an Misshandlungen beteiligt gewesen sein und einmal Hilfe zu einer Körperverletzung geleistet haben. Unter anderem geht es darum, dass er mit einem Kollegen einen Bewohner, der nicht freiwillig in eines der berüchtigten Problemzimmer übersiedeln wollte, mit Pfefferspray besprüht haben soll. Außerdem stehen mehrere Fesselungen mit Handschellen zur Debatte. Letzteres stimme so, „weil sie aggressiv gegen uns wurden“, bestätigt P., will aber ausdrücklich nie geschlagen oder getreten haben. Pfefferspray sei nie im Einsatz gewesen, „zumindest nicht, wenn ich dabei war!“

Schlechte Erinnerung an Fälle

Bei 15 Vorfällen will der Angeklagte zumindest eine rudimentäre Erinnerung haben. Die beschränkt sich aber im Wesentlichen auf seine eigene Anwesenheit vor Ort, oder darauf, von seinen Kollegen über die Vorkommnisse informiert worden zu sein. Bis auf zwei Fälle behauptet P., nicht mehr zu wissen, mit welchem Kollegen er im Einsatz war. Ob er noch wisse, wie der eine namentlich genannte Mitarbeiter aussah, fragt ein Verteidiger süffisant. Wo er doch nach all den Jahren die Namen der Bewohner noch zuordnen könne, die der Sozialbetreuer und auch deren Gesichter nicht mehr präsent habe.

„Ich erinnere mich nicht“ und „ich weiß nicht“, das sind die wesentlichen Antworten. Manchmal kann P. den Moment des Einschließens rekapitulieren, immer nach Rücksprache mit einem Sozialbetreuer. Ob es dann zu anderen Vorfällen im Problemzimmer kam, ist ihm entfallen. Das medienwirksame Video ist ihm gut im Gedächtnis geblieben. „Ich habe es aufs Handy bekommen“, sagt der Mann, der nach eigenem Bekunden 14 Jahre als Sicherheitskraft mit Asylbewerbern gearbeitet hat. Das Video sei in einer Whatsapp-Gruppe verbreitet worden, der nur Wachleute angehört hätten. Dort habe es auch Nachrichten über Einschließungen gegeben. Vor Ort sei er nicht gewesen.

Türen manchmal ausgehangen?

Zu Beginn der Aussage vermeidet P. Worte wie Einsperren und will nicht einräumen, dass Türen verschlossen wurden. Er habe nie gesehen, dass eine Klinke fehlte. „Manchmal haben wir die Tür sogar ausgehangen, um die Bewohner besser sehen zu können.“ Irgendwann wird Oberstaatsanwalt Christian Kuhli laut. „Diesen Unsinn will ich mir nicht länger anhören“, warnt er den Angeklagten, der dann zugibt, nicht zu wissen, wie die Türen von innen ausgesehen hätten: „Es gab Bewohner, die sich bemerkbar gemacht haben und raus wollten.“

Auch interessant

P. hat immer nur in Nachtschicht gearbeitet und die Vertreter der Bezirksregierung nie gesehen. Die Polizei sei öfter vor Ort gewesen. Er gehe davon aus, dass die Beamten um den Zweck der Problemzimmer gewusst hätten. Er selbst habe mehrfach Anzeige wegen Körperverletzung gestellt, „einmal wurde ich gebissen“. Die Verfahren seien eingestellt worden. Er selbst habe mindestens fünf Mal den Dienst mit einem Kollegen getauscht und diesem seinen Lohn bar ausgezahlt. In den Wachbüchern stünden nur die Namen jener, die auch im Dienstplan aufgeführt seien. Wenn also ein Ersatzmann etwa als Aufsicht im Problemzimmer war, sei der fiktive Name aus dem Dienstplan eingetragen worden.