Seelbach. . Nach Sichtungen in Daaden sind die Tierhalter in der Region alarmiert. Sie fürchten finanzielle Einbußen und keine artgerechte Haltung.

Schäfer Armin Küthe, seinen Kollegen und anderen Tierhaltern steckt die Angst in den Knochen: Seit mehrfachen Wolfssichtungen bei Daaden gehen sie davon aus, dass der Räuber den Weg ins Siegerland finden wird.

Küthe hat rund 600 Schafe auf der Trupbacher Heide, seine Familie hält Tiere seit dem 16. Jahrhundert. Betroffen sind auch Oliver Schneider und Waldemar Lixfeld, Vorstandsmitglieder im Kreisverband der Schafhalter Siegerland und Umgebung. Henner Braach, langjähriger Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands Siegen-Wittgenstein, vertritt die Pferde- und Rinderhalter. Sie alle wollen ihre Tiere artgerecht halten, der Stall komme nicht in Betracht, so Oliver Schneider, der für gut 80 Mitglieder mit rund 1200 Tieren in Olpe und Siegen-Wittgenstein spricht. Viele sind Landwirte im Nebenerwerb, haben wenige Tiere. Das sei neben dem Beruf schon jetzt eine Herausforderung. Sollten erste Wolfsrisse nachgewiesen werden, würden garantiert viele aufhören.

Politik gibt sich zurückhaltend

Die Politik müsse die Sorgen und Ängste der Betroffenen ernst nehmen und sachlich prüfen, wie weit ein Nebeneinander von Mensch, Nutztier und Wolf möglich sei, verlangt Henner Braach.

Oliver Schneider verweist auf Schweden, wo der Schutz der Raubtiere deutlich eingeschränkter sei – bei denselben geltenden EU-Gesetzen.

Warum also die unterschiedliche Auslegung, wollen die Tierhalter wissen und bekommen von Politik und Verwaltungen keine Antwort.

Im November hat sich der Landesverbandsausschuss des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands mit einer Resolution an die Landesregierung gewandt und ein Umdenken beim Wolfsmanagement gefordert. Ministerin Ursula Heinen-Esser habe es entgegengenommen und sich sehr zurückhaltend gezeigt, bedauert Henner Braach, will aber die Hoffnung nicht aufgeben.

„Uns geht es nicht um Entschädigungen. Wir möchten unsere Tiere heil von der Weide bringen“, sagt Schneider. Wie aber Schafe schützen, wenn Wölfe über hohe Zäune springen und dazulernen? Mittlerweile gingen die meisten betroffenen Schäfer davon aus, dass Zäune mindestens zwei Meter hoch und fest verankert sein müssten. Das sei für ihn gar nicht möglich, sagt Küthe. Er baut jeden Abend eine Koppel auf, die er nach dem Abgrasen verlegt. Solle er die ganze Heide mit teuren Zäunen überziehen? Solle er Herdenschutzhunde anschaffen, deutlich aggressiver als normale Hütehunde?

Wirtschaftliche Probleme

Das sei mit dem Tierschutz schwierig – die Hunde bleiben auch nachts bei der Herde und bräuchten dann Hütten. Mit den Menschen und ihren Hunden, die auf der Heide unterwegs sind, seien Probleme vorprogrammiert. Küthe lässt auch das Argument einiger Wolfsschützer nicht gelten, die Herden rund um die Uhr von Menschen hüten zu lassen. Er werde keine Nächte bei der Herde verbringen und auch keine Leute dafür anstellen. Womöglich zu geringen Löhnen, um dann noch Ärger mit der Menschenrechts-Charta der UN zu bekommen, sagt er. Denn ohnehin ist es wirtschaftlich schwierig geworden für die Branche. Er müsse von seinem Beruf leben können. „Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich zu meinen Tieren komme“, betont er. Aber Spaß mache es trotzdem nicht mehr, Schäfer zu sein: „Wir leben nur noch vom Lammfleisch. Mit der Wolle ist nichts mehr zu verdienen.“ Da dürfe es nicht noch von anderer Seite zusätzlich erschwert werden.

Küthe erinnert an den Naturschutz, um den er sich mit seinen Schafen kümmert: Auch die Landschaftspflege im öffentlichen Auftrag sei in Gefahr, wenn Herden dezimiert und Wolfspopulationen nicht begrenzt würden. „Hier geht es auch um ein Kulturgut“, sagt er. Die Tierhalter wollen den Wolf nicht verdammen. Aber vielleicht könne man wolfsfreie Gebiete ausweisen, so Küthe – für Hirsche gebe es die schließlich auch.