Siegen. . Früherer Einrichtungsleiter berichtet über Strukturen, die Einrichtung der „Problemzimmer“ sowie das Bestreben, Schwierigkeiten intern zu lösen.

Der Anspruch des Angeklagten war eindeutig. Er wollte ein möglichst positives Bild der Burbacher Asyleinrichtung in die Öffentlichkeit vermitteln, das nach diversen Vorfällen damals schon nicht das beste war. Stattdessen kam es unter seiner Leitung 2013/2014 zu jenen Freiheitsberaubungen und Gewalttaten, die seit November in einem „Mammutverfahren“ in der Siegerlandhalle verhandelt werden.

Der Mann selbst arbeitete schon recht früh mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Die Folge: Das Verfahren gegen den 38-jährigen Siegerländer wurde abgetrennt. Seit gestern steht er nun selbst vor Gericht und hat bei einem Geständnis maximal ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung zu erwarten. Angeklagt sind 43 Taten der Freiheitsberaubung und Nötigung. Allerdings ist er in keinem der Fälle selbst beteiligt gewesen. Vielmehr soll er als Leiter der Asylunterkunft von den Misshandlungen und Strafmaßnahmen gewusst und diese geduldet haben.

Als kaufmännischer Mitarbeiter beworben

Er habe sich 2013 auf eine Anzeige als kaufmännischer Mitarbeiter beworben, berichtet der Angeklagte. Überraschend sei ihm dann die Leitung der neuen Einrichtung angeboten worden. Erfahrung mit Asylbewerbern oder sozialen Berufen habe er bis dahin nicht gehabt, betont er. In vielerlei Hinsicht habe er sich daher auf den ebenfalls angeklagten „obersten Sozialberater“ verlassen, der ihm von seinem Arbeitgeber aufgrund jahrelanger Erfahrung nachdrücklich empfohlen worden sei.

Auch die berüchtigten „Problemzimmer“ seien auf dessen Anregung eingerichtet worden. Zu Beginn mit der Absicht, Bewohner bei Konflikten oder in Fällen der Betrunkenheit dorthin umziehen zu lassen, zur Deeskalation. Einsperren sei nie ein Thema gewesen. „Das Zimmer war genauso eingerichtet, wie alle anderen auch, mit acht Doppelstockbetten, Tisch, Stühlen“, berichtet der Angeklagte. Im Laufe der Monate sei das Mobiliar immer spärlicher geworden. Das habe allerdings auf die gesamte Einrichtung zugetroffen, die Zerstörungswut sei groß gewesen. Nachschub habe es kaum gegeben. Ihm sei irgendwann aufgefallen, dass die insgesamt drei Zimmer abgeschlossen wurden und immer öfter belegt waren. Er habe es stillschweigend geduldet, die ihm geschilderten Maßnahmen für berechtigt gehalten. „Heute sehe ich es anders“, versichert der Angeklagte. „Meine Autorität war aber auch nicht die größte“, fügt er zurückblickend an.

Es gab keine Geheimnisse

Von der Existenz der Zimmer habe jeder gewusst, „es gab keine Geheimnisse in der Einrichtung“. Dass allerdings die Vertreter der Bezirksregierung oder seine Vorgesetzten über die illegale Nutzung informiert waren, will er nicht behaupten.