Siegen. Für viele ist die Jugendgruppe YoHo Siegen eine Anlaufstelle und ein Ort zur Selbstfindung und um sich zurückziehen zu können.

Plätzchen in Regenbogenfarben sollen es werden. Mehrere Teige hat Michelle dafür eingefärbt. „Ich habe immer noch Farbe an den Händen“, sagt sie lachend und zählt die unterschiedlichen Reinigungsmittel auf, mit deren Hilfe sie ihre Hände sauber bekommen wollte. Keines funktionierte so wirklich. Das tut aber nicht viel zur Sache, denn: „Ich liebe es, bunt zu backen!“, sagt Michelle. Sie ist ehrenamtliche Betreuerin bei der Jugendgruppe YoHo, die im andersROOM Plätzchen backt.

Die Vorbereitungen

„Der ist so kalt!“, sagt der ehrenamtliche Betreuer Phillip über den violetten Keksteig, fängt erst an, ihn zu kneten und dann auszurollen. Immer mal wieder schaut er dabei zu Michelle herüber, denn sie ist der Profi in der Runde. Sie hat die unterschiedlichen Rezepte aus ihren Backbüchern herausgesucht, ihre Kollegin Jamie rief ihre Oma an und entlockte ihr die besten Rezepte. Mürbeteig, veganes Spritzgebäck und vegane Vanillekipferl sowie Schwarz-Weiß-Gebäck haben die beiden vorbereitet. Auch Schoko-Crossies sollen in der „YoHo-Weihnachtsbäckerei“ noch entstehen. Ein straffes Programm.

Das Backen

Der Jugendliche Sören hat bereits jetzt schon Hunger und hadert mit sich, den Plätzchenteig trotz später drohenden Bauchschmerzen zu probieren. „Das ist Keksteig, die Bauchschmerzen lohnen sich!“, ruft ihm Michelle zu. Er rollt seinen roten Keksteig weiter aus und überlegt, aus ihm einfach ein riesengroßes Plätzchen zu machen. Michelle ist schon ein paar Schritte weiter und setzt die unterschiedlichen Teigstücke bereits zu einem Regenbogen zusammen. „Wir backen mit der YoHo jedes Jahr zu Weihnachten“, sagt sie. Auch Ehrenamtler Phillip müsste also eigentlich schon Erfahrung haben. Er ist aber leicht gefrustet: „Erst wird mir gesagt: Ich hab den Teig zu lange geknetet und er ist zu flüssig. Dann: Der ist nicht zum Spielen! Und jetzt ist der hier wie Stein!“ Natürlich sind diese Sätze nicht ganz ernst zu nehmen: „Das ist liebevolles Mobbing zwischen uns“, sagt Michelle lachend.

Die Gruppe

Offenheit, Vielfalt und die Möglichkeit, sich selber einzubringen – das zeichnet YoHo Siegen aus. „Wir entscheiden oft spontan, was wir machen“, sagt Phillip. Ein Karaoke-Abend, Brettspiele, Bowling, Zocken auf der Konsole oder ein Besuch auf dem Siegener Weihnachtsmarkt – all das und vieles mehr haben die Ehrenamtlichen zusammen mit den Jugendlichen schon unternommen. „Wenn jemand zum Beispiel keine Lust auf Spiele hat, dann redet man einfach miteinander“, sagt Ehrenamtler André. Insgesamt besteht das YoHo-Team aus sieben ehrenamtlichen Betreuern: Michelle, Kevin, Katharina, Phillip, André, Patrick und Jamie.

Viele Angebote im andersROOM: Eine Beratungsstelle hilft bei Fragen und Problemen

Der Träger des andersROOMs, dem Begegnungs- und Beratungszentrum für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender in Siegen, ist die Schwule Initiative Siegen (SIS). Die SIS schuf 1995 mit dem Schwulenbegegnungszentrum (SBZ) ihr erstes eigenes Vereinshaus an der Marienborner Straße. Im Jahr 2005 bauten die Vereinsmitglieder das alte Feuerwehrhaus n der Freudenberger Straße 67 um und nannten es „andersROOM“.

Der andersROOM orientiert sich an der Farbenvielfalt des Regenbogens und bietet daher für viele eine Anlaufstelle: für Jugendliche gibt es das „yoho.CAFE“ und „Puzzles“. „40plus!“ richtet sich an Schwule und bisexuelle Männer über 40 Jahren, „Transgender Siegerland“ ist eine Selbsthilfegruppe für Trans*. Neu ist das Angebot für Geflüchtete: „Queer Peers“.

Zudem gibt es im Begegnungszentrum eine Beratungsstelle für Lesben, Schwule und Trans*. Die haupt- und ehrenamtlichen Berater stehen zum Beispiel bei Fragen und Problemen bei den Themen „Coming Out“, „Beziehungskrise“ und „Diskriminierung“ für Gespräche zur Verfügung.

Mehr Infos zu den jeweiligen Angeboten, Ansprechpartnern und dem Programm des andersROOMsgibt es auf der Homepage des Zentrums:
www.andersroom.de.

„Wir sind die älteste Jugendgruppe in Siegen, die sich mit LSBTTIQA* beschäftigt“, sagt Michelle. Wofür steht dieses Kürzel? Die Jugendgruppe ist seit 1997 Anlaufstelle für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle sowie für queere und asexuelle Menschen. Der Stern am Ende des Kürzels soll die einschließen, die nicht aufgezählt wurden. „Wir haben als schwul-lesbische Gruppe angefangen, nach und nach kamen immer mehr dazu“, erklärt Michelle. Zur YoHo können alle Menschen kommen, die zwischen 16 und 27 Jahre alt sind und die das Kürzel LSBTTIQA* mit einschließt. „Wir sind aber auch offen für Heterosexuelle“, betont Phillip. Die Gruppe trifft sich jeden Freitag um 20 Uhr zum „yoho.CAFE“ im andersROOM. Sie wünscht sich aber auch in der Siegener Innenstadt mehr „queere Sichtbarkeit“, betont Michelle.

Die Jugendlichen

Für viele Jugendliche ist und bleibt die YoHo Anlaufstelle, Selbstfindungs- und Rückzugsort zugleich. „Ich treffe hier interessante Menschen und es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Hier wird keiner diskriminiert“, erzählt der Jugendliche Tyler. „Das hier war die erste Anlaufstelle nach meinem Outing“, sagt Sören über den andersROOM und YoHo Siegen. Und die Jugendlichen geben ihre Dankbarkeit für diesen diskriminierungsfreien Raum, wo sich für jede persönliche Geschichte Zeit genommen wird, zurück: Die Kekse der „YoHo-Weihnachtsbäckerei“ werden nicht nur für den Eigenverzehr, sondern hauptsächlich für die Feier der Ehrenamtlichen gebacken.