Siegen. . Kranzniederlegung am Unteren Schloss und Kundgebung auf der Siegplatte. Parallelen zu Flüchtlingsschicksalen und Bombardements in Syrien.
Stilles Gedenken am Dicken Turm, etwas lautere Töne auf der Siegbrücke-- auch am 16. Dezember 2018 wurde in der Krönchenstadt wieder an jenen Samstag vor nunmehr 74 Jahren erinnert, an dem die historische Oberstadt in Schutt und Asche sank.
Wie immer gegen 15 Uhr an diesem Jahrestag des Bombenangriffes legt Bürgermeister Steffen Mues mit seinen Stellvertretern Jens Kamieth und Verena Böcking an der Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft einen Kranz nieder. Die Glocken der Martinikirche läuten, der Weihnachtsmarktbetrieb wird unterbrochen.
Kundgebung auf der Siegplatte
Eine Stunde später begann mit einer Kundgebung gegen den Krieg auf der Siegbrücke das weitere Programm, zu dem das „Siegener Bündnis für Demokratie“ eingeladen hatte. Angesichts der Ereignisse in Chemnitz und zunehmender Hetze von Rechts habe bei vielen das Bedürfnis bestanden, auf die Straße zu geben, sagte DGB-Regionsgeschäftsführer Ingo Degenhardt, der die Anwesenden begrüßte. Es folgten zwei sehr unterschiedliche Redebeiträge durch den Theologen Prof. Ingo Baldermann sowie Yasmine Boubaous, Vorsitzende der DGB-Jugend Siegen-Wittgenstein. Sie trat kämpferisch auf, beschwor das Aufstehen gegen den „Rechtsruck der Mitte, konfrontierte mit drastischen Bildern konfrontierte, etwa dem „blutgetränkten Mittelmeer, dessen Wellen gegen die Festung Europas schlagen“, und forderte bei den Europawahlen ein klares Bekenntnis für Demokratie und gegen Rassismus.
Bombenangriff als Teil der kollektiven Erinnerung
Der Bombenangriff auf Siegen am 16. Dezember 1944 ist bis heute fest in der Erinnerung der Stadt verankert.
Die Bombardierung am Samstagnachmittag zerstörte in wenigen Minuten nahezu die gesamte Altstadt und kostete 348 Menschen, darunter 32 ausländische Zwangsarbeiter, das Leben.
Der fast 90-jährige Baldermann hatte zuvor nachdenkliche Töne angeschlagen. „Ich freue mich, dass ich noch da bin“, sagte Prof. Ingo Baldermann, leider stürben die Zeitzeugen nach und nach aus. Er erinnerte sich und damit die Anwesenden an die Propagandareden von Göring und Goebbels, deren Drohungen in die anderen Länder in Gestalt der Luftangriffe auf Deutschland zurückgefallen seien. Jene, die Anfang 1943 im Sportpalast für den totalen Krieg geschrien hätten, habe er zwei Wochen später nach der Feuerwehr rufen hören, „als Berlin brannte“. Siegen wiederum sei im Dezember 1944 eines der ersten Ziele einer neuen Strategie geworden, den Angriffen gegen „weiche Ziele“, die nur auf die Zerstörung und Tötung von Zivilisten ziele. Bis heute werde das etwa in Syrien durch Attacken auf Schulen und Krankenhäuser gepflegt und ständig perfektioniert. Umso wichtiger sei es gerade auch für die Siegener, deutlich zu machen, „dass es nicht mehr in unserem Namen ist.“
Es sei hier gelungen, aus den Trümmern eine liebens- und lebenswerte Stadt neu aufzubauen, die auch ihm eine perfekte und geliebte Heimat geworden sei. Die Menschen sollten nie vergessen, woher sie kämen und auch, dass eine Stadt durch jeden fremden Menschen aufblühe. „Blüh im Glanze dieses Glückes, blühe, ach mein Siegerland!“, schloss Baldermann.
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