Siegen.. Im Drogenprozess vor dem Landgericht Siegen verweigern die Zeugen die Aussage – sie gehören vermutlich auch zur Bande von „Drogenimporteuren“.


Die fünf Angeklagten haben vor zwei Wochen bereits im Wesentlichen bestätigt, was ihnen die Anklage vorwirft. Es geht um Drogengeschäfte in größerem Stil, unter anderem die Einfuhr von Amphetamin-Öl im Januar und Februar 2018. Am zweiten Verhandlungstag, Donnerstag, 28. September, sind diverse Zeugen geladen, werden gehört – und verlassen den Gerichtssaal nach wenigen Minuten wieder. Sie berufen sich auf Verlöbnisse mit den Angeklagten oder stecken selbst noch in Verfahren aus dem weiteren Umfeld der Ermittlungen. Da greift jedesmal der Hinweis der Vorsitzenden Richterin, die Personen müssten sich nicht selbst belasten.

Und das Umfeld ist offensichtlich nicht unbedingt klein. Der Ermittlungsleiter der Kriminalpolizei geht von etwa acht Personen aus, die stärker involviert gewesen seien. Anfang 2017 seien die Ermittler auf die Spur des Hauptangeklagten M. gestoßen, als ein anderer Verdächtiger ausführliche Angaben machte.

Geplanter Anschlag auf den Bundespräsidenten

Ein weiterer Hinweis folgte nach der Durchsuchung einer Wohnung in Freudenberg. Dort hatte es einen Hinweis auf ein geplantes Attentat auf den Bundespräsidenten durch einen bekannten Rechtsextremen gegeben, der dafür angeblich ein Schnellfeuergewehr bestellt haben sollte. In dessen Kühlschrank fanden sich zwei Kilo Amphetamin, die der Mann „aus Freundschaft zu M.“ ein paar Wochen aufbewahren sollte. In der Folge fokussierte die Polizei ihre Arbeit auf M. und dessen Umgebung. Telefonüberwachungen wurden angeordnet, die letzte „Import“-Tour nach Holland auch vor Ort von Kollegen observiert.

Es sei darum gegangen, Drogen und speziell Amphetamin verstärkt in den Siegener Raum einzuführen und hier zu verkaufen, erklärt der Beamte. Im Januar seien elf Liter Amphetamin-Öl von einem holländischen Kontaktmann übernommen worden, im Februar „15 bis 16 Liter“. Die wurden in drei Fahrzeugen Richtung Siegen und Engelskirchen gebracht, bei dieser Fahrt griffen die Polizeikräfte zu. Aus den Ermittlungen gehe hervor, dass M. „die Fäden in der Hand und die Kontakte“ gehabt habe, während zwei der Mitangeklagten für ihn die Bereiche Siegen und Gummersbach kontrolliert hätten.

„Mitarbeiter“ ausgenutzt

M. habe sich in den abgehörten Telefonaten oft abfällig über einige „Mitarbeiter“ geäußert, einmal auch festgestellt, dass er die Drogen ordentlich strecken müsse, weil die Kunden in Südwestfalen derart guten Stoff gar nicht gewöhnt seien. Mehrfach habe der 26-jährige Angeklagte auch finanzielle und andere Notlagen von Bekannten ausgenutzt, um sie zu Kurierfahrten zu „überreden“, erklärt der Zeuge auf Nachfrage von Staatsanwältin Tabea Schneider.

Richterin Elfriede Dreisbach interessiert sich besonders für das Amphetamin-Öl, mit dem sie und ihre Kollegen bislang noch nicht konfrontiert waren. Für ihn sei das auch neu gewesen, bestätigt der Einsatzleiter. Das Öl sei in handelsüblichen PET-Flaschen unterschiedlicher Größe abgefüllt gewesen, „zum Teil sogar wieder eingeschweißt“, mithin weitgehend unauffällig. Um festzustellen, dass es sich nicht um Mineralwasser gehandelt habe, sei schon ein sehr genauer Blick nötig gewesen.

Nach den Erkenntnissen der Überwachungen hätten die Angeklagten zwischen zwei und dreitausend Euro pro Liter bezahlt, je nach Qualität. Ein Liter ergebe nach Zusatz von Methanol und Salzsäure, „die Anleitung wurde mitgeliefert“, durchschnittlich 3,3 Kilo Amphetamin. Das wiederum werde auf den Siegener Straßen aktuell „für 8 bis 10 Euro“ verkauft.

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