Dreis-Tiefenbach. . Francesco Formiglio aus Netphen leidet an Lungenkrebs mit Metastasen in den Knochen. Er wird daran sterben. Pläne für die Zukunft hat er dennoch.
Es ist Mai 2018, als Francesco Formiglio (62) merkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Irgendwas ist anders. Er schiebt seine Beschwerden auf eine zurückliegende Operation. Was soll schon sein, schließlich hat der Bluttest bei der Vorsorgeuntersuchung im Februar nichts Auffälliges gezeigt. Er und seine Frau Anna (60) sind bei der Familie in Italien, als die Schmerzen im Rücken stärker werden. Im Krankenhaus ist man sich sicher: Der Ischias ist entzündet. Wieder ein Bandscheibenvorfall. Das Ehepaar aus Dreis-Tiefenbach beschließt, per Notfall-Transport nach Deutschland zurückzufliegen. Der Schmerz ist kaum noch zu ertragen.
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Dann geht es Schlag auf Schlag. Nachts die Einweisung ins Kreisklinikum. Ungewöhnliche Blutwerte. Ab ins MRT. Einmal. Zweimal. Der 62-Jährige bekommt bei der Untersuchung eine Maske auf, wird fixiert. Er hat Angst. „Aber ich habe an nichts Schlimmes gedacht“, sagt Francesco Formiglio. „Ich dachte, das muss eben sein.“ Er geht weiter von einem Bandscheibenvorfall aus. Die Ärzte beraten sich. Es ist der 18. Mai, 16 Uhr. Die Diagnose steht. Lungenkrebs mit Metastasen in den Knochen. Unheilbar.
Plötzlich darf der Familienvater nur noch liegen. Seine Knochen sind so dünn, dass sie jederzeit brechen könnten. Francesco Formiglio wird ins St. Marien-Krankenhaus zu Onkologie-Chefarzt Dr. Ralph Naumann verlegt. „Die ganze Welt gerät auf einmal aus der Bahn. Wir hatten Pläne, haben Kinder und Enkelkinder. Das Leben im Ruhestand habe ich mir ganz anders vorgestellt“, erzählt Francesco Formiglio. Doch er sagt dem Krebs den Kampf an. Der 62-Jährige will leben. Reisen nach Asien, Kanada, Las Vegas – gemeinsam mit seiner Frau Anna hat er noch viel vor. Er will die Enkel aufwachsen sehen, mit ihnen Fußball spielen und toben.
Keine typischen Symptome vorher
„Das war ein großer Schock. Er hat nie etwas gehabt, keine Luftnot, keinen Husten“, sagt Anna Formiglio. Die Diagnose hat alles geändert. Die Lage ist ernst. Weder darf der sonst so aktive Mann aufstehen noch allein auf Toilette gehen. Die Umstellung fällt ihm unheimlich schwer. Plötzlich ein Pflegefall. Keine Privatsphäre mehr. Der 62-Jährige bekommt noch in der Nacht eine Infusion zum Aufbau der Knochen. „Da ging es mir sehr schlecht.“
Die Bestrahlung beginnt. Ärzte nehmen eine Probe seines Tumors und Francesco Formiglio hat Glück im Unglück. Seine Krebsart kann mit einer Immuntherapie bearbeitet werden. Das bedeutet: weniger Nebenwirkungen als bei einer Chemotherapie. Doch der 62-Jährige reagiert allergisch, muss pausieren. Francesco Formiglio bekommt starke Schmerzmittel. Dann steht eine Operation im Raum. Experten entscheiden sich kurz vorher doch dagegen – zu gefährlich. Stattdessen bekommt der 62-Jährige andere Tabletten. Er ist schwach. „Ich durfte gar nichts mehr. Mir war nicht bewusst, wie schlimm es ist damals“, gibt er zu. „Heute weiß ich es.“ Wochenlang muss er im Krankenhaus bleiben.
Große Unterstützung und viel Liebe
Familie, Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn, alle stehen ihm zur Seite. Sie reisen sogar aus Italien und Frankreich an. Francesco Formiglio erfährt im dunkelsten Kapitel seines Lebens große Wertschätzung. Das baut ihn und seine Frau auf. Auch Ärzte, Schwestern und Seelsorger sind für das Ehepaar da. Sie kümmern sich intensiv um den Mann. „Ich habe immer gesagt: Ich gehe hier auf meinen eigenen Beinen raus“, sagt Francesco Formiglio. „Ich habe Menschen gesehen, die noch kränker waren als ich. Zwei sind gestorben.“
Francesco ist sich sicher: „Die Einstellung der Menschen ist wichtiger als die Medikamente.“ Der Unternehmer läuft viel auf der Station, seine Angestellten halten das Geschäft am Laufen. Anna Formiglio organisiert Pflegebett, Rollstuhl, Treppenlift – das Haus wird auf die Bedürfnisse ihres Mannes angepasst. Doch zu Hause ist Francesco Formiglio nur kurz – bevor seine Schmerzen zu stark werden und er wieder ins Krankenhaus muss. Metastase im Nacken. Wieder Bestrahlung. Infusionen. Appetitlosigkeit. Desinteresse. Er nimmt 20 Kilo ab. Wochen vergehen, bis er wieder nach Hause darf. Sein Hausarzt Dr. Winkemann macht sich Sorgen und verschreibt Francesco Formiglio schließlich Tabletten, die den Appetit anregen.
Und es wirkt. „Sein Lebensmut kam wieder“, sagt Anna Formiglio erleichtert. Endlich isst er auch ihre selbst gemachten Gnocchi wieder. Anna Formiglio hat selbst vor Jahren gegen eine Vorstufe von Blutkrebs gekämpft – und gewonnen. „Ich hatte keine Zeit zu sterben.“ So sieht es auch ihr Mann.
Pläne sind nur verschoben
Es geht bergauf. Francesco Formiglio läuft wieder vorsichtig. Er kämpft sich zurück und ist voller Lebenswillen. Ein CT bestätigt: Der Lungentumor ist geschrumpft. Oberärztin Dr. Jutta Schneider überbringt die Nachricht voller Freude. Ein wundervoller Moment.
Und die Pläne? „Die sind nicht auf Eis gelegt, sondern nur verschoben“, sagt Anna Formiglio und ihr Mann ergänzt lächelnd: „Das Ende der Geschichte ist: Ich sitze noch hier!“
Anmerkung der Redaktion: Francesco Formiglio hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Er ist am 18. August 2019 gestorben. Die Redaktion wünscht der Familie viel Kraft für diese schwere Zeit. Unser herzliches Beileid.
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