Siegen. . Ruhrlandklinik Essen erhält 8,7 Millionen Euro, um erwachsene Patienten mit der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose besser versorgen zu können.

Die Regionalgruppe Siegen des Mukoviszidose e.V. trägt maßgeblich Verantwortung dafür, dass erwachsene Patienten mit der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose in NRW bald besser versorgt werden können. Die Ruhrlandklinik Essen hat einen Förderbescheid des Landes in Höhe von 8,7 Millionen Euro für den Neubau eines Zentrums für seltene Lungenerkrankungen erhalten. Das hat die Klinik unter anderem Birgit Ger­hardus und Burkhard Farnschläder von der Siegerländer Regionalgruppe zu verdanken. Der Neubau soll 2020 fertig sein.

Das Problem

Die Behandlung der seltenen Krankheit ist aufwendig, lebenslang und teuer. „Früher war Mukoviszidose eine Kinderkrankheit“, sagt Burkhard Farnschläder vom Verein, der selbst betroffen ist. Viele Kliniken hätten sich auf die Behandlung von Kindern eingestellt. Doch durch die voranschreitende Forschung und bessere Medikamente werden Patienten älter – ihre Versorgung sei jedoch nicht ausreichend gesichert. Es sei nicht unüblich, dass Erwachsene in Kinderkliniken behandelt würden, die wiederum Probleme bei der Abrechnung hätten, so Farnschläder. Die Lebenserwartung ist in den vergangenen 20 Jahren statistisch gesehen um rund 30 Jahre gestiegen und liegt nun bei 50 Jahren.

Die Initiative

„Was hier passiert, ist bundesweit eine kleine Sensation“, freut sich Burkhard Farnschläder. Bereits im Januar 2017 hatten sich rund 7000 Bürger aus Siegen-Wittgenstein und Altenkirchen an der Petition „Zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung von Mukoviszidose-Patienten“ beteiligt. Die stellvertretende Landrätin Jutta Capito wird darauf aufmerksam und arrangiert ein Treffen zwischen dem heutigen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sowie Birgit Gerhardus und Burkhard Farnschläder. Im Juni 2017 besucht Laumann die Klinik in Essen und macht sich ein Bild von den Versorgungsstrukturen. Viele Treffen von Verantwortlichen folgen. Im Sommer 2018 legt die Landesregierung einen Strukturförderfonds für seltene Erkrankungen auf – und im Dezember erhält die Ruhrlandklinik den Bescheid.

Das Zentrum

Das Zentrum bietet die Versorgung von Erwachsenen an, die Mukoviszidose haben. Bereits jetzt sind dort rund 300 Patienten in Behandlung, sagt Birgit Gerhardus. Derzeit gebe es 2,5 Arztstellen. Gerhardus schätzt sehr, dass in Essen ambulante und stationäre Behandlung verknüpft sind. In anderen Kliniken sei das meist nicht der Fall – Betroffene müssten sich immer wieder mit wechselnden Ansprechpartnern auseinandersetzen. In Essen ist das anders: Das Team unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Christian Taube ist spezialisiert und arbeitet Hand in Hand. Durch den Neubau, der insgesamt rund elf Millionen Euro kosten wird, entstehen 48 weitere Zimmer. Die Herausforderung sei, spezialisiertes Personal zu finden, sagt Gerhardus.

Die Krankheit ist selten und tödlich

Mukoviszidose ist eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Rund 8000 bis 10.000 Personen in Deutschland leben mit der Krankheit. Chronischer Husten, schwere Lungenentzündungen, Verdauungsstörungen und Untergewicht sind die wichtigsten Kennzeichen der Erkrankung.

Die Krankheit ist unheilbar. Der Verlauf ist fortschreitend und führt zum Tod. Durch intensive Forschungsarbeit ist die Lebenserwartung der Betroffenen in den vergangenen Jahren gestiegen. Rund ein Drittel stirbt jedoch vor dem 18. Lebensjahr.

Mukoviszidose wird durch eine Veränderung im CFTR-Gen verursacht. CFTR steht für „Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator“. Der Regulator ist ein Protein, das auf der Oberfläche einiger Zellen sitzt und wie ein Kanal wirkt. Durch die Mutation ist der Kanal defekt, der normalerweise dafür sorgt, dass Salz und Wasser aus der Zelle ein- und ausströmen. Es kommt zu einem Ungleichgewicht im Salz-Wasser-Haushalt der Zelle. Deshalb enthält der Schleim, der die Zellen bedeckt, bei Mukoviszidose zu wenig Wasser und wird dadurch zäh. Der zähe Schleim verstopft lebenswichtige Organe.

„Die Unterstützung des Landes NRW ermöglicht es uns, einen Neubau für seltene Lungenerkrankungen zu erreichten, der speziell auf die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten zugeschnitten ist“,sagt Thorsten Kaatze, Geschäftsführer der Ruhrlandklinik. Professor Dr. Christian Taube erklärt, worauf geachtet werden muss: „Häufig müssen die Patienten isoliert voneinander behandelt werden. Der Neubau wird unter anderem mit speziellen Isolationseinheiten und einem separaten Eingang ausgestattet. Das ist wichtig, so Burkhard Farnschläder, weil die Betroffenen sich in einem möglichst keimfreien Umfeld aufhalten sollten. Auch auf die steigenden Patientenzahlen soll reagiert werden.

Der Verein

Der Mukoviszidose Verein mit Sitz in Bonn wurde 1965 gegründet und vernetzt seither Patienten, Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher.

Die Regionalgruppe Siegen wird unter anderem von Birgit Gerhardus 1991 ins Leben gerufen und steht stets mit Rat zur Seite. Erfahrungen werden ausgetauscht und Fachveranstaltungen organisiert.

>>>>INFO:

Die Regionalgruppe des Mukoviszidose Vereins trifft sich jeden zweiten Mittwoch in ungeraden Monaten um 20 Uhr im „Haus Gegenüber“, Friedrichstraße 27. Interessierte sind willkommen.