Siegen. Bei der Veranstaltung der Diakonie Südwestfalen und der Stadt Siegen ging es vor allem um Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus.

Zum Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit“ des Bundesfamilienministeriums gehört eine Demokratiekonferenz, zu der nun die Diakonie in Südwestfalen gemeinsam mit der Universitätsstadt Siegen ins Freie Evangelische Gemeindehaus auf den Fischbacherberg einlud.

Anwerben neuer Mitglieder

„Als Zentrum des Rechtsextremismus ist Siegen nicht uninteressant“, leitete Referent Stephan Klenzmann seine Ausführungen ein. Der Mitbegründer der Initiative „Siegen Nazifrei“ umriss die „Rechtsradikale Szene im Siegerland von 1990 bis heute“ und stellte dabei klar heraus: „Wehret den Anfängen – für diesen Slogan ist es bei uns schon viel zu spät.“ Als jüngstes Beispiel nannte Klenzmann den 2016 erfolgten Brandanschlag auf eine Wilnsdorfer Flüchtlingsunterkunft oder den seit rund vier Jahren aktiven „III. Weg“, ein Zusammenschluss von im Sieger- und Sauerland bekannten Rechtsextremen, die neue Mitglieder beispielsweise mit Aktivitäten in Sachen Tierschutz anwerben. Damit schlagen sie eine Brücke zum Nipstertum, einem Lebensstil der jungen Neonazi-Szene, die unter anderem durch eine vegane Ernährung definiert sei, erläuterte Klenzmann. „Einen Nationalsozialisten erkennen Sie heute nicht mehr am Aussehen. Sie sind überall zu finden, ob als versteckte Masse im Internet, in Firmen, Gewerkschaften oder ganz offen als Reichsbürger“, sagte Klenzmann.

Wie „Demokratie im Alltag“ gehen kann

Diesen Impuls gab es von Andrea Dittmann, Vorstandsvorsitzende der gleichnamigen Hoppmann-Stiftung, vor den Vorträgen über Rechtsextremismus. Mit dem Erfahrungsfeld „Schön und Gut“ unterstützt ihre Organisation unter anderem den Sport- und Freizeitpark am Fischbacherberg, „um benachteiligten Kindern und Jugendlichen etwas zu geben, das wertvoll ist“.

Dr. des. Johannes Kiess von der Uni Siegen stellte heraus, welche rechtsextremen Dynamiken in der Gesellschaft zu finden seien. Er ist Mitarbeiter der Leipziger Autoritarismus-Studie. Anhand von repräsentativ geführten Interviews in ganz Deutschland werden die rechtsextremen Tendenzen der Bevölkerung erfasst. 2018 nahmen rund 2400 Freiwillige an der Studie teil. „Es scheint, als würde in der Gesellschaft zwischen guten und schlechten Ausländern unterschieden. Die Abneigung gegen bestimmte Gruppen, wie etwa Sinti , Roma oder auch Muslime, nimmt weiter zu“, sagt Kiess. Auch eine bundesweite Zunahme der Aggression gegen Asylsuchende sei erkennbar. Diese Ablehnung werde verstärkt, da sich die Bürger oftmals nicht ernst genommen fühlen, „etwa bei Grabenkämpfen, wie zwischen Merkel und Seehofer“, so Kiess. Diese These wurde später diskutiert: „Die Politik muss handeln. Sonst driften links und rechts extremer auseinander – und die Mitte stirbt aus“, so ein Zuhörer.