Kreuztal. Vor 50 Jahren entstand die Stadt Kreuztal aus den Gemeinden des Amtes Ferndorf. Gala in der Stadthalle mit Zeitzeugen und Musik.

„Das Wort Kreuztal ist größer geschrieben als Ferndorf“, stellt Bürgermeister Walter Kiß mit launiger Genugtuung fest. Er meint das Trikot der erfolgreichen Handballer, das die Nummer 50 trägt und ihm gerade vom TuS-Marketingleiter Dirk Stenger überreicht worden ist. Der „gute alte“ Streit zwischen Ferndorf und Kreuztal ist ordentlich thematisiert worden an diesem Abend und findet nun seinen perfekten Abschluss – zumindest aus Sicht der Stadtverwaltung.

50 Jahre Kreuztal
50 Jahre Kreuztal © Michael Kunz

Es gibt reichlich Momente zum Schmunzeln und auch für kräftigeres Lachen am Samstag in der Stadthalle. Kreuztal gehört zu den zahlreichen Kommunen im Land, die 2019 das 50-jährige Bestehen feiern können. Den Auftakt für viele geplante Veranstaltungen macht eine bunte Gala mit zahlreichen Ehrengästen, die unterhaltsam die vielen Facetten der „sozialen, liebenswerten und familienfreundlichen Stadt“ betont, wie Walter Kiß mehrfach das umschreibt, was sich seit 1969 rund um den Kindelsberg entwickelt hat. Rund zweieinhalb Stunden wird den Anwesenden ein Mix aus Musik, Humor und Erinnerungen serviert, der mit einem Konfettiregen endet und hinterher reichlich Beifall bekommt.

Die Zeitzeugen

Moderatorin ist Christa Weigand, als „Ursel“ ab und an unterstützt vom Dauerpartner Bernd-Michael Genähr. In Talkrunden kommen die zu Wort, die Persönliches zu den vergangenen fünf Jahrzehnten beitragen können:

Gleich zu Beginn macht es Freude, Helmut Nölling zu lauschen, der von 1994 bis 1999 letzter ehrenamtlicher Bürgermeister Kreuztals war und vor allem bekennender Ferndorfer ist. Er erinnert an den Dauerstreit der beiden Orte und den Ärger der Ferndorfer darüber, wie das einst nur aus wenigen Häusern bestehende Kreuztal bereits um 1900 mehr Einwohner gehabt hatte und immer weiter wuchs.

Zeitzeugen: Helmut Nölling (Mitte), Heinrich Afflerbach (rechts).
Zeitzeugen: Helmut Nölling (Mitte), Heinrich Afflerbach (rechts). © Michael Kunz

Es sei für jeden Ferndorfer klar gewesen, „jetzt sind wird dran“, als es vor 50 Jahren um den Namen der neuen Stadt für das alte Amt Ferndorf ging. Zumindest die gutgefüllte „Kriegskasse“ mit 30.000 Mark, den Überschüssen der 900-Jahr-Feier von 1967, sollte dann den Kreuztalern aber nicht in die Hände fallen, „die hätten sie ja nur in der Erde verbuddelt“. Das Geld sei nach der schnellen Gründung des Vereins zur Pflege der Dorfgemeinschaft in Ferndorf in den Bau des Dorfgemeinschaftshauses geflossen. „Das fehlt uns noch immer, daran knapsen wir bis heute“, schüttelt Walter Kiß grummelnd den Kopf, denkt dann allerdings versöhnlich an viele zünftige Feiern im Dorfgemeinschaftshaus, die den „Verlust“ letztlich ja doch ausgeglichen hätten.

Als Veteran der damaligen Verwaltung kann der frühere Hauptamtsleiter Heinrich Afflerbach einige Anekdoten beisteuern. Wie etwa damals die Steuern noch bar erhoben und eingetrieben wurden, „meistens in Gaststätten“, was für einen Moment auch für die Gegenwart erwogen wird. Und Afflerbach hat auch einen Tipp für lange und unentschiedene Ratssitzungen. „Ihr könnt entscheiden, was ihr wollt, das Protokoll schreibe ich“, habe der einstige Ortsbürgermeister von Fellinghausen als Devise gehabt und stets auf diese Weise ihm gefällige Beschlüsse gefasst.

