Siegen/Burbach.. Staatsanwaltschaft und Landgericht Siegen arbeiten mehr als 30.000 Seiten Ermittlungsakten durch für den bisher größten Prozess in der Region.
Mit 32 Angeklagten und ihren Verteidigern in der Siegerlandhalle ist die Verhandlung des „Burbach-Skandals“ (wir berichteten) der wohl größte und aufwendigste Prozess der Nachkriegszeit für die Siegener Justizbehörden. Von der Zahl der Prozessbeteiligten her sei dieser Fall vielleicht am ehesten mit dem Loveparade-Prozess vergleichbar, so eine Gerichtssprecherin.
Die Staatsanwaltschaft
„Die Vernehmungslast trägt die Polizei“, sagt Patrick Baron von Grotthuss, Pressesprecher der Siegener Staatsanwaltschaft. Mehr als 30.000 Seiten Ermittlungsakten haben die Beamten des Hagener Polizeipräsidiums zusammengetragen. Das muss alles durchgearbeitet, nach Personen und Tatgeschehen sortiert werden. „Wir haben bei jedem einzelnen der 38 Angeschuldigten geprüft, ob und in wie weit der Tatvorwurf angeklagt werden kann“, erläutert von Grotthuss. Sechs Angeklagte haben die ihnen zur Last gelegten Vorwürfe bereits gestanden, ihre Verfahren wurden vom Großprozess abgetrennt und werden separat verhandelt.
Damit war die Staatsanwaltschaft rund zweieinhalb Jahre beschäftigt: Ende September 2014 gingen die Akten ein, Anklage wurde im März 2017 erhoben, als die Anklageschrift beim Landgericht Siegen eintraf. Das gesamte Material, sagt Pressesprecher von Grotthuss, wurde in der Behörde weitgehend von einem Kollegen durchgearbeitet. Dazu wurde der betreffende Staatsanwalt, dem in der Verhandlung selbst ein weiterer Kollege zur Seite stehen wird, von seinen weiteren Tätigkeiten entlastet und freigestellt, um sich auf das Verfahren konzentrieren zu können.
Das Landgericht
Als die Anklage bei der ersten großen Strafkammer des Landgerichts Siegen einging, begann das sogenannte Zwischenverfahren: Den Angeschuldigten musste die Anklageschrift zugestellt werden, sie konnten sich einen Anwalt nehmen, sich zur Sache äußern und Akteneinsicht nehmen. Parallel dazu prüfte auch das Gericht nochmals die Ermittlungsakten, ob die Angeschuldigten hinreichend tatverdächtig sind, ob die Anklage zulässig ist und ob das Hauptverfahren eröffnet werden kann. Die Akte wuchs weiter: Zustellungsbescheide wurden eingefügt, Schriftsätze der zahlreichen Verteidiger. Die Vorsitzende Richterin muss den gesamten Inhalt der Akte kennen – deswegen dauerte es auch, bis das Landgericht die Vorbereitungen abgeschlossen hatte.
Denn dazu kommen die Abstimmungen, die mit allen Verfahrensbeteiligten getroffen werden müssen. Vor allem die Terminfrage galt es zu klären. Die Kammer, die Verteidiger und die Staatsanwaltschaft stimmten sich über mögliche Termine ab, Vorschläge werden hin- und hergeschickt, bis alles passte.
Riesige Anklagebank
Dann stellte sich die Frage nach dem Raum: Im größten Saal des Siegener Justizgebäudes finden vielleicht sechs Angeklagte mitsamt ihren Rechtsbeiständen Platz – hier sind es fünf mal so viel. Laut einer Gerichtssprecherin sei die riesige Anklagebank mit der Hauptgrund dafür, dass der Prozess ausgelagert wurde.
Das Interesse der Öffentlichkeit muss berücksichtigt werden: Es wird viel Presse und Publikum erwartet. Die Justiz hat den Hüttensaal der Siegerlandhalle jeweils für die 24 Verhandlungstage angemietet, die Hallenverwaltung muss für zusätzliche Tische und Stühle sorgen und die Saaltechnik herrichten – und nachher wieder abbauen, bis die Justiz den Saal wieder braucht. Etwa 100 Personen finden nun zusätzlich zu den Verfahrensbeteiligten dort Platz. Für die Kammer wird ein Besprechungsraum benötigt, in den sich die Richter bei Bedarf zurückziehen können.
Für die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen stellt die Justiz die aus dem Gerichtsgebäude bekannten Detektorrahmen auf: Wer den Raum betreten will, wird durchsucht und durchleuchtet. Die Zahl der Justizwachtmeister im Saal wird ebenfalls aufgrund der schieren Menge der Angeklagten erhöht – und, weil der Saal mehrere Zugänge hat.