Siegen. . Diakonie Südwestfalen fürchtet um Autonomie und Entscheidungsfreiheit. Neben Lehre und Forschung geht es auch um Gesundheitsversorgung.
Die Diakonie in Südwestfalen wird nicht Mitglied der geplanten Stiftung für das Modell „Medizin neu denken“, in dessen Rahmen Ärzte in Siegen ausgebildet werden. Die Universität Siegen und die drei anderen Kliniken hingegen – Marien-Krankenhaus, DRK-Kinderklinik und Kreisklinikum – wollen das tun. Der Kreistag hat letzterem am Freitag, 28. September, gestattet, sich an der Stiftung zu beteiligen: Mit einem Grundstockvermögen von einmalig 50 000 Euro sowie weiteren 25 000 Euro jährlich.
Wozu die Stiftung?
Die vier Krankenhäuser haben im Februar einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, laut dem sie gemeinsam, gewissermaßen als „Uni-Klinik Siegen mit vier Standorten“ die praktische Ausbildung angehender Ärzte in Siegen gewährleisten, indem sie die personellen und strukturellen Voraussetzungen für ein solches Lehrkrankenhaus schaffen. Entsprechend wird mehr Koordinierungsaufwand erwartet, weil daneben ja auch weiterhin die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet sein muss. Die Stiftung soll diese regionale Vernetzung und Zusammenarbeit unterstützen, Forschung und Lehre für das Modellprojekt sowie das öffentliche Gesundheitswesen fördern.
Warum macht die Diakonie nicht mit?
Der Verwaltungsrat der Diakonie Südwestfalen hat zwei wesentliche Bedenken: Einmal wegen des Wettbewerbsrechts; vor allem aber fürchtet die Diakonie, Autonomie und Entscheidungsfreiheit aufgeben zu müssen, wenn sie der Stiftung beitritt. Wäre einziger Stiftungszweck die Förderung von Forschung und Lehre, sei dieser Grund hinfällig, so die Diakonie in einem Schreiben an die Kreistagsmitglieder – auch wenn es ihrer Ansicht nach keiner Stiftung bedürfe, um die Siegener Medizinerausbildung erfolgreich zu etablieren. Weil aber auch der „außeruniversitäre“ Komplex „Krankenversorgung“ Stiftungszweck ist, die zwischen den Häusern koordiniert werden solle, sehe man die Gefahr, dass die Stiftung Einfluss auf bestimmte Leistungen in bestimmten Häusern nehmen könne. „Die optimale Versorgung von Menschen am Krankenbett“ sei in allen Siegener Kliniken auf hohem Niveau gelebter Alltag, heißt es weiter. Es könne zudem nicht Aufgabe einer Stiftung sein, in die Krankenhausplanung einzugreifen – das sei Landessache. Nichtsdestotrotz sei der Kooperationsvertrag zwischen Siegener Kliniken und Uni davon unberührt, man werde mit allen zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln für den Erfolg des Projekts zusammenarbeiten.
Wenig Gegenwind
Einzig Dr. Wolfgang Sonneborn (fraktionslos) sprach sich im Kreistag gegen den Beitritt des Kreisklinikums zur Stiftung, gegen die Stiftung als solche und gegen die geplante Umsetzung des Projekts „Medizin neu denken“ als Ganzes aus. Er warf der Kreisverwaltung „Spaltungspolitik“ vor – was Landrat Andreas Müller brüsk zurückwies. Es sei sehr verständlich, dass sich das Diakonie-Klinikum Jung-Stilling nicht fremdbestimmen lassen wolle – zumal das Krankenhaus mit seinen medizinischen Fachgebieten ein unverzichtbarer Partner für die Universität Bonn als akademischem Anker des Projekts sei.
Was sagen Verwaltung und Politik?
Der Kreis Siegen-Wittgenstein sieht keine kartellrechtlichen Bedenken, will hier aber noch Expertise einholen, bekräftigte Landrat Andreas Müller vor dem Kreistag. Nach Schriftwechsel mit CDU und Grünen verabschiedete der Kreistag gestern eine überarbeitete Fassung: Der Stiftung werden ausdrücklich keine Kompetenzen der öffentlichen Hand übertragen, die zuständige Kartellbehörde wird eingebunden.