Siegen-Wittgenstein.. Christina W. ist in der zehnten Schwangerschaftswoche, als sie die Diagnose Brustkrebs erhält. Sie erzählt offen, was sie bewegt hat.
Christina W. hat im Mai ein gesundes Frühchen auf die Welt gebracht. Das kleine Mädchen ist ein absolutes Wunschkind. Und in gewisser Weise auch ein Wunder. Denn in der zehnten Schwangerschaftswoche haben Ärzte bei ihrer Mama Brustkrebs festgestellt. Eine Geschichte über Glück, furchtbare Angst und große Selbstzweifel.
Christina W. ist in der achten Woche, als sie merkt, dass sie schwanger ist. Pures Glück. Sie macht einen Termin bei der Gynäkologin. Kurz vorher spürt sie ein Ziehen in der Brust und tastet sich ab. Ein Knoten. „Ich habe gedacht, es ist nichts Wildes“, sagt die 30-Jährige. Sie überlegt, ob sie ihrer Ärztin überhaupt davon erzählen soll. Schließlich verändert sich der Körper einer Schwangeren. „Ich dachte, die Schwangerschaft sei wie eine Blase. Ich dachte, dass man vor allem Bösen geschützt ist. Ich bin ja noch jung.“ Ein Trugschluss.
Furchtbare Angst macht sich breit
Die Frau wird ins St. Marien-Krankenhaus überwiesen, Untersuchungen folgen. Wenig später die Diagnose: Brustkrebs. Genau wie ihre Mutter. „Ich habe gedacht, dass ich mein Wunschkind verliere.“ Es fließen Tränen. Christina W. hat furchtbare Angst – um sich, aber vor allem um ihr Baby. Eine Abtreibung kommt nicht in Frage; sie will das Baby austragen und danach mit der Behandlung beginnen. „Die Ärzte haben mir direkt gesagt: Ich habe nicht die Zeit, bis zum Ende der Schwangerschaft zu warten. Dafür ist der Krebs zu aggressiv.“ Doch die Ärzte beruhigen sie. Bereits während der Schwangerschaft ist eine Behandlung möglich, ohne dass das Baby Schaden nimmt. „Das war für mich unvorstellbar. Ich meine, man soll nicht einmal Paracetamol nehmen in der Schwangerschaft. Aber eine Chemo geht?!“ Ja, ab der 15. Woche, wenn die Organe des Babys vollständig entwickelt sind.
Christina W. ist in der elften Woche, als der Knoten in ihrer Brust operativ entfernt wird. „Ich war erleichtert, dass der Krebs weg ist. Aber ich wusste: Jetzt beginnt der Ernst.“ Die Chemotherapie macht ihr Angst. Sie ahnt, was auf sie zukommen kann; hat es bei ihrer Mutter miterlebt. Welchen Schaden nimmt das Kind? Wie entwickelt es sich? Christina W. plagen große Selbstzweifel. Ist ihre Entscheidung richtig? Ist sie zu selbstsüchtig? „Was tust du deinem Kind an?“, fragt sie sich. Doch Ärzte und Familie bestärken sie.
Mittlerweile ist es Januar. 16 Chemo-Einheiten folgen und die junge Frau verliert ihre Haare, kämpft mit dauerhafter Übelkeit. Sie ist müde und unruhig. Auch Außenstehende sehen ihr die Krankheit nun an. „Da habe ich erst einmal geheult“, gibt sie zu. Die Krankheit nimmt ihr ein Stück Fraulichkeit. Sie fühlt sich unwohl, aber kämpft weiter. Für ihr kleines Mädchen. „Nach jeder Chemo hatte ich einen Ultraschall. Mir wurde jede Woche Blut abgenommen. Das Baby wurde sehr engmaschig kontrolliert“, sagt die 30-Jährige. Und tatsächlich: Der Kleinen geht es gut. Das gibt ihrer Mama Kraft durchzuhalten. Immer an ihrer Seite sind Ehemann, Sohn und Eltern.
Unermüdlicher Kampf
Fünf Wochen vor dem errechneten Termin bringt Christina W. ihr Baby auf die Welt. Da weiß sie: „Du hast alles richtig gemacht.“ Zwei Wochen bleibt sie im Krankenhaus und bekommt die letzte Chemo. Auch Stillen funktioniert. „Ich hätte nie gedacht, dass das so klappt. Ich bin vom Schlimmsten ausgegangen“, freut sich Christina W. Heute ist alles normal, der Alltag ist eingetreten. „Das ist so schön.“
Die Krebsnachsorge nimmt die junge Frau weiter wahr. Doch einen Dämpfer gibt es. Ein Test hat ergeben, dass die junge Frau ein Mutationsgen in sich trägt. Um erneutem Brustkrebs zuvorzukommen, wird sie sich im kommenden Jahr beide Brüste entfernen lassen müssen – wenn sie abgestillt hat. „Das ist furchtbar und macht mir Angst. Aber da muss ich durch“, sagt sie entschlossen. Für sich, ihre Kinder und ihren Ehemann. Eine beeindruckende Frau.
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