Siegen. . Arbeiten von vier Künstlern zeigt der Kunstverein Siegen in der Ausstellung „Thema Kreuz“. Manches ist gewagt – aber nichts respektlos.

Irgendwie landet es fast immer bei der Religion. Irgendwie geht es aber auch immer darüber hinaus. „Thema Kreuz“ heißt die Ausstellung, in der der Kunstverein Siegen in der städtischen Galerie Haus Seel Arbeiten von drei Künstlern und einer Künstlerin zeigt. Sie alle befassen sich mit einer universellen Grundform, die aufgrund ihrer Rolle im Christentum aber auch hochgradig ideologisch, emotional und spirituell aufgeladen ist.

Alfred Grimm

Lang gehegte Kontakte

Die Idee zu der thematischen Ausstellung fußt auf der Bekanntschaft des Kunstvereins mit Alfred Grimm, wie Geschäftsführer Franz-Josef Weber sagt. Vor mehr als 20 Jahren haben die Siegener Kruzifix-Objekte von Grimm in der Galerie S ausgestellt. Danach hielt Grimm den Kunstverein über die Weiterentwicklung auf dem Laufenden.

Vor etwa zwei Jahren, erläutert Weber, fiel dann die Entscheidung für die Themenausstellung – mit dem Wunsch, mehrere künstlerische Positionen einzubinden.

In der Reihe „Abends in der Galerie“ gibt es am Donnerstag, 11. Oktober, ab 19 Uhr einen Vortrag mit Diskussion. Thema: „Das Kreuz mit dem Kreuz: Religiöses Symbol – Kunstwerk – Designobjekt“.

Die Ausstellung „Thema Kreuz“ ist im Haus Seel, Kornmarkt 20, bis Sonntag, 4. November zu sehen.

Es komme immer wieder zu „heftigen Reaktionen“ auf seine Objekte, schreibt Alfred Grimm im Ausstellungskatalog. „Einige Besucher reagieren angewidert und sehen ihre religiösen Gefühle verletzt“, obwohl er „die Provokation nicht beabsichtige“. Ohne Zweifel geht es zur Sache: Zerhackte Christusfiguren, Christus in der Brotmaschine, Christus, wie er auf einem Berg aus Münzen steht; Kruzifixe im Mülleimer oder vergraben in der hintersten Ecke einer Abstellkammer. Oberflächlich betrachtet mag das eine oder andere wie Provokation als Selbstzweck wirken, vielleicht sogar blasphemisch. Dafür aber fehlt Grimms unbestreitbar expliziten Bildsprache das Respektlose, das Geringschätzige. Seine Arbeiten verunglimpfen nicht, sie fragen: Nach dem aktuellen Umgang mit Religion und Spiritualität – und nach dem Umgang mit dem westlichen Gesellschaften zugrundeliegenden christlichen Weltbild und den menschlichen Werten, für die es steht.

Christoph Mause

„Kreuz“ von Christoph Mause.
„Kreuz“ von Christoph Mause. © Florian Adam

Eine Serie von Kreuzen aus unbearbeiteten dickeren Ästen, verteilt an den Wänden im Untergeschoss von Haus Seel, zeigt unterschiedliche Stadien des Vorgangs, wie eine Christusfigur vom Kreuz herabsteigt. Christoph Mause hat ein viertes dazugehängt. Von Christus ist nichts zu sehen, aber ein einzelner kleiner Ast mit einem grünen Blättchen treibt aus; ein Zeichen der Hoffnung, ein positiver Wink Richtung Zukunft. Für sein Objekt „Miserere“ bringt er eine kleine Christusfigur an einer langen Metallstange an, die bei leichter Berührung bereits zu schwanken beginnt. Mause nähert sich dem Thema ironisch, spielerisch, aber ebenfalls mit Symbolkraft und Respekt.

Julia Arztmann

Zusammengesetzt aus den Gerippen alter Lampenschirme hat Julia Arztmann ein großes, filigran gegliedertes Kreuz konstruiert, das dicht unter der Decke hängt und vom Boden aus angeleuchtet wird. Durch den Schatten verdoppelt sie die Form, durch die Überlagerung feiner Linien des realen Objekts und des Schattenwurfs potenziert sie sie. Die Erscheinung „ändert sich, wenn sich der Lichteinfall ändert“, sagt sie selbst. „Vielleicht verhält es sich mit dem Glauben und der Gesellschaft ähnlich“.

Axel Vater

Bilderkästen von Axel Vater.
Bilderkästen von Axel Vater. © Florian Adam

Bei Vater, 1949 in Görlitz geboren, 2014 in Krefeld gestorben, ist das Material nicht nur Mittel zur Visualisierung, sondern selbst Teil des Inhalts. Der Künstler verwendete einfache, sogar ärmliche Materialien wie vergilbtes oder fleckiges Papier, alten Karton, Stöckchen, Schnüre, auch Knochen, Blut und Mullbinden für seine Kreuzdarstellungen. Seine Arrangements in Bildkästen und seine Zeichnungen bekommen damit etwas sehr Bodenständiges, Erdverbundenes, Archaisches, das aber nicht im Widerspruch zu den spirituellen Bezügen steht, sondern diese in seiner Unmittelbarkeit betont. Auch dabei gibt es Gewagtes zu entdecken: etwa ein „Androgynes Kreuz“, an dem ein bandagierter Torso hängt, der männliche und weibliche Geschlechtsmerkmale trägt.

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