Siegen. . Der Bereich rund um Siegens neue Ufer ist kein Kriminalitäts-Hotspot. Die Polizei Siegen untermauert diese Einschätzung mit Zahlen.
In aller Deutlichkeit widersprach Michael Schneider, Leiter des Führungs- und Lagedienstes bei der Kreispolizeibehörde, gestern im Ausschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung der Darstellung von Siegens Innenstadt als Kriminalitätsschwerpunkt. Der Beamte ergänzte den Bericht der Verwaltung über den Umsetzungsstand des städtischen Sicherheitskonzepts um die Einschätzung der Polizei – untermauert mit Zahlen. Obwohl diese keinen ernsthaften Grund zu gesteigerten Besorgnis gäben, „kriegen wir die Kuh ,Siegen ist nicht sicher’ schlecht vom Eis“, sagte Schneider vor dem Hintergrund der vor allem in den Sozialen Medien immer wieder kursierenden Schilderung des Bereichs um die neuen Ufer als besonders gefährliches Terrain.
Die Polizei
„Weit vor der Lage“
„Wir sind weit vor der Lage und zusammen mit der Stadt auf einem guten Weg“, schätzt Polizist Michael Schneider die Situation ein.
Gänzlich verhindern ließen sich Straftaten aber nun einmal nicht: „Sie werden eine Stadt dieser Größe nicht kriminalitätsfrei kriegen.“
„Wir nehmen das ernst“, sagte Schneider über die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. „Aber wir sehen da keinen Schwerpunkt.“ Er stützte seine Ausführungen vor allem auf Einsatzzahlen und Anzeigeneingänge die – im Gegensatz zur allgemeinen Kriminalitätsstatistik – für die Stadt eine detaillierte Aufschlüsselung auf einzelne Quartiere und sogar Straßen zulassen. Für das Gebiet zwischen Oranienpark, Bertramsplatz und den Park am Fuße des Wellersbergs besagt die Statistik demnach: - Gewaltkriminalität: steigend. Im Jahr 2017 habe es dabei rund 400 Anzeigen in diesem Bereich gegeben, 2018 wird es laut Schätzung ähnlich sein. Während die Zahlen bei gefährlicher Körperverletzung rückläufig seien, gingen sie bei so genannter einfacher Körperverletzung hoch. Vor allem aufgrund der Aufwertung sei in der Innenstadt aber auch mehr los, „mehr Menschen bedeuten auch mehr Konflikte“, wie Schneider betonte. Das ließe sich allenfalls durch ein Alkoholverbot oder eine Sperrstunde verhindern. Außerdem habe sich „das Anzeige- und Anrufverhalten“ in der Bevölkerung verändert. „Es wird eher angezeigt als früher.“ Im engeren Umfeld der neuen Ufer sei die Polizei im Jahr 2015 zu 65 Einsätzen gerufen worden, 2016 zu etwa 100 und 2017 zu 121. 2018 wird es auf etwa 160 Einsätze hinauslaufen. In diesen Zahlen ist aber auch jeder falsche Alarm enthalten; nicht immer steht also eine Gewalttat dahinter. „Aber die Einsätze – also wenn wir irgendwo hinfahren – sind das, was die Leute sehen.“
- Raub: Seit 2015 um die 20 Fälle pro Jahr. Tendenz 2018: gleichbleibend bis fallend. Für eine Großstadt eher niedriges Niveau.
- Sittendelikte: Fünf bis sechs Fälle pro Jahr. Tendenz 2018: gleichbleibend bis fallend. „Was nicht heißt, dass das nicht schrecklich für jedes einzelne Opfer ist“, so Schneider. - Sachbeschädigung: 193 Fälle im Jahr 2017. Tendenz 2018: gleichbleibend bis fallend.
- Eigentumskriminalität: „Deutlich fallend“, von 500 Fällen in 2015 auf 391 in 2017. Vor allem Taschendiebstahl gehe zurück. Nachdem das Problem in der Innenstadt einige Jahre recht virulent war, sank die Zahl 2017 auf 124, 2018 werde sie wohl zweistellig bleiben. Hier wirke Präsenz, wie sie auch im Sicherheitskonzept verankert sei. Schneider: „Der Taschendieb lässt die Finger bei sich, wenn er Ordnungsamt oder Polizei sieht.“
- Rauschgift: Die Statistik weist steigende Zahlen aus, dabei ist aber eine Besonderheit zu beachten, weil es sich um ein sogenanntes Kontrolldelikt handelt. Je mehr die Polizei aus eigenem Antrieb kontrolliert, umso häufiger wird sie fündig. „Da gab es den vorsichtigen Beginn einer offenen Drogenszene“, sagte Schneider. „Das haben wir massiv bekämpft – das gibt’s nicht mehr.“ Allerdings habe dies um die 300 Einsätze mit sich gebracht.
Die Politik
Harold Solms (SPD) bat darum, die dargelegten „Tatsachen in die Öffentlichkeit zu tragen. Da appelliere ich auch an die Kollegen aus der Politik.“
Christiane Luke (Grüne) lobte das Sicherheitskonzept und warb für eine realistische Perspektive: „Die Stadt zieht viele Menschen an“, zudem sei der Sommer besonder schön gewesen. Und: „Ich fühle mich in der Stadt sicher.“
Frank Weber (CDU), Ausschussvorsitzender, bat darum, „die Stadt nicht schlechter zu reden, als sie ist“. Und er verwies pointiert auf einen speziellen Aspekt, der gerade in den Sozialen Medien oft mitschwingt: „Früher gab es auf dem Sportplatz jedes zweite Wochenende eine Massenschlägerei. Aber da waren keine Syrer beteiligt.“