Kreuztal. Ausbildung zur Bestattungsfachkraft: Zwei Azubis aus Kreuztal erzählen, was sie an dem Beruf fasziniert – und was sie manchmal belastet.

„An meinem ersten Praktikumstag wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Ich war 30 Minuten hier und musste dann ins Krankenhaus fahren und drei Verstorbene abholen“, sagt der 21-jährige Magnus Gilhoff, der momentan in Kreuztal eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft macht. Heute kann er über die Situation gemeinsam mit seinem Ausbilder Otto Henrik Giesler lachen. Doch damals saß der erste Schock tief: „Ich war nervös und wusste nicht, wie das sein würde“, sagt Gilhoff. „Wir kamen in die Leichenhalle und ich habe die Verstorbenen zum ersten Mal gesehen. Erst hatte ich Berührungsängste.“ Doch die waren schnell verflogen. Magnus Gilhoff beschließt: Diesen Job will ich machen und unterschreibt kurze Zeit später den Vertrag beim Bestattungshaus Giesler.

Mittlerweile ist Gilhoff im dritten Lehrjahr und hat einiges erlebt. Gemeinsam mit seiner Kollegin Saskia Solfrank (22) aus dem ersten Lehrjahr erzählt er, was an dem Beruf fasziniert und was ihnen manchmal zu schaffen macht.

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Was ist das Besondere an dem Job?

„Die Angehörigen übergeben die Verstorbenen an uns. Das ist eine hohe Verantwortung“, sagt Gilhoff. „Es bereitet mir Freude, Menschen in Not durch eine schöne Trauerfeier helfen zu können.“ Ähnlich sieht das auch Saskia Solfrank, die für die Ausbildung von Dresden nach Kreuztal gezogen ist. „Man kann sich kreativ austoben, ist nicht immer im Büro und hat mit Menschen zu tun“, sagt sie. Der Job sei sehr abwechslungsreich. Es sei toll, für „einen schönen Abschluss zu sorgen“. „Auch nach Schicksalsschlägen“, ergänzt ihr Kollege. Nach Unfällen oder Selbstmorden sei es beiden wichtig, für ein schönes letztes Bild des Verstorbenen zu sorgen, das in Erinnerung bleibt.

Wie ist die Ausbildung aufgebaut?

Es gibt drei Lehrjahre, in denen die Azubis sowohl im Betrieb sind als auch in die Schule gehen. Immer wieder gibt es zudem sogenannte Unterweisungen durch die sie praktisch und durch Ausprobieren lernen – beispielsweise wie ein Grab ausgehoben wird oder wie die hygienische Versorgung eines Verstorbenen funktioniert. Auch Rollenspiele helfen beim Training.

Wo liegen die Schwerpunkte in den verschiedenen Lehrjahren?

Solfrank: „Im ersten Jahr hat man viel mit Verstorbenen und Überführungen zu tun.“ Es gehe darum, Routine im Umgang mit den Toten zu sammeln und die Materialien kennenzulernen. „Im zweiten Lehrjahr ist man eher im Büro, muss Fälle erfassen und kümmert sich um die Abwicklung.“ Man müsse erfahren, was im Hintergrund passiere. „Dabei geht es auch um Versicherungen, Sterbegelder, Trauerdrucke und Danksagungen“, sagt Magnus Gilhoff. Im dritten Lehrjahr gehe es um den direkten Kundenkontakt und darum, Trauergespräche zu führen, um am Ende der Ausbildung einen Fall von Anfang bis Ende begleiten zu können.

„Bisher war ich nur bei Gesprächen dabei“, sagt Gilhoff. „Irgendwann wechselt man die Position und später macht man es allein.“ Das sei nicht immer einfach: „Man muss sein ganzes Wissen dabei haben.“ Von Auslandsüberführungen über Friedhofsregeln bis hin zu Versicherungen und wichtigen Dokumenten – die Auszubildenden müssen sich ein breites Wissen aneignen.

Die hygienische Versorgung wird an Leichen geübt. Welche Gefühle löst das aus?

Solfrank findet, dass es schlimmer ist, bei der Versorgung zuzusehen als sie selbst durchzuführen. „Das wirkt makaber, ist aber so“, sagt sie. Wenn sie selbst Hand anlege, könne sie den Druck steuern. „So schlimm ist das gar nicht“, sagt Gilhoff. Der Tod sei ganz normal – seine Einstellung dazu habe sich durch den Job geändert. „Man merkt, dass das Leben schnell vorbei sein kann, ist entspannter“, sagt der 21-Jährige, der selbst früh seinen Vater verloren hat.

Ist die Arbeit mit Toten und Trauernden belastend? Was macht Ihnen zu schaffen?

„Früher hatte ich viel Respekt vor Trauerfeiern“, erklärt Saskia Solfrank, die Friedhöfe beruhigend findet. Die Trauer sei belastend gewesen. Mittlerweile würde sie Feiern mit genügend professionellem Abstand betrachten. „Jetzt mache ich es einfach schön.“ Dennoch: „Es kommt auf den Tag an“, gibt Saskia Solfrank zu. „Ich gehe mit dem Hund oder texte nach gruseligen Fällen meine Mama oder Oma zu.“ Mit „gruseligen Fällen“ meint die Auszubildende Fälle, bei denen Menschen den Freitod gewählt haben.

Ausbilder Otto Henrik Giesler legt seinen Schützlingen nahe, sich einen Ausgleich zu suchen und bietet ihnen stets ein offenes Ohr. „Man darf nicht zu kalt werden. Ich erzähle es meiner Frau oder meinen Mitarbeitern , wenn ich nicht damit zurecht komme. So verarbeite ich Erlebtes“, sagt der erfahrene Bestatter. Jeder müsse einen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Trotz der langen Berufserfahrung muss auch Giesler manchmal weinen. „Wenn ein Redner gut ist und die Musik passt, dann rollt bei einer Trauerfeier auch mal ein Tränchen.“ Genauso sei es auch in Ordnung, wenn auf einer Trauerfeier gelacht werde.

Macht es einen Unterschied für Sie, ob es sich beim Toten um einen Erwachsenen oder ein Kind handelt?

„Als ich das erste Kind abgeholt habe, hatte ich auf der Hinfahrt Bauchschmerzen“, sagt Magnus Gilhoff. „Eine Föten-Trauerfeier ist anders. Der Druck ist anders, weil Eltern ihre Kinder begraben.“ Generell mache es aber keinen Unterschied ob jung oder alt. Das sieht Saskia Solfrank anders: „Bei Erwachsenen ist es okay, aber bei Kindern ist es anders. Kinder fasst man anders an.“

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?

„Ich lebe im Hier und Jetzt und von Tag zu Tag“, sagt der 21-jährige Magnus Gilhoff. Er möchte seine Gesellenprüfung bestehen und eine Meisterprüfung machen. Saskia Solfrank: „Ich will die Ausbildung genießen und in dem Beruf aufgehen.“

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