Siegen. . Prozess um eine Auseinandersetzung um angeblich gepanschte Drogen in Siegen: Es gibt einen Freispruch und ein Vorwurf wird eingestellt.

Seit gut vier Wochen beschäftigt sich die 1. Große Siegener Strafkammer mit zwei Vorfällen vom August 2015: Räuberische Erpressung ist angeklagt, drei junge Männer und eine Frau sind betroffen. Seit gestern ist die Sache erst einmal vom Tisch: Es gibt einen Freispruch und eine angekündigte Einstellung. Zwei Männer müssen irgendwann noch einmal antreten. Wann, ist nicht abzusehen.

Der Tatvorwurf

Der 29-jährige Hauptangeklagte hat gleich am ersten Prozesstag zugegeben, einem Bekannten im Oranienpark eine nicht geladene Schreckschusspistole an den Kopf gesetzt zu haben. Grund sei aber nicht gewesen, Geld zu erpressen. Vielmehr habe er das Opfer zur Rede stellen wollen, weil der nach seinen Informationen für den Verkauf schlechten Amphetamins verantwortlich war. Der mutmaßliche Haupttäter hatte nach der Einnahme schwere Gesundheitsprobleme bekommen. Es kam zu einer Schlägerei im Park und im Laufe der Nacht zu einer zweiten Auseinandersetzung, als der Mann mit seinen drei Mitangeklagten in der Wohnung eines anderen Bekannten wieder auf das mutmaßliche Opfer traf. Dort soll der Mann von allen gemeinsam unter Druck gesetzt worden sein.

Die Verhandlung

Hauptproblem: Diverse Zeugen sind nicht vor Gericht zu bekommen.

Der Geschädigte war schließlich vergangenen Donnerstag doch noch im Gericht und hat unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt, weil diesmal ein Mitangeklagter den Zug aus Dortmund verpasst hatte und erst mit stundenlanger Verspätung in Siegen eintraf. An diesem Montag ist er pünktlich. „Ich bin gestern schon angereist und habe im Hotel übernachtet“, sagt der junge Mann (27) und bekommt ein Lob der Vorsitzenden zu hören.

Mitangeklagter nach Aussage freigesprochen

Gegen den vermeintlichen Bedroher (27) liegen keine weiteren Beweise vor. Nach kurzen Plädoyers in Richtung Freispruch wird das verkündet.

„Sie haben den Bekanntenkreis gewechselt, wir hoffen, Sie hier nicht mehr zu sehen“, sagt Elfriede Dreisbach. Der Mann nickt zustimmend.

Dafür fehlt diesmal die mitangeklagte Frau, die Opfer des Warnstreiks bei der Bahn geworden ist. Für die Kammer steht aber fest, dass ihr Tatbeitrag ohnehin so gering ist, dass die Vorwürfe der Beihilfe mit Blick auf insgesamt zehn danach erfolgte Verurteilungen eingestellt werden können. Das Verfahren wird abgetrennt, „damit wir hier nicht wieder Stunden sitzen müssen“, so Richterin Elfriede Dreisbach.

Die Verteidiger und der Staatsanwalt wollen zwei weitere Zeugen hören, die aktuell jedoch nicht aufzufinden sind. Die Anklage geht nach wie vor davon aus, dass der Hauptangeklagte Geld von seinem Opfer erpressen wollte. Einer der Zeugen soll bestätigen, dem Angeklagten die Sache mit dem „schlechten Amphetamin“ berichtet und damit das tatsächliche Motiv für die Tat geliefert zu haben. „Wir kommen nicht an den ran. Wir können uns aber auch nicht von Woche zu Woche hangeln und hoffen, dass die Polizei ihn liefert“, sagt Richterin Dreisbach. Ein Haftbefehl sei ausgeschlossen: „Dass die uns so lahmlegen können, einfach furchtbar!“ Der zweite fehlende Zeuge hatte das Opfer begleitet, ist ebenfalls für alle Prozessbeteiligten unverzichtbar, um die Sachverhalte aufzuklären.

Immerhin macht die Vernehmung des Opfers einen Freispruch des dritten Angeklagten möglich. Der sollte sich nach Aktenlage in bedrohlicher Weise neben den Geschädigten gesetzt und diesem nahegelegt haben, alles zu sagen und zu tun, was der Hauptangeklagte von ihm wolle. Vor Gericht hat der Zeuge dies aber nicht mehr bestätigen können, wollte sich auch nicht von dem Mann bedroht gefühlt haben.

Dafür identifizierte der Geschädigte einen anderen Mitangeklagten offenbar glaubwürdig als jene Person, die den bewussten Satz gesagt habe. Weshalb der Staatsanwalt bei diesem auf jeden Fall weiterverhandeln will.