Netphen. . Von den Partnern in Kigali lernen: Ruanda AG bringt gelbe Eimer in die Klassenzimmer und verpflichtet den Bürgermeister als Schirmherrn

Sie haben Ausstellungen, Radiosendungen und Performances gestaltet, „auf Augenhöhe“, wie es im Untertitel von „Mach dir ein Bild“ hieß. Sie haben eine Kampagne gegen Plastikmüll gestartet – wobei sie von ihren Freunden in Kigali/Ruanda erfahren, dass die das Plastik längst von den Müllkippen verbannt haben. Es geht immer weiter: Im neuen Schuljahr kehrt die Ruanda AG des Gymnasiums Netphen buchstäblich vor der eigenen Tür.

„Wir haben eine kleine, aber geniale Idee“, findet Bio-Lehrerin Ursula Wussow: Das Gymnasium Netphen will selbst Plastikmüll vermeiden. Sonst, so sagt Hannah, „wäre es ja auch nicht fair, andere anzumotzen“. Erste Adresse ist die hauseigene Caféteria, wo Saft in Plastikflaschen gern verkauft wird. Zumindest ein Pfandsystem sollte eingeführt werden. Schulleiter Eckhard Göbel weist auf den Wasserspender hin, der seit vier Jahren im Gebäude steht: Wie es mit Sirup als Beigabe wäre? Im Rathaus gibt es das auch, sagt Bürgermeister Paul Wagener: Die Kollegen bringen sich Flaschen zum Auffüllen selbst mit – auch in der Edelstahlvariante für den Fahrradhalter.

Das Stadtoberhaupt sitzt nicht umsonst in der Vorstellungsrunde: „Ich heiße Paul und bin 56.“ Die Ruanda AG will ihn als Schirmherrn gewinnen. „Das machen wir“, sagt Wagener zu, der gerade als Willkommensgeschenk die gedruckte Dokumentation des letzten Netphen-Kigali-Projekts in Empfang genommen hat. Die AG will alle Klassenräume mit gelben Mülleimern für Plastikabfall ausstatten. Damit die Reinigungskräfte keine zusätzliche Arbeit damit haben, wollen die Schüler die Entsorgung selbst organisieren. „Ich suche nur noch nach gelben Eimern“, richtet Ursula Wussow einen langen Blick auf den frisch verpflichteten Schirmherrn. „Wie teuer ist das denn?“, fragt Wagener.

Auch Umweltengel sündigen mal

Gemeinsam mit der Partnerschule der Root Foundation sind die Sechstklässler am Ende des letzten Schuljahrs mit einem Sonderpreis der Kindernothilfe ausgezeichnet worden; über Skype halten Netphen und Kigali Kontakt. So erfahren die Straßenkinder auch von den Bemühungen, ein Theaterstück zum Thema Plastikmüll auf die Bühne zu bringen. Nachdem der Siegener Schauspieler Sebastian Kolb sein Engagement bei den Karl-May-Festspielen in Elspe abgeschlossen hat, hat er Zeit für einen weiteren Workshop. Bei ihrem Publikum wollen die Netphener, ebenso wie bei Lernnachmittagen für Erwachsene, Geld einsammeln: Sie müssen ihre Kasse für Kigali wieder auffüllen, die sie für die Berlin-Reise zur Preisverleihung beim Bundespräsidenten geplündert haben. „Damit ermöglichen wir es ein paar Kindern in Ruanda mehr, zur Schule zu gehen.“

Im Einkaufsmarkt Plastiktüten „verhindern“

Selbst gebastelte Einkaufstüten aus Papier haben die Sechstklässler zwei Stunden lang an Kunden in einem Bio-Markt verteilt: „Wir haben 60 Plastiktüten verhindert.“ Demnächst geht es zu Rewe in Netphen.

Am 27. März gibt es eine Theateraufführung.

„Ich bin platt“, sagt der Bürgermeister, „und stolz auf das, was ihr geleistet habt.“ Umweltengel sind sie trotzdem nicht. Schulleiter Göbel petzt: Auf Wangerooge hat die 6 dem Kratzeis im Plastikbecher nicht widerstanden. Immerhin: Die Gefäße landeten nicht im Müll. Sie sind nun Adventskerzenständer.

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