Siegen. . Gericht verhängt Gefängnisstrafen gegen Mitglieder der „Amphetamin-Öl-Bande“. Zwei unter Auflagen auf freiem Fuß, zwei müssen in Drogentherapie.

Vor gut gefülltem Zuschauerraum verkündet die Vorsitzende der 1. Großen Strafkammer, Richterin Elfriede Dreisbach, das Urteil gegen die fünf Mitglieder des „Unternehmens Amphetamin-Öl“.

Sie hatten unter anderem im Januar und Februar 2018 in den Niederlanden größere Mengen des Rauschgiftes gekauft, um sie im Raum Siegen respektive Gummersbach an ihre Kunden zu verkaufen. Bei der zweiten Fahrt im Februar wurde das Quintett festgenommen, die Drogen beschlagnahmt.

Arbeitsstelle in Aussicht

Große Überraschungen gibt es an diesem Donnerstag nicht: Haftstrafen in der Spanne von sechs Jahren für den „Drahtzieher“ M. aus Siegen, bis zu zwei Jahren und fünf Monaten für einen der eher harmlosen „Transporteure“, allerdings auch das Zugeständnis der Kammer, zwei der Verurteilten gegen Auflagen auf freien Fuß zu setzen. Darunter auch den Mann aus Gummersbach, der bei der ersten „Importfahrt“ sieben Liter des flüssigen Amphetamingrundstoffs bestellt und verkauft hatte, und für den beim zweiten Mal im Februar zehn Liter des beschlagnahmten Öls bestimmt gewesen wären. Obwohl er in absehbarer Zeit vier Jahre und sechs Monate in Haft muss, hat er eine Wohnung in Aussicht und auch eine Stelle in einem Immobilienunternehmen, das von seinen Organisationsfähigkeiten überzeugt ist, wie der Verteidiger vorliest.

Die Nachricht von seiner bedingten Freilassung sorgt für ausgelassene Freude auf den „Rängen“ und später auf dem Flur. Allerdings werden bei ihm 18.410 Euro eingezogen.

Höchste Strafe für Haupttäter

Drogen-Großhandel in Wohnung und Garage

Neben den beiden Fahrten zum Einkauf des Amphetamin-Öls ging es bei einigen Angeklagten auch noch um weitere Vorwürfe bezüglich des Besitzes und Handelns von Drogen der verschiedensten Art. Vor allem beim Siegener K. wurden in Wohnung und Garage Vorräte von nahezu allen möglichen Rauschgiften gefunden, von Cannabis bis Ecstasy.

Der Siegener Haupttäter, den die Vorsitzende noch einmal als Auftraggeber und „Bindeglied für alle“ hervorhebt, erhält die höchste Strafe. Bei ihm wird mit 48.165 auch die größte Summe zur Einziehung festgesetzt. Immerhin 11.380 sind es noch beim zweiten Siegener K., der als einziger bereits Hafterfahrung mitbringt und über dem noch diverse Bewährungen schweben, die jetzt allesamt widerrufen werden könnten. Bei ihm verkündet die Vorsitzende für die hier angeklagten Taten fünf Jahre und zwei Monate, von denen er zwei Jahre in einer Entziehungseinrichtung verbringen muss. Strafschärfend fällt bei K. vor allem der aufgefundene „Deringer“, eine Taschenpistole, ins Gewicht, das macht eine Verurteilung wegen bewaffneten Handels unausweichlich. Allerdings in einem minderschweren Fall, weil er doch sehr untypisch sei, begründet Elfriede Dreisbach. Interessant sind hier auch noch die sichergestellten Ecstasy-Tabletten, bei denen das LKA-Labor Lebensgefahr beim Genuss von mehr als zwei Pillen diagnostiziert hat.

Bleiben noch die beiden Männer, die lediglich als Fahrer agierten und mit vergleichsweise geringen Anteilen abgefunden wurden. Zum Teil ging es da sogar nur um den Erlass von Schulden. Der Siegener G. etwa hatte ab und an Fahrdienste mit dem Pkw des M. erledigt, hatte dabei einmal auf Blitzeis die Kontrolle über den Wagen verloren und war mit dem Fahrzeug in die Leitplanke gekracht. Er konnte die Reparatur nicht bezahlen und wurde so zum idealen „Mitarbeiter“ des Organisators. G. muss für zwei Jahre und fünf Monate hinter Gitter, kann aber auch zunächst eine eigene Wohnung beziehen.

Wegen der Schönheit nach Siegen

Der zweite Fahrer schließlich hat lange Zeit im Hamburger Hafen gearbeitet, irgendwann seinen Job als Schweißer verloren und beschlossen, doch einmal sein Glück in Siegen zu versuchen, weil es doch so schön hier sei, wie er an einem früheren Verhandlungstag betonte. Gearbeitet hat er im Siegerland seit seinem Umzug allerdings nie, immer von Hartz IV gelebt, schließlich geriet auch er aufgrund seiner eigenen Suchtprobleme in die Fänge des „Drahtziehers“. Er bekommt zwei Jahre und zehn Monate, geht zunächst ein Jahr in die Drogenklinik. „Wir wissen, dass er eigentlich lieber eine freiwillige Kur machen möchte, aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen“, stellt Dreisbach fest und hofft zugleich, dass der Verurteilte die Chance auf ein besseres Leben nutzt, wie auch sein Mittäter.

Trotz der getroffenen Vereinbarung haben die Verurteilten die Möglichkeit zur Revision. Erklärungen gibt es keine.

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