Siegen. . Beratungsstelle der Diakonie Südwestfalen kümmert sich seit 30 Jahren um Menschen, die in eine finanzielle Schieflage gekommen sind.

Ob nach einer Trennung, bei Jobverlust oder im Krankheitsfall: Oft führen Schicksalsschläge zu einer finanziellen Schieflage. Betroffene erhalten in so einem Fall Hilfe in der Schuldnerberatungsstelle der Diakonie in Südwestfalen an der Friedrichstraße 27 – und das bereits seit 30 Jahren. Im Januar 1989 begrüßte Manuela Kunert-Yildirim den ersten Klienten – auch heute ist sie noch Teil des Teams, das mittlerweile aus fünf Fachkräften besteht.

„Die Probleme der Menschen sind die gleichen geblieben“, sagt Manuela Kunert-Yildirim. Nur selten komme es vor, dass ein Klient „einfach nur unwirtschaftlich lebt“. Meist gebe es ein anderes, großes Problem wie eine Trennung oder eine Krankheit, das das finanzielle Gerüst des Betroffenen zum Einsturz bringt. Gemeinsam mit Friedrich Spies, Nathalie Müller, Thomas Jung und Sachbearbeiterin Monika Dreisbach nimmt sich Manuela Kunert-Yildirim der Schuldner an. Mit den Klienten überlegen sie, wie mit den Schulden umzugehen ist. „Einige können gut mit dem Minus auf dem Konto leben, andere wollen raus aus der Schuldenfalle“, so Spies. Ein Weg aus der finanziellen Not heraus sei das Verbraucherinsolvenzverfahren.

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Überschuldeten Personen wird in der Beratungsstelle individuell geholfen. „Wer zu uns kommt, hat die erste Hürde schon hinter sich“, sagt Friedrich Spies. Einige Klienten bringen zum ersten Gespräch schon Unterlagen mit, „andere sind einfach nur froh, dass sie jemanden zum Zuhören gefunden haben“, sagt Nathalie Müller.

284 neue Fälle wurden im Jahr 2018 gezählt, dazu kommen rund 130 Bestandsfälle. Zum Vergleich: Vor 30 Jahren startete Kunert-Yildirim mit 30 Klienten. „Die Arbeit war 1989 eine ganz andere“, sagt sie. Das Angebot – damals noch an der Oranienstraße – wurde vom Kirchenkreis Siegen initiiert. Träger war die Innere Mission.

1999 enormer Anstieg des Bedarfs

„Als 1999 das Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt wurde, ging es explosiv nach oben“, erinnert Kunert-Yildirim. In dieser Zeit wurde auch das Personal aufgestockt. Jahrelang konnten auch Beratungen in türkischer Sprache durchgeführt werden. „Anfragen erreichten uns dazu bis aus Mainz.“ 2000 fand der Umzug an den heutigen Standort statt.

Auffallend sei, dass die Klienten immer jünger werden. „1989 waren es die Mittdreißiger, die sich mit Hochzeit oder gescheiterten Hausfinanzierungen übernommen hatten. Heute sind es Studenten und jüngere Menschen, die sich finanziell festgefahren haben“, sagt die Fachfrau. Kredite seien an jeder Ecke zu haben. Dazu kommen Autofinanzierungen, monatliche Gebühren für Versicherungen oder das Fitnessstudio, „und schon verliert man den Überblick“, ergänzt Thomas Jung. „Die finanzielle Allgemeinbildung ist heutzutage defizitär.“ Seiner Meinung nach resultiere dies aus einem geänderten Konsumverhalten. „Werbung und Medien erwecken den Anschein, dass jeder alles haben kann. Fehlen die richtigen Vorbilder, setzt sich die finanzielle Abwärtsspirale in Gang.“