Siegen. Das St. Marien-Krankenhaus hat sich international als Ausbildungszentrum für Roboter-Chirurgie etabliert und sendet live aus dem OP in die USA.
Im März 2017 wurde im St. Marien-Krankenhaus der Operationsroboter „Senhance“ vorgestellt. Gut zwei Jahre später hat sich das Siegener Krankenhaus zu einem anerkannten Ausbildungszentrum für Robotische Chirurgie entwickelt: „Keine Chirurgie auf der Welt hat auf diesem Gebiet so viel Erfahrung wie wir“, sagt Chefarzt Dr. Frank Willeke. Knapp 300 Operationen wurden dort mit Roboter-Unterstützung durchgeführt.
Mehr als 150 Chirurgen aus 40 nationalen und internationalen Kliniken waren mittlerweile in Siegen zu Gast. Oft kommen sie sogar vom anderen Ende der Welt: „Wir hatten neulich erst Kollegen aus Taipeh hier. Die sind zwölf Stunden geflogen“, sagt Dr. Dietmar Stephan, Leiter der Abteilung für Minimal-invasive und Robotische Chirurgie. Es habe sich quasi ein Tourismus entwickelt, sagt Dr. Willeke, denn nachdem das St.Marien-Krankenhaus so viel Erfahrungen sammeln konnte, sei es als Anlaufstelle für Weiterbildungen gefragt.
Technik aus dem Hubschrauber
Der Chirurg an der Steuerkonsole
Dr. Dietmar Stephan hält regelmäßig Vorträge bei hochkarätigen Kongressen. Er referierte 2017 und 2018 beim größten US-amerikanischen Chirurgenkongress, der „Jahrestagung des American College of Surgeons“ in San Diego und Boston. Zudem stellte er das System auch schon in London, Moskau und Seattle vor.
Die Anreise sei für viele Kollegen sehr aufwendig und strapaziös. „Oft kommen sie nur für zwei Tage“, sagt Dr. Stephan. Für dieses Problem hat das St. Marien-Krankenhaus eine Lösung parat: Eine Liveschaltung. Zum ersten Mal wurde gestern eine Robotic-Operation per Internet übertragen. „Wir senden in die USA nach Orlando ins Florida Hospital“, erklärt Stephan. Die dortigen Ärzte und Mitarbeiter verfolgen die Leistenbruchoperation in Echtzeit und stellen Fragen an Dr. Dietmar Stephan. „Heute zeigen wir den Kollegen aus Amerika, wie man bei der Operation eines Leistenbruchs das Ultraschallsystem einsetzt“, erklärt der Chirurg. Er hat sich mittlerweile an die Steuerkonsole nahe des Operationstischs gesetzt. Von dort bedient er die robotischen Instrumentenarme, die zu Beginn minimal-invasiv in den Bauchraum des Patienten eingeführt werden.
Eine Kamera überträgt die Bilder aus dem Patienteninneren auf einen Monitor. Beugt sich der Operateur vor, zoomt die Kamera, dreht er den Kopf, schwenkt das Bild. Ein Eye-Tracking System verfolgt die Augenbewegungen und steuert die Kamera. „Die Technologie stammt aus dem Apache Kampfhubschrauber“, erklärt Dr. Dietmar Stephan.
Akzeptanz ist groß
„Bei einer Roboter-Operation ist der Operateur entspannter und konzentrierter“, erklärt Chefarzt Willeke. Bei klassischen Eingriffen sei die Armposition nach einer gewissen Zeit ermüdend, wohingegen sich die Arme beim Roboter-Eingriff die ganze Zeit abstützen lassen. „Wenn es dem Chirurgen gut geht, geht es auch dem Patienten gut“, fügt Stephan hinzu. Auch von Seiten der Patienten gebe es sehr positives Feedback. „Die Akzeptanz in der Region ist groß – 90 Prozent wollen mit dem Roboter operiert werden“, sagt Frank Willeke. Die Chance sei groß im St. Marien-Krankenhaus, denn jeder, der geeignet sei, werde auch mit der Technik operiert. Aus wissenschaftlicher Sicht seien die Vorteile der Robotic-Op noch nicht erforscht: „Da sind wir noch dran und lassen den Patienten verschiedene Fragebögen ausfüllen“, sagt Willeke. Auch in Sachen Sicherheit sei das System Senhance einwandfrei: „Bei Problemen können wir schnell zu konventionellen Methoden zurückkehren“, betont der Chefarzt.
Aktuell werden rund 100 Operationen pro Jahr mithilfe des Roboters durchgeführt, eine Steigerung hält Dr. Frank Willeke in Zukunft für sehr realistisch: „Wenn wir weitere Instrumente mit abwinkelbaren Funktionen bekommen, sind die Eingriffe besser durchführbar und wir können die Möglichkeiten erweitern.“ Und dann wird es noch mehr Liveübertragungen aus dem St. Marien-Krankenhaus geben.
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