Siegen. . Hochschulrat und Senat können sich nicht auf einen Kandidaten einigen. Kritik an kompliziertem Wahlverfahren. Senatoren wütend und enttäuscht.

Die Gremien der Universität Siegen sind gespalten in der Frage, wer neuer Rektor wird und die Geschicke der Hochschule künftig leiten wird. Senat und Hochschulrat (HSR) als Wahlversammlung wünschen sich zwar offensichtlich einen Neuanfang an der Spitze der Hochschule und schickten den Kandidaten Prof. Michael Bongardt als Mitglied des derzeitigen Rektorats auf den dritten Platz – er steht wohl zu sehr für den Kurs von Amtsinhaber Holger Burckhart. Aber damit enden dann auch schon die Gemeinsamkeiten: Auch im zweiten Wahlgang fand sich am Donnerstag, 20 Dezember, keine gemeinsame Mehrheit. Das ist auch dem komplexen Wahlverfahren geschuldet, das für das Spitzenamt der Hochschule vorgesehen ist: Favoritin des Senats war die Siegener Linguistik-Professorin Petra Vogel, der Hochschulrat hätte den Medienökonomen Prof. Jörg Müller-Lietzkow aus Paderborn bevorzugt. Eine Pattsituation.

Das Verfahren

Die Hochschulwahlversammlung besteht aus zwei Kammern. Vom Senat waren 24 stimmberechtigte Mitglieder anwesend, vom Hochschulrat vier. Für einen Erfolg muss ein Kandidat sowohl insgesamt die Mehrheit der Stimmen bekommen, als auch in jeder Kammer. Dazu kommt, dass die HSR-Stimmen mit dem Faktor 4,8 multipliziert werden, damit insgesamt Stimmengleichheit besteht. Es gibt zwei Wahlgänge. Nach Probeabstimmung und langen Beratungen vor den Wahlgängen änderte sich am Ergebnis nichts: Der Senat sprach sich mit 17 bzw. 18 Stimmen mehrheitlich für Vogel aus, die vier Hochschulratsmitglieder blieben einstimmig bei Müller-Lietzkow.

So geht es jetzt weiter

Die Findungskommission, die aus sechs Kandidaten die drei zur Wahl Stehenden für die Endrunde bestimmt hatte, muss nun bis zum 20. Januar einen neuen Wahlvorschlag machen. Es kann sich um eine oder mehrere Personen machen – nur keiner der drei Finalisten.

Wird auch dann niemand gewählt, wird die Stelle neu ausgeschrieben. Macht die Findungskommission keinen neuen Vorschlag, wird automatisch neu ausgeschrieben.

Die Lager

„Offensichtlich gibt es unterschiedliche Blickweisen und Meinungen, auch bedingt durch die Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben.“ Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des Hochschulrats, wies Anschuldigungen aus den Reihen der Senatoren zurück, dass persönliche Netzwerke und wirtschaftliche Interessen die Meinung des HSR bestimmt hätten. Ebenso hatten enttäuschte Senatsmitglieder die Legitimation des HSR in Zweifel gezogen, weil die nicht von der Hochschulgemeinschaft gewählt werden. Zudem wurde kritisiert, dass 18 Senats-Stimmen durch das Votum von nur vier Hochschulratsmitgliedern blockiert werden können. „Wir sind genauso gewählt“, betonte Kirchhoff – so eine Situation könne eben passieren, das sei kein Beinbruch. Alle Kandidaten wären fähig gewesen, das Amt zu bekleiden, innerhalb der Hochschule sei man eben anderer Ansicht als außerhalb. Wobei die Hälfte des Hochschulrats aus der Uni selbst komme – und auch diese Mitglieder seien einstimmig für den Kandidaten Müller-Lietzkow gewesen.

„Ich bin sehr enttäuscht. Es hat sich gezeigt, dass sich Hochschulrat und Senat nicht aufeinander zu bewegen können. Wir haben kalt lächelnd drei akademische Schwergewichte verbrannt.“ Senatssprecher Prof. Thomas Naumann meinte, dass zunächst Fragen zur künftigen Zusammenarbeit der beiden Gremien beantwortet werden müssten: Wenn 18 Senatoren sich für eine Kandidatin aussprechen, vier Hochschulratsmitglieder das mit „knallharter Einstimmigkeit“ beantworten würden – da bestehe Gesprächsbedarf. Aber so sei die Wahlordnung nun einmal, die Regeln machten eine solche Wahl sehr schwer, auch weil es nicht die Möglichkeit einer Stichwahl gebe. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. „Das ist keine Katastrophe, ich wünsche der Hochschule, dass sie eine gemeinsame Linie findet“, so Naumann.