Hilchenbach. . Auf eine Reise in die Vergangenheit nimmt Förster Bernward Kamps zahlreiche Familien mit. Feuermachen, Kräutersuche und Ambiente faszinieren.

Ein Feuer ohne Streichholz, Feuerzeug oder andere moderne Hilfsmittel entfachen – das ist die große Schwierigkeit beim Kochen wie im Mittelalter. Bis zu Aimys begeistertem Ausruf: „Mama, wir haben Feuer!“, ist es ein langer Weg. Der zertifizierte Waldpädagoge Bernward Kamps zeigt den Teilnehmern der Familienaktion „Kochen an der Ginsburg wie im Mittelalter“, wie sie ein Feuer entzünden und welche Waldkräuter sie für ihr köstliches Mahl verwenden können. Die Veranstaltung des Regionalforstamts Siegen-Wittgenstein wird in diesem Jahr erstmalig in Kooperation mit dem Verein zur Erhaltung der Ginsburg durchgeführt.

Die Vorbereitungen

„Wie haben die Menschen früher Feuer gemacht?“, fragt Bernward Kamps in die Runde. Erst in den 1820ern seien die Streichhölzer erfunden worden. Er reibt sich die Hände und bittet die Teilnehmer, es ihm gleich zu tun. Langsam werden sie warm. Hitze durch Reibung – so halfen sich auch damals die Menschen weiter. Der Waldpädagoge holt einen Holzstab heraus, dreht ihn schnell auf einer Holzfläche mit einer kleinen Einbuchtung für den Holzstab. „Wenn ich das mache, kommen nach 30 Minuten Funken“, sagt der Förster. So hätten die Menschen vor 3000 Jahren Feuer gemacht.

Drei Fragen an Bernward Kamps

1 Warum machen Sie die Aktion?

Wir wollen die Kinder an die Natur, den Wald und die einfache Lebensweise heranführen. Sie sollen die Selbstverständlichkeit der modernen Welt ein bisschen infrage stellen. Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht. Es muss nicht alles so sein wie heute.

2 Was zeichnet das mittelalterliche Kochen aus?

Die Einfachheit. Man hat nicht einfach einen Knopf, durch den das Feuer angeht. Außerdem gibt es keine vorgefertigten Gerätschaften wie zum Beispiel ein Feuerzeug. Ich muss mir das Kochen erarbeiten und überlegen: Wie mache ich das Feuer jetzt an, damit ich mein Essen warm bekomme? Beim mittelalterlichen Kochen wird einem bewusst, dass man mit ganz einfachen Mitteln das gleiche Ziel erreichen kann. Die Verbindung von Kochen, Wald, Ambiente und Feuer – das hat so einen ganz eigenen Zauber in sich, den man vor allem den Kindern sehr gut vermitteln kann.

3 Wie war bisher die Resonanz?

Die Resonanz war bisher sehr gut. Wir hatten keine Veranstaltung, die wir wegen fehlendem Anklang absagen mussten. Die Menschen, die kommen, sind begeistert und offen dafür. Es gelingt eigentlich allen, das Feuer anzubekommen. Das ist ohne Streichholz für viele ein Riesen-Aha-Erlebnis. Es ist toll zu beobachten, wenn die Teilnehmer mit Engelsgeduld daran arbeiten, ihr Feuer anzubekommen – auch wenn es manchmal eine halbe Stunde oder länger dauert. Außerdem sammeln wir ja auch noch Kräuter: Das zeigt, dass man sich die Sachen nicht nur im Geschäft besorgen kann, sondern auch im Wald. Wenn man das mit dem Feuer und einer Umgebung, die einfach schön ist, verbindet, ist es einfach klasse.

Als schließlich gehärtetes Eisen erfunden wurde, wurde das Feuermachen leichter. Bernward Kamps hält einen Feuerstein und ein Feuereisen hoch. „Man muss sich erst eine Kante suchen, dann kann man aber ziemlich schnell Funken schlagen“, erklärt er und macht es vor. Feuerstein und Feuereisen knallen aufeinander, es sprühen Funken. „Das ist cool, wie der das macht“, sagt Leonie. Seit 500 v. Chr. bis rund 250 oder 200 Jahre vor der heutigen Zeit verwendeten die Menschen diese Methode.

Damit aus den Funken dann Feuer wurde, benötigten sie Brennstoffe wie zum Beispiel Zunder oder dünne Birkenrinde. Auch Pflanzenfasern und Rohrkolben tragen zu einem guten Feuer bei. Bernward Kamps vom Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein erklärt Schritt für Schritt, wie ein Feuer entzündet wird. Schließlich sollen die Teilnehmer das nachher auch schaffen.

Die Zutaten

Dann geht es auf Kräutersuche. „Die Brennnessel ist sehr gesund“, sagt der Waldpädagoge und hält eine in die Höhe. Das gleiche macht er mit dem Löwenzahn, dem Giersch und dem Breitwegerich. „Man kann im Moment nicht so viel finden, weil der Sommer so trocken war“, erklärt er. Wald-Sauerklee, Eier, Speck, Möhren, Knoblauch – das sind nur ein paar der Dinge, die Bernward Kamps für das Kochen mitgebracht hat. Kartoffeln hatten die Menschen im Mittelalter früher nicht, sondern „Wurzelknollen“. Der Einfachheit halber greift der Waldpädagoge diesmal zu Kartoffeln. Was soll aus den Zutaten kreiert werden? „Ihrer Fantasie ist freier Lauf gesetzt“, sagt Bernward Kamps.

Das Kochen

Dann geht es los. Familie Eichenauer schart sich um die Feuerstelle. Vater Philipp und seine beiden Söhne Rouven und Levi bereiten alles für das Feuer vor, dann fängt Philipp an mit dem Funkenschlagen. „Die Jungs haben alle das gleiche Faible für das Feuermachen“, sagt Mutter Olga. Jens Greif versucht mit seiner Familie an der anderen Feuerstelle sein Glück und bekommt als erstes das Feuer an. Der Ehrgeiz ist geweckt: Philipp Eichenauer gibt sein Bestes, und nach kurzer Zeit hat auch er es geschafft. „Ich war schon ein bisschen am Verzweifeln, aber auf einmal war es am Glühen“, sagt er.

Die Aktion auf der Ginsburg sei mal eine ganz andere Betätigung für ein Wochenende. „Und man darf Feuer machen, das finde ich sehr gut!“, sagt er. Seine Frau Olga Eichenauer schneidet die Zutaten zurecht. Levi und Rouven suchen die passenden Kräuter. Die Auswahl an Essen ist so groß, dass Olga sich doch lieber mit ihrem Mann über das Menü beratschlagt. Nach kurzer Zeit eilt Philipp Eichenauer dann wieder zum Feuer. „Das ist Mittelalter-Stress: Das Feuer am Laufen zu halten!“, ruft er.

Das Ergebnis

Am Ende gibt es Bratkartoffeln und Speck, die andere Gruppe hat eine Gemüsepfanne zubereitet. Kaum ist eine der Eisenpfannen aber wieder leer, wird das nächste Gericht gekocht. „Der Pfannkuchen mit Äpfeln ist neu“, sagt Bernward Kamps, der die Aktion schon seit fünf Jahren leitet. Jedes Mal gäbe es neue Gerichte. Als die Betreiber der Ginsburgstube spontan noch die Zutaten für Stockbrot bereitstellen, ist das Menü für die Teilnehmer perfekt. Sie versammeln sich am Tisch und essen schließlich – nicht ganz mittelaltergerecht – mit Messern und Gabeln.

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