Deuz. Bernhard Ott aus Deuz entdeckt die bretonische Küste für sich. Mit leichtem Gepäck über den Zöllnerpfad

Für Bernhard Ott ist das fast ein Spaziergang: Für jemanden, der auch schon 2800 Kilometer nach Gibraltar gelaufen ist, sind 700 Kilometer zu Fuß in drei Wochen an der Küste der Bretagne entlang nicht viel. Andererseits: Er ist doch gerade erst in Portugal 1000 Kilometer weit dem Frühling entgegengewandert ... Vier Monate Pause, sagt Ott, „da bilden sich die Muskeln schon langsam wieder zurück“. Der Deuzer ist von seiner 14. großen Fernwanderung zurück; bald wird er insgesamt 24 000 Kilometer zurückgelegt haben. So sieht das aus, wenn sich jemand im Ruhestand seinen Wunsch erfüllt, den Kontrast zum Zwölf-Stunden-Arbeitstag am Schreibtisch zu verwirklichen.

Mit leichtem Gepäck

Wie immer Richtung Süden, Anreise mit der Bahn bis Brest. Wie immer mit leichtem Gepäck: Die Hotels sind vorgebucht, der Wanderplan damit vorgegeben — ein Zelt schleppt Ott nicht mit sich herum. Und Ballast wirft er unterwegs ab: Selbst die Landkarten mit den abgewanderten Teilstrecken kommen vor ihm mit der Post zu Hause an. Wobei er diesmal auch ganz gut ohne zurechtgekommen wäre. Der Zöllnerpfad – für Wanderer: die Grande Randonnée 34 – führt immer am Wasser entlang. Solange das Meer linker Hand rauscht, stimmt die Richtung.

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Luftlinie viel kürzer

Bernhard Ott läuft los. 20 bis 45 Kilometer am Tag bei 20 bis 25 Grad, „ausgezeichnetes Wanderwetter“. Der Wind weht schwach, nur an einem Tag nieselt es. „Luftlinie waren das eigentlich nur 200 Kilometer“, wird der Wanderer hinterher feststellen. Die tiefen Einschnitte der Küste: „Einmal habe ich das Quartier, das ich morgens verlassen habe, abends wiedergesehen.“ Zwei Kilometer weiter, nach einer Tagesetappe. Und ein anderes Mal einen Leuchtturm. „Denselben, wo ich zwei Tage vorher war.“ Das Meer mit seinen vielen Farben hat es Bernhard Ott angetan. Und die auch im September noch späten Sonnenuntergänge. „Wunderschön.“

Jede Menge Steine

„Man könnte von einem Weg der Steine sprechen.“ Wie vom Künstler gehauene Felsformationen über dem Wasser, die ohne viel Phantasie hier als Pferd, da als Schildkröte zu deuten wären. Dolmen. Menhire. Selbst die Häuser — aus Stein, „kein Fachwerk“.

Von Portsall nach Mont Saint Michel

Mit der Bahn ist Bernhard Ott nach Brest gereist. Die Wanderung beginnt in Portsall und führt an der Küste entlang über die GR 34 bis Mont Saint Michel. Stationen unterwegs sind Morlaix, Paimpol und Saint Malo. Von Dole-de-Bretagne fährt Ott nach Rennes, von dort über Paris nach Hause. Mehr Fotos: www.wp.de/bernhardott

Mancher Stein ist kein Relikt aus der Jungsteinzeit. Wenn darauf ein Datum mit der Jahreszahl „1944“ notiert ist, dann hat das was mit Deutschland zu tun: der Befreiung des Orts . Oder dem Tag, an dem Deutsche Bewohner des Orts erschossen haben.

Blumenkohl im Februar

„Die haben schon im Februar Blumenkohl. An manchen Stellen gab es Palmen. Und Ginster und Heide haben geblüht“, erzählt Bernhard Ott: „Es hat halt keinen Frost.“ Da klingt der Württemberger aus Heidenheim an der Brenz durch, der zu Hause schon mit seinem Vater und dem dortigen Albverein gewandert ist. Ein einsames Unterwegssein? Nicht wirklich, meint Ott. Im Schnitt zehn anderen Fernwanderern sei er pro Tag begegnet. Gelegentlich spricht ein Einheimischer den Mann an, der mit weißem Bart und roter Kleidung auffällt. „Die meisten haben mich zuerst für einen Engländer gehalten.“

Marathon in Marathon?

„Vielleicht geht ich noch mal nach England“, überlegt Ott, der in diesem Jahr 75 wird und sich auf alle Fälle über den Winter fit halten wird: „Ich bin schon intensiv am Joggen.“ Und Ziele, die er noch gar nicht erreicht hat? „Pläne habe ich schon“, antwortet er, „aber die sind nicht zu verwirklichen.“ Athen ist so eine Adresse. Da ist nicht die Entfernung das Problem, „bis Istanbul waren es ja auch nur 3000 Kilometer.“ Dann das Wetter: Die Alpen kann er erst im ganz späten Frühjahr überqueren, „dann kommt man im Süden schon in die Hitze rein.“ Und dann die Wege: „Hinter Triest gibt es keine Wanderwege mehr.“ Um die 1500 Kilometer immer an der Landstraße entlang sind kein besonderes Vergnügen. Andererseits: „Man könnte auch über Serbien und Mazedonien gehen.“ Ganz fremd ist Ott die Gegend nicht: „Ich wollte mal nach Jerusalem.“ Die erste Etappe bis Belgrad, die zweite, zwei Jahre später von dort bis Istanbul. Dann war Schluss. Über die syrische Grenze? „Das habe ich abgehakt.“

Aber Griechenland. „Die Marathonstrecke würde ich schon gern noch gehen.“ Von Marathon nach Athen. Gehen, nicht laufen. Ein bisschen Bedenkzeit hat Bernhard Ott ja noch. Im November, Dezember wird er beginnen, Karten zu besorgen, Wege zu recherchieren, Unterkünfte zu buchen. Auch in diesem Jahr.

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