Hilchenbach. . Wegen einer Gesetzesänderung verzichten übliche Abnehmer auf sonst gern genutzten Dünger. Kompost wird nun quer durch Deutschland transportiert.

Der Kompostberg ist abgeräumt: 1500 Tonnen lagerten auf dem Hof der Kläranlage Ferndorftal, die sonst fast wie von allein von Landschaftsbauern und privaten Gartenbesitzern zur Bodenverbesserung abgeholt worden waren — bis nach einer Änderung der Bundes-Klärschlammverordnung jeder, der mit dem Kompost düngt, eine Bodenanalyse vornehmen lassen muss. Die 1000 Euro lohnen sich für den Hausgartenbesitzer nicht, die Stadtwerke können natürlich auch nicht in die Bresche springen.

Der Stand der Dinge

In Ost- und Süddeutschland haben die Stadtwerke Abnehmer gefunden, die den Hilchenbacher Gütesiegel-Kompost verbauen. „Da müssen lange Wege zurückgelegt werden“, sagt Stadtwerke-Chef Werner Otto. Der Kompost wird nicht verschenkt, auch nicht verkauft — die Stadtwerke müssen zahlen.

Ob sich das auf die Höhe der Abwassergebühren auswirkt? „Im Moment noch nicht.“ Noch gibt es eine Rücklage für den Ausgleich der Mehrkosten. Deutschland- und EU-weit haben die Stadtwerke ihren Kompost ausgeschrieben, ohne Erfolg. „Niemand bindet sich im Moment große Mengen ans Bein.“

Auf kleinen Dienstwegen brachte Otto den Kompost aus Klärschlamm dann doch noch an den Mann: „Wir haben gute Abnehmer gefunden.“ Und weil der Sommer heiß und trocken war, ist viel Feuchtigkeit aus dem Kompost verdampft – das tat der Rechnung gut. Im Frühjahr, schätzt Werner Otto, wird der Hof wieder voll sein. „Das Hauptziel ist, den Kompost nicht in die Verbrennung zu geben.“

Das Hilchenbacher Verfahren

Hilchenbach hat alles anders gemacht: Als die beiden Nachbarkommunen Kreuztal und Hilchenbach noch im „Abwasserzweckverband Oberes Ferndorftal“ zusammenarbeiteten und in den 1970er Jahren die Kläranlage in Kredenbach bauten, sollte dort kein Klärschlamm als Abfallprodukt entstehen. Stattdessen wurden Bioreaktoren gebaut, in denen der Schlamm zu Kompost reifte.

Fast jeder dritte Euro für die Kläranlage

Das neue Abwasserbeseitigungskonzept sieht Investitionen bis 2030 von 31,2 Millionen Euro vor, davon 17,4 Millionen bis 2024. Allein 9,6 Millionen Euro werden für die Kläranlage gebraucht. Im nächsten Jahr stehen die Erschließung der Rothenberger Gärten und der Kanalneubau in der Siedlung Lützel an.

Hilchenbach blieb das Problem erspart, das alle anderen Kommunen erwischte: Als biologisch abbaubarer Müll nicht mehr auf Abfalldeponien abgelagert werden durfte, hatten die Klärwerksbetreiber ein Entsorgungsproblem. Ihnen geht es seitdem darum, die zu verbrennenden Mengen möglichst gering zu halten. Vor wenigen Wochen hat der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen (ESi) sein neues Verfahren vorgestellt: In der Rinsenau wird Klärschlamm zu Granulat getrocknet, das zur Weiterverarbeitung verkauft werden soll.

Die Alternative

Wenn die Stadt Hilchenbach das Siegener Angebot nutzen wollte, müsste sie ihren letzten noch betriebenen Bioreaktor stilllegen. Das sei „zurzeit noch nicht angedacht“, sagt Hilchenbachs Stadtwerke-Chef Werner Otto. Überlegt wird allerdings, wie Mengen reduziert werden können: „In Zukunft zählt jede Tonne, die wir durch die Gegend fahren.“

Um zum Beispiel Schlamm mit geringerem Wassergehalt zu erzeugen, müssten zusätzliche Flockungsmittel beigegeben werden, der Stromverbrauch der Anlage würde aber auch höher. Um über die biologische Abwasserreinigung das Schlammaufkommen zu verringern, würden Zeit und Platz gebraucht – also die Investition in ein weiteres Klärbecken.

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