Später dürfen Kreuztals letzter Stadtdirektor Kurt Erdmann und der einstige Kulturamtsleiter Michael Townsend über die Anfänge der heute so beispielhaften Kulturszene der Stadt philosophieren.

Kurt Erdmann (Iinks) und Michael Townsend plaudern mit Christa Weigand.
Kurt Erdmann (Iinks) und Michael Townsend plaudern mit Christa Weigand. © Michael Kunz

Die finale Runde gehört dem Sport, mit Leichtathlet R olf Bernshausen, Jürgen Althaus und Dirk Stenger. Letzterer strahlt beim Einspielen einer Radioreportage von 1953, als der TuS Ferndorf gegen Minden Westfalenmeister wurde. Damals teilten sich Fuß- und Handballer noch dasselbe Spielfeld unter freiem Himmel. 5000 Zuschauer seien bei diesem Endspiel „Am Rosenkamp“ gewesen, erinnert sich Jürgen Althaus, der „damals dabei war“ und ansonsten natürlich noch einiges über seine aktive Turnerzeit beisteuern kann.

Elfrun Bernshausen hat etwas über die Bürgerstiftung zu erzählen.

Die Jubiläums-Ehe

Für unterhaltsame Auflockerung sorgt ein Kurzauftritt der Tänzer des Projekts „Your Story“, ansonsten die drei Damen von „Sweet Sugar Swing“ mit ihren musikalischen Einlagen. Geehrt werden Inga und Wolfgang Straatman – sie haben im Januar 1969 geheiratet und damit eine der ersten Kreuztaler Ehen geschlossen. Der Abend ist zu diesem Zeitpunkt lange nicht zu Ende. Und das Feiern geht ja eh noch weiter.

Geschichte: Freiwilliger Vertrag schon 1967 

1994 hat Kreuztal 25-jähriges Bestehen gefeiert. Als Autor der stadtgeschichtlichen Festschrift hat Ulrich Hadem (†) damals auch Stationen rund um die kommunale Neugliederung notiert:

4. Mai 1967: Im Amtshaus unterschreiben die Bürgermeister der noch selbstständigen Gemeinden des Amts Ferndorf freiwillig einen Gebietsänderungsvertrag. Littfeld ließ sich seine Unterschrift mit der Zusage bezahlen, dass die neue Stadt einen Kindergarten baut.

2. Oktober 1968: Der Landtag verabschiedet das 2. Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Siegen. Kreuztal muss Neu-Lohe an Hilchenbach abgeben – die Nachbarstadt wollte eigentlich Kredenbach komplett zu sich eingemeinden. Dafür kommen Mittel- und Oberhees zu Kreuztal, sie wären lieber bei Freudenberg geblieben. Auch nach Meiswinkel, inzwischen Teil der Stadt Siegen, kam der Freudenberger Amtsbote zwei Mal in der Woche. Der Mittelheeser Gemeinderat verwaltete einen Etat von 19.000 Mark.

25. November 1968: In der Brau­stube der Krombacher Brauerei treffen sich die Gemeindebürgermeister — ein Abschieds-Dämmerschoppen.

11. Dezember 1968: Zum letzten Mal tagt die Amtsvertretung im Krombacher Hof.

1. Januar 1969: Für den Neujahrstag hat der Ferndorfer Verein zur Pflege der Dorfgemeinschaft ein „Peinliches Halsgericht“ einberufen. Wegen „Gemeindeverrats“ angeklagt wurden der Bürgermeister und seine Gemeinderäte. Den geständigen Angeklagten wird auferlegt, das Ortschild „Statt Kreuztal – Ferndorf“ aufzustellen und eifrig im Heimatverein mitzuarbeiten.

23. März 1969: Mit der Kommunalwahl endet das Mandat für den früheren Amtsbürgermeister Hilmar Selle, der vom Innenmister kommissarisch beauftragt worden war, die Aufgaben eines Bürgermeisters der Stadt Kreuztal wahrzunehmen. Erhard Neef (CDU) wurde erster gewählter Bürgermeister, der 1975 von Hilmar Selle (SPD) abgelöst wurde. Der frühere Amtsdirektor Eugen Röller amtierte bis 1982 als Stadtdirektor.